
Die erzwungene Ausrichtung auf E-Mobilität im Zuge der EU-Klimaziele, kombiniert mit den belastenden Standortfaktoren in Deutschland, wird für Continental zunehmend zum Verhängnis. Hohe Energiekosten, ausufernde Bürokratie und ein erdrückendes Steuerumfeld setzen dem Unternehmen zu.
Eine vollständige Verlagerung des Konzerns aus Deutschland wird deshalb zunehmend zu einer realen Option. Besonders China lockt mit niedrigen Energiekosten, weniger Bürokratie, günstigen Arbeitskräften und weiteren Standortvorteilen, wie dem Zugang zu seltenen Erden.
Ein Blick auf die einst bedeutende Zulieferersparte, die neben dem klassischen Reifengeschäft und ContiTech zum Kerngeschäft gehörte, zeigt deutlich, wohin die Reise geht: Aufgrund anhaltender Verluste beschloss die Konzernführung letzte Woche endgültig, die Zulieferersparte als eigenständiges Unternehmen unter dem Namen „Aumovio“ an die Börse zu bringen und vom Kerngeschäft abzuspalten. Der klare Fokus dieser neuen Einheit: der chinesische Markt.
Der chinesische Automarkt ist längst der größte weltweit. Für das Jahr 2025 wird prognostiziert, dass China rund 29,7 Millionen Pkw-Neuzulassungen verzeichnen wird, was mehr als ein Drittel der globalen Fahrzeugproduktion entspricht. Auch für deutsche Autobauer ist das Reich der Mitte mittlerweile der wichtigste Absatzmarkt. Am Beispiel von Volkswagen wird dies besonders deutlich: Im Jahr 2024 setzte der Konzern in China rund 2,93 Millionen Fahrzeuge ab. Das entspricht etwa 36 Prozent des gesamten weltweiten Absatzes des Wolfsburger Autobauers.
Die frühere Zuliefersparte Continentals (jetzt „Aumovio“) beschäftigt allein in China rund 10.000 Mitarbeiter und erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2024 etwa 14 Prozent des gesamten Umsatzes. Global umfasst dieser Unternehmensbereich rund 92.000 Beschäftigte – nahezu die Hälfte der gesamten Belegschaft von Continental. Durch die Abspaltung der Zuliefersparte und die strategische Fokussierung auf den chinesischen Markt ist anzunehmen, dass das neu gegründete Unternehmen Aumovio sowohl personelle Ressourcen als auch Produktionskapazitäten aus Deutschland verlagern wird – zu Gunsten der Volksrepublik im Fernen Osten.
Die Aussagen der Geschäftsführung verstärken diesen Verdacht. „Unser Ziel ist es, unsere Stellung in den Zukunfts- und Wachstumsmärkten der Mobilität konsequent auszubauen“, erklärte Aumovio-CEO Philipp von Hirschheydt auf der Automesse in Shanghai. „Hier setzen wir auf unsere starke lokale Präsenz, indem wir direkt vor Ort für den chinesischen Markt entwickeln und produzieren.“
Der Umschwung auf den China-Markt ist bei Continental jedoch nichts Neues. Der Konzern hat seine Präsenz im Reich der Mitte in den letzten zwanzig Jahren konsequent ausgebaut. Auch im Kerngeschäft ist eine langsame, aber stetige Verlagerung erkennbar.
Die Expansion nach China hat zuletzt deutlich an Fahrt aufgenommen: Im Juni des vergangenen Jahres eröffnete Continental in Hefei, in der Provinz Anhui, sein erstes vollständig eigenes Reifenwerk in China. Bis 2027 soll die Produktionskapazität auf 18 Millionen Reifen jährlich anwachsen.
Parallel dazu entstanden über die Jahre 23 weitere Produktionsstätten sowie 28 Forschungs- und Entwicklungszentren mit rund 17.600 Beschäftigten. Außerdem flossen in den vergangenen zehn Jahren mehr als 23 Milliarden Yuan – rund 3,17 Milliarden US-Dollar – in den chinesischen Standort.
Währenddessen zeigt sich in Deutschland das gegenteilige Bild: Forschungs- und Entwicklungsstrukturen werden zurückgefahren, Stellen zusammengekürzt und Werke geschlossen. Die Schließung der Standorte Wetzlar und Schwalbach bis Ende 2025 ist bereits beschlossene Sache. Der Trend ist eindeutig – Unternehmen verlagern weg aus Deutschland.