
Die scheidende Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP senkt ihre Konjunkturprognose für dieses Jahr auf 0,0 Prozent. Im Januar war man noch von optimistischen 0,3 Prozent ausgegangen. Zum Vergleich: Die Wirtschaft Argentiniens, des Landes, das von seinem Präsidenten laut Friedrich Merz mit Füßen getreten wird, soll nach einer Schätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) 2025 um 5,5 Prozent wachsen.
Für Deutschland hingegen senkte der IWF seine Prognose am Dienstag abermals nach unten. Als einziges G7-Land wird Deutschland laut IWF-Prognose in diesem Jahr wirtschaftlich stagnieren. Im Januar hatte der Weltwährungsfonds noch mit einem Wachstum von 0,3 Prozent gerechnet.
0,0 Prozent scheint aber für eine Partei wie die SPD, die sich als progressiv, also fortschrittlich sieht, noch nicht genug zu sein. Stillstand, also ein Verharren auf dem Status quo ist für die SPD offensichtlich zu wenig. Deshalb überlegte man in der Partei, wie man die Wirtschaft weiter schwächen könnte. Nach all den Belastungen, die man der Wirtschaft in den letzten 30 Jahren bereits aufgebürdet hat, keine leichte Aufgabe.
Doch die SPD gilt nicht umsonst als Partei der Wirtschaftskompetenz. Der Mindestlohn, ein Dauerbrenner, mit dem die SPD von Wahlsieg zu Wahlsieg marschierte, zieht immer. Also Mindestlohnerhöhung auf 15 Euro. Richtig überzeugend sind solche Forderungen aber nur, das weiß auch die SPD, wenn sie wissenschaftlich untermauert werden. Also beauftragte man das unabhängige, nach eigenen Angaben zu zwei Dritteln staatlich finanzierte Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung – DIW, diese These so richtig wissenschaftlich zu präsentieren.
Das tat der Wissenschaftler vom unabhängigen DIW auch ganz spontan. Die Nachrichtenagentur dts zitiert Marcel Fratzscher unter der Überschrift „DIW erwartet höhere Produktivität durch Mindestlohn von 15 Euro“: Gegenüber der „Rheinischen Post“ ließ dieser verlauten, dass sich „ein Mindestlohn von 15 Euro (…) gesamtwirtschaftlich positiv für die deutsche Wirtschaft auswirken“ dürfte. „Viele Menschen im Niedriglohnbereich haben in den vergangenen Jahren unter der hohen Inflation gelitten. Eine Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro würde den Kaufkraftverlust durch die hohe Inflation kompensieren. Ein höherer Konsum und ein stärkeres Wirtschaftswachstum wären ein weiteres positives Resultat einer deutlichen Erhöhung des Mindestlohns“, so Fratscher weiter.
„Deutschland hat heute einen erheblichen Arbeitskräftemangel“, sagte der Chef des DIW. „Die Erfahrung mit dem Mindestlohn in der Vergangenheit zeigt, dass eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns zu einer Verschiebung der Beschäftigung hin zu solchen Unternehmen und Branchen führt, die einen höheren Mindestlohn zahlen können. Dies bedeutet für einzelne Unternehmen, die einen höheren Mindestlohn nicht zahlen können, wirtschaftliche Nachteile, für die gesamte Wirtschaft erhöht die Verschiebung jedoch die Effizienz und die Produktivität.“
Die Mindestlohnkommission sei im Übrigen „nicht unabhängig, sondern sie wird von den Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bestimmt“, so der DIW-Chef. Der Ökonom Daniel Stelter beschrieb Marcel Fratzscher in einem Artikel im Cicero unter der Überschrift: „Der einarmige Ökonom“. „Als Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung“, so Stelter, „liefert Marcel Fratzscher stets das, was Rot-Grüne hören wollen. Dass er damit oft falschliegt, stört sie nicht.“ Auch der Arbeitgeberverband Gesamtmetall beurteilt die Forderung anders als Fratzscher und die SPD. Der Verband warnt die SPD davor, mit immer höheren Mindestlohn-Forderungen mittelfristig einen Einheitslohn für die Arbeitnehmer in Deutschland durchdrücken zu wollen.
„Die SPD will offensichtlich alle Arbeitnehmer gleich bezahlen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Oliver Zander, der „Bild„. „Trotz gegenteiliger Schwüre instrumentalisiert sie den gesetzlichen Mindestlohn inzwischen in jedem Wahlkampf.“
Der gesetzliche Mindestlohn sei seit Einführung 2015 um mehr als 50 Prozent von 8,50 Euro auf 12,82 Euro gestiegen. Die Tariflöhne hätten in der gleichen Zeit aber nur um 29 Prozent zugelegt. „Eine politisch erzwungene Anhebung auf 15 Euro würde einen Anstieg in nur zehn Jahren von über 76 Prozent bedeuten. Damit können die Tariflöhne nicht Schritt halten“, sagte Zander.
Er warnte zugleich vor einem weiteren spürbaren Anstieg der Inflation. „Ein Mindestlohn von 15 Euro ist aktuell durch nichts zu rechtfertigen. Er würde in der längsten Wirtschaftskrise seit Gründung der Bundesrepublik schwere wirtschaftliche Schäden anrichten. Die Preise beim Friseur, beim Bäcker und in der Kneipe würden massiv steigen. Auch viele Geschäftsaufgaben gerade in Ostdeutschland, weniger reguläre Stellen und mehr Schwarzarbeit wären die Folge.“
Da Friedrich Merz aber unbedingt Kanzler werden will, wird der Mindestlohn vermutlich steigen.