
Migration ist nach wie vor das zentrale Streitthema der Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD. Die Arbeitsgruppe „Innen & Recht“ hat nun ihre Ergebnisse vorgelegt. In einem 20-seitigen Dokument wird eine „Zeitenwende in der inneren Sicherheit“ angekündigt. Beim Thema Zurückweisungen an den Grenzen sind sich die Koalitionspartner offenbar näher gekommen. Beim Chancenaufenthaltsrecht gehen die Meinungen dagegen stark auseinander.
Man werde „in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen.“ Diese Formulierung wurde unverändert aus dem vorherigen Sondierungspapier übernommen. Streitpunkt bleibt die Interpretation der „Abstimmung“. Die SPD bevorzugt eine einvernehmliche Abstimmung mit den EU-Nachbarn, während die Union eine bloße Informationspflicht für ausreichend hält.
Beim Thema Bleiberecht gehen die Positionen der Parteien noch weiter auseinander. Während die SPD das Chancenaufenthaltsrecht verlängern will, das Geduldeten dauerhaftes Bleiben ermöglicht, fordert die Union ein Ende dieser Praxis und will Aufenthaltsrechte für abgelehnte Asylbewerber „wieder zur Ausnahme“ erklären. Die SPD will jedoch auch, dass eine neue Bundesregierung „einen Aufenthaltstitel“ für Menschen, die normalerweise das Land verlassen müssten, schafft. Dabei geht es auch um Personen, die viele der Kriterien zur erfolgreichen Integration „noch nicht erfüllen“.
Doch die Härte der Union bei diesem Thema scheint wohl Geschichte zu sein. So erklärte der sächsische Innenminister Armin Schuster im Gespräch mit Table.Today, dass die Union offen für einen „Spurwechsel“ in der Asylpolitik sei, der es auch eigentlich ausreisepflichtigen, aber geduldeten Migranten ermöglicht, eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen und dann als Arbeitsmigrant dauerhaft legal im Land zu bleiben (Apollo News berichtete).
Die Arbeitsgruppe einigte sich darauf, dass „abgelehnte Asylbewerber unser Land wieder verlassen“ müssen. Insbesondere Straftäter und Gefährder sollen konsequent abgeschoben werden, selbst in Krisengebiete wie Afghanistan und Syrien. Insbesondere bei „schweren Straftaten“, die eine „Freiheitsstrafe“ mit sich bringen, komme es „zu einer Regelausweisung“, heißt es im Koalitionspapier. Besonders hart will man bei „Straftaten gegen Leib und Leben, gegen die sexuelle Selbstbestimmung, bei Volksverhetzung, bei antisemitisch motivierten Straftaten sowie bei Widerstand und einem tätlichen Angriff gegen Vollstreckungsbeamte“ vorgehen. Allerdings herrscht auch hier Uneinigkeit über die konkreten Instrumente, wie etwa die Union-Forderung nach „Bundesausreisezentren in Flughafennähe“, die bislang keine Zustimmung fand.