
Trotz vor sich her getragener Harmonie und scheinbar gutem Willen zur Zusammenarbeit – dass Union und SPD in der Sache noch einiges trennt, kann trotz Merz‘ Bemühungen, die Unterschiede zu überwinden, niemand abstreiten. Kaum steht die Koalition, ist auch schon der erste Koalitionsstreit da.
Im Interview mit der Bild am Sonntag stellt Friedrich Merz nämlich gerade noch zentrale Vorhaben der neuen Regierung infrage – dort bezeichnete er zwei zentrale und im Koalitionsvertrag vereinbarte SPD-Wahlversprechen, Steuersenkungen und den Mindestlohn, als „nicht fix“.
Insbesondere letzteres passt den Genossen gar nicht – und die Antwort aus der SPD folgt sofort. „Nicht fix“ sei auch Merz’ Wahl zum Kanzler, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Lars Castellucci gegenüber ThePioneer. „Herr Merz ist noch nicht gewählt. Vielleicht sollte er das berücksichtigen, wenn er Interviews gibt.“ Der Koalitionsvertrag enthalte ein Bekenntnis zu 15 Euro Mindestlohn ab 2026, betont Castellucci.
Tatsächlich ist das im Koalitionsvertrag so vereinbart – auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann bestätigte das im Grunde im Bericht aus Berlin. Im Koalitionsvertrag stehe, „dass nicht Politiker (…) die Mindestlöhne festsetzen“, betont er zwar. Aber: Mit der Mindestlohnkommission und den Kriterien, nach denen sie berechne und arbeite, seien „15 Euro erreichbar“.
Merz‘ „nicht fix“-Ansage irritiert die SPD daher – man wittert Streit um des Streites willen, vielleicht zur Profilschärfung nach den vor den Wählern peinlichen Zugeständnissen. Der führende linke SPD-Politiker Sebastian Roloff warnt: „Auch die Union sollte aus den kommunikativen Fehlern der Ampel gelernt haben und jetzt nicht gleich so anfangen.“