
Nie hat sich eine Präsidentengattin nachdrücklicher verweigert, das nette Weibchen an der Seite eines Präsidenten zu spielen. Im Jahr 2017 outete ich mich bereits einmal als Mitglied im #TeamMelania. Zeit für eine Erneuerung.
Die ehemalige und auch zukünftige First Lady der Vereinigten Staaten hatte bereits in der ersten Amtszeit ihres Göttergatten keinen leichten Stand als Frau, dabei gab es seit Jackie Kennedy keine Frau mit mehr Stil im Weißen Haus. Gerade versucht sich nun das russische Staatsfernsehen an einer Demütigung von Melania Trump, indem man in einer der beliebtesten TV-Sendungen des Landes frühere Nacktbilder des ehemaligen Supermodels genüsslich vor der Kamera zeigte und sich den Spott, die Häme und das Gelächter von Moderatorenseite kaum verkneifen konnte.
Eine der zahlreichen Berichterstattungen zum russischen Spott über Melania Trump.
Echt jetzt liebe russischen Kollegen, im Jahr 2024 ist es in Russland eine neue Nachricht, dass es von der amerikanischen Präsidentengattin Nacktbilder auf Pelzmänteln gibt und das mit reichlich nackter Haut? Kommt ihr nicht etwa 10 Jahre zu spät? Die New York Post hatte jedenfalls bereits 2016 im ersten Wahlkampf ihres Mannes die Fotos ausgegraben aus der „Ich war jung und brauchte das Geld“-Phase jener Frau, die sich als Einwanderin aus dem heutigen Slowenien ihren Weg bis in die High Society der USA gebahnt hatte.
Die New York Post grub schon 2016 Nacktbilder von Melania aus.
Zahlreiche Medien in Deutschland berichten nun über den Vorfall, man konzentriert sich auf die Frage, ob Putin hier Donald Trump demütigen wolle. „Machtdemonstration von Putin?“, fragt man sich bei T-Online, „Putin will Trump zur besten Sendezeit demütigen“, titelt der Schweizer Blick und ein Dutzend weiterer Blätter berichtet unter den Schlagworten Trump, Spott und Nacktbilder. Eine klassisch männliche Betrachtungsweise muss man anmerken, dass die öffentliche Bloßstellung einer Frau nicht etwa die Frau beleidige, sondern den Mann, (zu) dem sie gehört. Das ist nicht weit weg von der klassischen Denkweise durchschnittlicher Talahon-Jungs, die ihre Männlichkeit damit demonstrieren, dass sie Nebenbuhlern Geschlechtsverkehr mit deren Müttern androhen.
Interessant ist nun, welche Reaktionen es vor allem nicht gibt – auch in Deutschland. In keinem Bericht schreitet jemand zur Ehrverteidigung dieser Frau, während man sonst stets bemüht ist, jede falsch beschriftete Toilettentüre, jeden fehlenden Genderstern und jedes falsche Pronomen inklusive Empörungsritualen als frauenfeindlichen Akt hochzustilisieren. Die Solidarität unter Schwestern bleibt ebenfalls aus, nirgendwo auch nur ein Wort der diensthabenden Internetfeministinnen. Die Frau eines designierten Präsidenten wird im Ausland vom Staatsfernsehen beschämt und das feministische Lager schweigt. Kein #Metoo und auch kein #Aufschrei so weit das Auge reicht.
Würden sie auch schweigen, wenn Russland ähnliche Bilder von Angela Merkel (Gott behüte) oder Michelle Obama aus der Mottenkiste gegraben hätte? Das feministische Lager schweigt, denn sie haben alle einen Melania Komplex.
Wie umgehen mit einer Frau, die sich als ehemaliges Nacktmodel an die Seite eines der einflussreichsten Männer des Westens bis ins Weiße Haus hochgearbeitet hat und damit als einer der schlimmsten Alpträume emanzipatorischer Selbstermächtigung gilt?
Schließlich darf laut feministischem Mantra Frau niemals mit Aussehen und Körper Karriere machen, sondern nur durch Betonung ihres Intellekts, während man zusätzlich unterstellt, schöne Frauen könnten nicht auch klug sein. Frau schläft sich nicht hoch, außer natürlich man heißt Kamala Harris, denn wenn man schwarz und liberal ist und die Vorherrschaft des alten weißen Trumpmannes verhindern soll, macht auch das ach so emanzipierte Hollywood gerne eine Ausnahme. In der amerikanischen Presse konnte man jedenfalls in den vergangenen Monaten viel davon lesen, dass sie ihre einstige Beförderung zur Generalstaatsanwältin von Kalifornien nicht unbedingt nur durch juristische Fähigkeiten erlangte. Immerhin unterhielt sie eine offene Affäre mit dem 30 Jahre älteren Willie Brown, langjähriger Bürgermeister von San Francisco, der als Strippenzieher der Politik in Kalifornien galt und sie großzügig auf die Karriereleiter nach oben schob. Kamala Harris konnte sich jedoch medial der weiblichen Solidarität sicher sein. Amelia Ashley-War, ehemalige Herausgeberin der San Francisco Sun sprang ihr beispielsweise sofort zur Seite und empörte sich, die Behauptung, Harris verdanke ihre Karriere einem Techtelmechtel, sei frauenfeindlich. Insgesamt war man sich medial einig, das Wühlen in diesen alten Geschichten sei blanker Sexismus.
Melania Trump hat da nicht so viel Glück, denn sie hat auf die dunkle Seite der Macht eingeheiratet, ergo den falschen Mann. Da nutzt es auch nichts, dass sie bereits in der ersten Amtszeit ihres Mannes wiederholt demonstrierte, die wahrscheinlich emanzipierteste Frau an der Seite eines amerikanischen Präsidenten zu sein.
