Streit ums Kreuz im Bundestag: Wer das Eigene verachtet, verliert seine Identität

vor 6 Monaten

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Die meisten Abgeordneten des Bundestags sind Hinterbänkler. Das ist kein Grund, auf sie herabzusehen. Auch auf hinteren Bänken wird gerungen und gestritten, gedacht und gelacht. Ein Parlamentarier der Grünen etwa, aus Bergisch-Gladbach stammend, träumt von einer „Pfandpflicht für Kaffeebecher“. So verkündet es der Mathematiker Maik Außendorf auf einem Video aus seiner Heimat.

Nicht deshalb aber gelang dem Hinterbänkler der Sprung ins Rampenlicht. Außendorf stört sich am Kreuz im Sitzungssaal der CDU. Damit zeigt er, wie sehr Intoleranz und Bildungsferne gerade bei jenen verschwistert sind, die als Weltverbesserer mit Moral hausieren gehen.

Der Sitzungssaal der Unionsfraktionen im Bundestag.

Außendorf fand sich jüngst in einer für ihn unangenehmen Situation wieder. Der Digitalausschuss des Bundestags traf sich aufgrund einer „notwendigen Raumrochade“ im Fraktionsraum der CDU. Dort aber hängt ein Kreuz, in Außendorfs Worten, gerichtet an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, das „Symbol einer bestimmten Religionsgemeinschaft“. Das Wort vom Christentum will Außendorf nicht über die Lippen. Wohl aber meint Außendorf zu wissen, dass ein solches Kreuz dem „Grundsatz der Trennung von Staat und Kirche“ widerspreche.

Schließlich, schreibt Außendorf, werde im Bundestag „die Vielfalt unserer Gesellschaft abgebildet“. Alle Menschen seien gleichberechtigt, „unabhängig von ihrer religiösen Überzeugung oder Weltanschauung“. Aus diesem Grund, bittet Außendorf, möge die Bundestagspräsidentin sich der Sache annehmen. Bas soll sich darum kümmern, „dass die kommende Ausschusssitzung in einem weltanschaulich und religiös neutralen Sitzungssaal stattfinden kann“. Nur so werde den „Grundsätzen parlamentsneutraler Arbeit“ Genüge getan.

Maik Außendorf, grüner Hinterbänkler, am Rednerpult des Bundestages.

Ach, Außendorf. Wo fängt man da an, wo endet man, ohne sich Schrammen zu holen im intellektuellen Unterholz? Die erste Erkenntnis lautet: Was Vielfalt ist, weiß nicht jeder, der sie wie ein Banner vor sich her trägt. Zur „Vielfalt unserer Gesellschaft“ gehören auch jene, die sich Christen nennen und sich im Zeichen des Kreuzes versammeln. Ganz offenbar meint Außendorf mit „Vielfalt“ die Gesamtheit der Gesellschaft abzüglich der Christen, vielleicht sogar abzüglich aller Gläubigen. Wie mag es um Außendorfs sonstige Impulskontrolle bestellt sein, wenn ihn schon das Kreuz an der Wand eines Raumes, in dem er vorübergehend zu Gast ist, derart triggert? Offenbar spricht er dem Zeichen magische Kräfte zu und hält den reinen Anblick nicht aus.

Zum fehlenden Wissen um die Grundlagen echter Vielfalt tritt kämpferische Intoleranz. Außendorfs Schlachtruf lautet: Das Kreuz stört! Als Kulturkämpfer kann er nicht ertragen, was er ablehnt. Niemand muss Christ sein, niemand muss gläubig sein. Wer den Glauben der anderen aber aus seinem Gesichtskreis verbannen will, ist selbst ein Glaubenskrieger. Nichts geht ihm über die eigene Weltanschauung. Insofern ist Außendorf ein Gläubiger reinsten Wassers.

