
In Berlin, wo sich der Judenhass immer offener zeigt, ist es nun auch möglich, dass ein indischer Komiker aus Luxemburg mit einem Programm auftritt, das die Hamas lobpreist und Israel verteufelt. Lesen Sie hier, was Sundeep Bhardwaj so vom Stapel lässt.
Der Name Sundeep Bhardwaj wird nicht jedem etwas sagen. Es handelt sich um einen Komiker, der in Indien geboren wurde und wuchs auf und mit 24 Jahren nach Luxemburg (!) zog. Vor zehn Jahren begann er, Comedy zu machen, blieb jedoch unbekannt – bis zum 7. Oktober 2023, als er sich auf Israel und Juden spezialisierte bzw. auf deren vermeintliche Verbrechen. Eine Marktlücke in seiner Branche, wie er meint.
Seither verbreitet er über TikTok, wo sein Account 225.000 Follower hat, und Instagram (207.000 Follower) Videos, in denen der jüdische Staat dämonisiert wird, und setzt auch in seinem Comedy-Programm auf das Thema. Das aktuelle heißt „Ceasefire: Comedy has the right to defend itself“ (Waffenstillstand: Comedy hat das Recht auf Selbstverteidigung). Er trat damit schon unter anderem in London und beim Fringe-Festival in Edinburgh auf, in Prag, Wien, Kopenhagen, Stockholm und Oslo.
Der Komiker meint, Israel terrorisiere die Palästinenser.
Am 13. September will Bhardwaj das Berliner Publikum mit seiner als mehr oder weniger lustig getarnten antisemitischen Suada beglücken. Wie er im Podcast Palpulse erzählte, ist „das Publikum in Deutschland wieder der Hammer“, offenbar bedient er ein gewisses Bedürfnis, Israel zu verteufeln und sich nicht dafür rechtfertigen zu müssen. Comedy sei das „beste Mittel, um Leute zu erreichen“; einem Komiker werde, anders als anderen, immer zugehört.
Die Besucher dürfen sich auf Gags wie diesen freuen: Sein liebstes Reiseziel seien die Malediven, weil Israelis dort nicht einreisen dürften. Das Meer dort flüstere „Free Palestine“. Bhardwaj: „Das Meer ist Hamas, das ganze Universum muss Hamas sein!“ In seiner Show vergleicht er Israel mit Covid. Niemand habe gewusst, woher das Virus kam, aber später erfahren: aus einem Labor in China. „Genau so entstehen derzeit alle Probleme der Welt in diesem einen kleinen Versuchslabor, das im Nahen Osten eingerichtet wurde: ein illegitimes, beschissenes Versuchslabor, das geschlossen werden muss. Sie müssen das Ganze beenden und einen Impfstoff dafür finden.“
Ein deutlicher Aufruf zur Vernichtung des jüdischen Staates, den er mit einem Virus vergleicht, den es auszumerzen gilt, weil er den ganzen Planeten befallen hat, für „alle Probleme der Welt“ verantwortlich ist, ganz so, wie es auch in der Charta der Hamas steht. „Die Juden sind unser Unglück“ in verdächtig ähnlicher Tonart. Als „Hauptgrund für Antisemitismus in der Welt“ nennt Bhardwaj mal Israel, mal den Zionismus – also die Bewegung, die für jüdische Selbständigkeit in der historischen Heimat eintritt. „Der Jude“ soll an wirklich allem schuld sein.
Bei Instagram und TikTok verhöhnt Bhardwaj die israelischen Geiseln in Gaza, der Beweis für die exzellente Behandlung sei der (inszenierte) Stirnkuss bei der Freilassung einer Geisel – und, nein: Der Komiker meint das völlig unironisch, will so die Berichte über Folter und Aushungerung „humoristisch“ kontern. In einem Clip antwortet er als jüdischer Milliardär auf Barack Obama, dabei lugen gefaltete Geldscheine wie Schläfenlocken unter seiner Kopfbedeckung hervor. Da lacht der Antisemit! So verwundert es auch nicht mehr, dass Sundeep Bhardwaj die grausame Ermordung der Bibas-Kinder Ariel und Kfir und ihrer Mutter Shiri Israel in die Schuhe schiebt, und überhaupt: Was sei schon eine Familie, im Gazastreifen würden Tausende getötet.
