
Die SPD will die von Friedrich Merz angekündigte Migrationswende verhindern. Schon im gemeinsam verabschiedeten Sondierungspapier gab die Union zahlreiche Positionen auf. Immerhin hieß es dort aber unter anderem noch, dass man „in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn“ Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen vornehmen wolle. Nun plant die SPD offenbar, selbst die Einigungen aus dem Sondierungspapier vollkommen zu konterkarieren.
Die SPD-Arbeitsgruppe „Migration und Vielfalt“ hat ein entsprechendes Konzept vorgelegt. Wie die Bild berichtet, fordert man unter anderem die Einführung einer allgemeinen Aufenthaltserlaubnis für ausreisepflichtige Personen. Dies würde bedeuten, dass rund 200.000 Menschen, die derzeit in Deutschland ausreisepflichtig sind, nicht wie von CDU-Chef Friedrich Merz angekündigt verstärkt abgeschoben werden.
Eine erzwungene Ausreise aus Deutschland sei regelmäßig weder praktikabel noch zielführend. Stattdessen müsse man ausreisepflichtigen Asylbewerbern eine Chance geben, sich in die Gesellschaft einzubringen. Der Brief sieht vor, dass nur Personen, die schwere Straftaten begangen haben, von dieser Regelung ausgenommen werden sollten. Kleinere Vergehen, die mit Geldstrafen von bis zu 90 Tagessätzen geahndet werden, sollen dabei nicht berücksichtigt werden und kein Hindernis für den Verbleib in Deutschland darstellen.
Eine Bleibeperspektive sollten abgelehnte Asylbewerber jedenfalls dann erhalten, wenn sie die Bereitschaft zeigen, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen, die deutsche Sprache zu lernen oder sich ehrenamtlich zu engagieren. Mit diesen Vorschlägen wollen einflussreiche Teile der SPD offenbar verhindern, dass die Union ihre „Migrationswende“ in den Koalitionsverhandlungen durchsetzt.
SPD-Politiker Ralf Stegner kritisierte die Union in diesem Zusammenhang scharf und warnte davor, einen „Schäbigkeitswettbewerb“ in der Migrationspolitik zu führen. Weiter erklärte er: „Das größte Land in Europa wird weder europäisches Recht brechen und die gerade erreichte europäische Einigung gefährden noch mit unseren Nachbarn Konflikte verschärfen, wo gerade jetzt Zusammenarbeit geboten ist.“
Aziz Bozkurt, Leiter der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Migration und Staatssekretär für Soziales in Berlin, plädiert ebenfalls für eine laxe Migrationspolitik. Man habe es derzeit mit „bauchgefühlgetriebenen“ und „wenig evidenzbasierten“ Forderungen der Union zu tun. Stattdessen müsse man sich der Migration „als Katalysator für umfassende Reformen und soziale Gerechtigkeit“ annehmen.