Melania Trump an der Seite ihres Gatten.
Nichts konnte sie damals dazu bewegen, den ganzen Zirkus mitzumachen. Sie ist anfangs nicht einmal nach Washington in den Westflügel gezogen, sondern ließ ausrichten, dass sie sich als Mutter um die Erziehung ihres Sohnes kümmere und ihn zur Schule bringt – und zwar in New York. Soll er doch seinem Präsidentenhobby nachgehen, sie hatte nicht vor, medienwirksam Biosalat im Rosengarten des Weißen Hauses anzupflanzen oder als Charity-Lady alternde Millionärsgattinnen zur Teatime zu bespaßen, um ihnen die Spenden-Millionen aus den teuren Handtaschen zu ziehen. Melania Trump hatte plötzlich einen Beruf, den es nicht gibt und den sie offensichtlich auch selbst nie wollte. Es ist wie mit der Zahnarztfrau. Die findet sich nicht im IHK-Register, hat es aber zumindest mal in einem Werbespot für Zahncreme zu einem angesehenen Mitglied der Gesellschaft gebracht, auf deren Rat man vertraut.
Legendär sind die Bilder, wie sie ihrem Mann konsequent öffentliche Liebesbekundungen verweigert, seine Versuche öffentlich Händchen zu halten abwehrte und bis in die Siegernacht der aktuellen US-Wahl konnte beobachtet werden, dass es für Donald Trump einfacher zu sein scheint, einen spröden Kaktus vor laufender Kamera zu umarmen, als seine eigene Frau. Bis heute ist sie die Unnahbare und dennoch Loyale an seiner Seite geblieben. Aber nie zuvor hatte sich eine Präsidentengattin nachdrücklicher verweigert, das nette Weibchen an der Seite eines Präsidenten zu spielen.
Selbst Frauen wie Michelle Obama oder auch Hillary Clinton legten ihre guten Karrieren auf Eis, um hinter ihren Männern zurückzutreten. Und was hat es gerade der selbst so ambitionierten Hillary gebracht? Einen Ehemann, der sie vor aller Welt mit seinen Affären im Oval Office bloßstellte. Immer konnten sich diese Frauen aber der Solidarität der feministischen Community sicher sein, während die einzig Widerspenstige an der Seite des blonden Biestes regelmäßig im Regen stehen gelassen wird.
Melania Trump steht zu ihren Nacktbildern, sie sei stolz darauf, verkündete sie erst im September und nahm damit Wind aus den Segeln jener, die bis heute ganz wie das russische Fernsehen auf dem Niveau schwitziger Achtklässler ihre Bilder unter der Sitzbank tauschen.
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Meinen Respekt hatte sie sich bereits 2017 final verdient. Damals begleitete Melania Trump ihren Mann auf Dienstreise ins saudi-arabische Riad. Minutenlang blieben damals unter den Kameras der Weltpresse auf dem Rollfeld die Türen der Air Force One geschlossen, ließ man einen König draußen in der sengenden Hitze warten. Es soll in der Präsidentenmaschine Diskussionen gegeben haben über das Outfit von Melania Trump. Und dann stieg sie aus, im schwarzen Hosenanzug, goldenen Gürtel und mit wehendem Haar in einem Land, in dem Frauen niemals Hosen tragen, sondern unter Kopftücher und Hijabs gezwungen werden und bestraft werden, wenn sie es wagen, ohne Kopftuch in die Öffentlichkeit zu treten. Melania legte noch einen drauf und streckte dem Gastgeber König Salman zur Begrüßung die Hand entgegen, ein weiteres absolutes No-Go zwischen Frauen und Männern in diesem Land. Der König nahm die Hand. Die Bilder gingen um die Welt.
An Unscarved @FLOTUS Commands Handshake [rarity] from Saudi King Salman. Brava, Melania. Stand tall for #womensrights at #riyadhsummit #KSA pic.twitter.com/LK2ObQi23r
Sie hatte im wahrsten Sinne des Wortes die Hosen an in diesem Moment und bewies mehr feministisches Gespür als all jene „feministischen“ Politikerinnen des Westens, die zu Hause, wo es nichts kostet, große Klappe zeigen, um sich dann in arabischen Ländern freiwillig in Kopftücher zu hüllen, während sie sich etwas von „kulturellen Unterschieden“ in die Tasche lügen. Hallo Claudia Roth!
Damals geisterte auch die „erste feministische Regierung Schwedens“ durch die Weltpresse, man brüstete sich selbst mit einem Kabinett, das gleichberechtigt zu 50 Prozent mit Frauen besetzt sei. Welch emanzipatorischer Traum. Am 3. Februar 2017 inszenierte sich die damalige stellvertretende schwedische Ministerpräsidentin Isabella Lövin gar für ein Twitterbild umringt von ihren Mitarbeiterinnen, um damit ein Foto von Donald Trump und seinem rein männlichen Stab zu persiflieren. Keine zehn Tage später reiste dann die schwedische Handelsministerin in den Iran, wie alle ihre mitreisenden Emanzipationsbeauftragten züchtig in ein Kopftuch gehüllt. Wenn es um Geld geht, ordnet man sich unter. Zu Recht ging auch dieses Foto um die Welt mit dem Untertitel: „Walk of Shame“.
Es ist sicher davon auszugehen, dass auch die Herren im Wüstenstaat Saudi-Arabien schon damals 2017 alle Bilder der amerikanischen First Lady auch ganz ohne schwarzen Hosenanzug kannten. Als Frau steckte sie aber in diesem Moment alle diese Herren in jenen Sack, in den man Frauen in ihren Ländern gewöhnlich zu kleiden pflegt.
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