Drittens mangelt es Außendorf an grundlegendem Wissen über die Geschichte des Landes, dem er dienen will. Das Christentum ist in der Bundesrepublik nicht irgendeine „bestimmte Religionsgemeinschaft“, sondern die bestimmende, zumindest in historischer Hinsicht. Das Grundgesetz, ohne das Außendorf seiner parlamentarischen Arbeit gar nicht nachgehen könnte, verdankt seine tiefsten Einsichten dem Christentum.

Die Präambel beginnt mit der Verantwortung des deutschen Volkes „vor Gott und den Menschen“. Die Menschenwürde ergibt sich aus der Gottesebenbildlichkeit des Menschen. Als resozialisierbar gelten Straftäter, weil der Mensch in christlicher Hinsicht ein Mängelwesen ist, das sich jederzeit bessern kann. Staat und Kirche sind nicht, wie Außendorf behauptet, strikt getrennt. Sie besetzen verschiedene Sphären, die durchaus zusammenarbeiten. Staat und Kirche kooperieren. So wollten es die Autoren des Grundgesetzes. Außendorf müsste das wissen.

Die Präambel des Grundgesetzes, das am 8. Mai 1949 mit den Stimmen der CDU, SPD und FDP im Parlamentarischen Rat angenommen wurde.

Weitet man die Perspektive auf die Partei, der Außendorf angehört, ergibt sich ein vierter Befund. Außendorf ist auch insofern kein Einzelfall, als das Fremdeln mit dem Eigenen zur DNA der Grünen gehört. Die Grünen sind eine Partei, die das Vorgefundene unter Vorbehalt stellt. Der Generalverdacht, der aus guten Gründen keiner Familie, keiner Ethnie, keiner Nation entgegengebracht werden soll, kommt hier zu seinem Recht: als prinzipielle Skepsis gegenüber dem Eigenen. Und wer wollte bestreiten, dass das Christentum untrennbar verbunden ist mit der Geschichte der Deutschen, es ihnen eigen ist?

Robert Habeck schreibt in seinem Buch „Patriotismus – ein linkes Plädoyer“ von 2010: „Wir sind aber nicht das Volk! Was wir sind, das wird sich erst noch zeigen, und was wir können, das ist die Gegenwart mit Lust und Witz bestmöglich zu gestalten.“ Eine solche Ablehnung des klassischen Volksbegriffs ist mehrheitsfähig bei den Grünen.

In „Wer wagt, gewinnt“ von 2016 fordert der heutige Klimaschutzminister „Offenheit für Fremdes“. Außerdem formuliert Habeck: „Wir sollten eben nicht mehr nur ein Volk sein wollen, das sich um sich selbst kümmert, sondern eine Nation in der Globalisierung, die Verantwortung auch für andere Menschen außerhalb des engen Eigenen übernimmt.“

Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck fordert weniger Beschäftigung mit „Eigenem“.

Damit ist die für viele Grüne und andere Linke entscheidende Grundüberzeugung ausgesprochen: Das Eigene gilt als das Enge. Es soll überwunden werden, sich auflösen in der Globalisierung, im Internationalismus, in der Transformation des Bestehenden. Die Weite lockt immer draußen, beim Fremden.

Weil die Weltgeschichte aber Humor hat, erfahren die Grünen und mit ihr die gesamte Bundesregierung in diesen Tagen, wie unerbittlich das Eigene zurückschlägt. Gerade im Bemühen, als Musterknaben der Europäischen Union und der Vereinten Nationen zu erscheinen, erweist sich die Ampel als abgründig deutsch. Sie will ein Vorbild sein in Sachen Klimaschutz, Migration, Völkerverständigung und wird mehr und mehr zum abschreckenden Beispiel.

Wer das Eigene verabsolutiert, landet im Nationalismus. Davon geht kein Segen aus. Wer das Eigene aber verachtet, verliert seine Identität. Außendorfs Geraune von „parlamentsneutraler Arbeit“ ist ein eindrückliches Beispiel.

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