
Im deutschen Mittelstand haben so viele Unternehmen Arbeitsplätze abgebaut wie seit anderthalb Jahrzehnten nicht mehr. Das geht aus zwei aktuellen Erhebungen hervor: der Frühjahrsumfrage der Wirtschaftsauskunftei Creditreform, über die die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, sowie dem Datev-Mittelstandsindex, den die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) veröffentlicht hat.
Nach Angaben von Creditreform hat gut jedes fünfte befragte mittelständische Unternehmen seinen Personalbestand in den vergangenen zwölf Monaten reduziert. Nur jedes siebte Unternehmen hat neue Stellen geschaffen. Zum zweiten Jahr in Folge überwiegt damit der Stellenabbau gegenüber Neueinstellungen. Besonders betroffen sei das Baugewerbe. Einen ähnlich hohen Anteil an Personalabbau hatte Creditreform zuletzt im Jahr 2010 festgestellt. Gründe seien neben der Rezession auch Nachwuchsprobleme und hohe Bürokratielasten, so die Auskunftei.
Der Datev-Mittelstandsindex bestätigt die Entwicklung: Im März 2025 lag die Beschäftigung der kleinen und mittleren Unternehmen um 0,7 Prozent niedriger als vor einem Jahr. Besonders stark war der Arbeitsplatzabbau im Gastgewerbe mit minus 4,3 Prozent sowie im Bauhauptgewerbe mit minus 2,8 Prozent. Auch im verarbeitenden Gewerbe, dem Rückgrat der deutschen Wirtschaft, schrumpfte die Beschäftigung um 1,7 Prozent. Von dem Abbau sind inzwischen nicht nur kleine Betriebe betroffen, sondern auch größere Mittelständler. Der Mittelstandsindex von Datev basiert auf anonymisierten Umsatzsteuervoranmeldungen und Gehaltsabrechnungen von mehr als einer Million Unternehmen.
Bemerkenswert ist, dass die Unternehmen trotz anhaltender Klagen über Fachkräftemangel Personal abbauen. Hauptursache ist laut Datev die angespannte wirtschaftliche Lage. Während die Umsätze seit Monaten rückläufig sind – im März lagen sie 4,5 Prozent unter dem Vorjahreswert –, steigen die Löhne und Gehälter weiter an, zuletzt um 4,6 Prozent. Die Belastung durch sinkende Einnahmen bei gleichzeitig höheren Kosten bringt viele mittelständische Betriebe unter erheblichen Druck. Lediglich im Bereich Gesundheit und Soziales verzeichnet Datev weiterhin einen Beschäftigungszuwachs, der vor allem auf die Ausweitung staatlicher Aktivitäten zurückgeführt wird.
„Fünf Jahre nach Pandemie-Beginn und vielen Krisen später ist ein Großteil der Unternehmen geradezu verzweifelt“, sagte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform, der dpa. Robert Mayr, Vorstandsvorsitzender von Datev, kommentierte gegenüber der F.A.Z.: „Sinnbildlich für die Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Deutschlands steht der erneute Umsatzrückgang im verarbeitenden Gewerbe.“ Er forderte „entschlossenes, schnelles, wirksames und unbürokratisches politisches Handeln“.