
Einer der Staatsanwälte, der gegen Querdenken-Gründer Michael Ballweg ermittelt, ist Politiker bei den Grünen. Darüber berichtete zuerst Nius. Der Staatsanwalt Dr. Christian Schnabel kandidierte 2024 zu einem Zeitpunkt bei einer Kommunalwahl für die Grünen, als er schon gegen Ballweg ermittelte. Bei der Kommunalwahl in Ditzingen in Baden-Württemberg kandidierte er auf Listenplatz 6. Wie ein Steckbrief zu seiner Kandidatur zeigt, ist er nach eigener Aussage auch Mitglied im Bundesvorstand der „Neuen Richter*innenvereinigung“.
In der Eigenschreibweise gendert der Verein sich nicht, sondern bezeichnet sich als „Neue Richtervereinigung“. Der Verein vertritt eher linke Positionen. Obgleich es als Richter nicht verboten ist, für eine Partei anzutreten, wirft es doch in diesem Fall Fragen auf. Ballweg wird Steuerhinterziehung und Betrug vorgeworfen. Er saß neun Monate in Untersuchungshaft. Am Montag boten die Richter des Landgerichts Stuttgart an, das Verfahren wegen Geringfügigkeit einzustellen.
In einer Mitteilung des Gerichts heißt es, „dass weder hinsichtlich des Tatvorwurfs des versuchten Betruges in 9.450 Fällen noch hinsichtlich des Großteils der angeklagten versuchten Steuerhinterziehung bzw. vollendeten Steuerhinterziehung die Tatvorwürfe nachweisbar seien.“ Die Staatsanwaltschaft lehnte das Angebot jedoch ab (Apollo News berichtete). Die Klägerseite sieht eine Verurteilung als wahrscheinlich an und möchte deshalb an den Vorwürfen festhalten.
Am Montag stellte die Staatsanwaltschaft als Reaktion auf das Angebot einen Befangenheitsantrag gegen alle drei Richter. Über den Befangenheitsantrag der Staatsanwaltschaft müssen nun aller Voraussicht nach Richter des Oberlandesgerichts entscheiden. Wird der Antrag angenommen, erhält das Verfahren gegen Ballweg neue Ersatzrichter (mehr dazu hier). Auf Anfrage des SWR teilte die Staatsanwaltschaft mit, dass sie befürchte, dass die Richter sich bereits einseitig zugunsten des Angeklagten festgelegt hätten.
Dabei gebe es noch über zwanzig Verhandlungstage. „Die Beweisaufnahme ist aus Sicht der Staatsanwaltschaft deshalb noch lange nicht abgeschlossen“, sagte die Staatsanwältin Stefanie Ruben. Das Gericht argumentiert hingegen, dass der Aufwand des Prozesses nicht im Verhältnis zum zu erwartenden Urteilsspruch stehe. Was die Steuerhinterziehung angeht, bleibe nach aktuellem Stand allenfalls ein Betrag von 2.112,18 Euro übrig. Es sei schwierig, den Vorsatz nachzuweisen.
Im Oktober war das Verfahren mit dem ersten Verhandlungstag gestartet, nachdem Ballweg bereits seit Juni 2022 etwa neun Monate lang in Untersuchungshaft gesessen hatte. Neben dem Betrugsvorwurf unterstellte die Staatsanwaltschaft dem Querdenker-Initiator auch Geldwäsche – ein Verfahren wurde in dieser Sache jedoch nicht eröffnet. Ballweg selbst und sein Anwalt sprechen von einem politisch motivierten Verfahren. Der Staatsanwaltschaft droht eine verheerende Blamage.