Bhardwaj (Pronomen: He/Hamas) macht aus seinem judenfeindlichen Herzen keine Mördergrube. Er bemüht sich erst gar nicht, seine Abneigung gegen Juden als Kritik an der Regierung Netanjahu zu verbrämen. Vielmehr lässt er von der heimlichen Strippenzieherei über die Geldgier bis zum Kindermord kein mittelalterliches antisemitisches Gerücht aus. In dem erwähnten Podcast erzählt er über die Juden, es läge „in ihrer Natur, das Opfer zu sein. Es ist jedes Mal das gleiche Spiel. Ich finde das urkomisch.“ Sie begingen einen Völkermord und wähnten sich immer noch in der Opferrolle, so der Komiker. Als der Moderator über Juden sagt, sie seien hinterhältig und gut im Erzählen ihrer Lügen, und heute können sie es nicht mehr, weil der Völkermord so schlimm sei, stimmt Bhardwaj begeistert zu: „Diese Typen werden so viel Schlimmes tun, wie sie können.“
Sundeep Bhardwaj verkörpert den Antisemitismus mit freundlichem Antlitz.
Angst vor der Cancel Culture hat er nicht, dafür sei er zu unbekannt – als wären es die Feinde Israels, die ein Problem damit hätten, öffentlich aufzutreten. Passiert ist es ihm dann doch: Ein Auftritt im Liverpooler Unity Theatre im Juli wurde ausgerechnet wegen Verstößen gegen die DEI-Regeln (DEI ist die Abkürzung für Diversity, Equity and Inclusion, also Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion) des Hauses abgesagt.
Inspiriert von der mittelalterlichen Ritualmordlegende, Juden würden das Blut von (christlichen) Kindern zum Matze-Backen verwenden, sagt Bhardwaj auch, ein Jude könne in ein palästinensisches Kind beißen und nichts dabei finden, sich auch nichts aus den Kommentaren dazu machen. Wer auf seinen Kanälen mit Recht abstreitet, dass im Gazastreifen ein „Genozid“ verübt wird, bekommt schon mal ein „Es gibt keine Menschen in Israel“ zu hören.
Selbstverständlich verwahrt sich auch Sundeep Bhardwaj gegen den sich vehement aufdrängenden Verdacht des Antisemitismus. Für ihn sind die Juden Verbrecher, die Kritik an ihnen ist nicht nur legitim, sondern sogar geboten. Er macht sich darüber lustig, dass man für seine Witze in Hamas-Nähe gerückt werde, das sei „Bullshit“. Allerdings passt ausweislich seiner Videos und Clips aus seiner Show zwischen ihm und der islamistischen Terrororganisation kein Blatt.
Natürlich spricht der Comedian Israel („Shitrael“) das Existenzrecht ab.
Jetzt ist die Frage: Könnte Bhardwajs Programm von den Idealen von Freiheit, Demokratie und einer offenen Gesellschaft getragen sein? Das nämlich ist das Ziel des gemeinnützigen Projekts „HOTEL CONTINENTAL – Art Space in Exile“, ein Projekt, das von dem gemeinnützigen Verein „ogalala Kreuzberg e.V.“, dem Förderverein des gleichnamigen Theater-Kollektivs ogalala Kreuzberg in Berlin, getragen wird. Der Name HOTEL CONTINENTAL bezieht sich auf ein ehemaliges Hotel in Mariupol in der Ukraine, das über viele Jahre ein Kunst- und Kulturzentrum war und im März 2022 während des Krieges ausbrannte.
Dieses Zentrum für zeitgenössische Kultur in Berlin will Künstlern aus der Ukraine und anderen Ländern, die unter Krieg und Verfolgung leiden, Arbeitsräume und eine Plattform bieten, um sich mit dem internationalen Publikum zu vernetzen. Hier finden ukrainische und weißrussische Künstler eine Plattform. Eine löbliche Sache, nur bleibt die Frage, warum HOTEL CONTINENTAL (zwar links, doch recht liberal und bisher nicht judenfeindlich in Erscheinung getreten) jemandem wie Sundeep Bhardwaj buchstäblich eine Bühne bietet, der doch eher für die sonst angeprangerte Kombination aus Hass und Hetze steht. Ob es sich bei seinem Programm um Satire oder um veritable Volksverhetzung handelt, ist eigentlich keine Frage, Freiheit der Kunst hin oder her.
Bhardwaj liebt die „judenfreien“ Malediven.
Das Projekt „ogalala Kreuzberg e.V.“ ist in der Kategorie „Hotel Continental – Art Space in Exile“ als gefördertes Projekt durch die Kulturstiftung der Länder aufgelistet. Fördermittel in vierstelliger Höhe gab es 2022 für das – in mehreren Bundesländern angebotene – Programm „Sonnenstunden“, das 240 kulturelle Angebote für Kinder und Jugendliche aus der Ukraine ermöglichte, die vor dem Krieg in ihrer Heimat nach Deutschland geflohen sind.
Dass auch Sundeep Bhardwaj in irgendeiner Form von einer Förderung für seinen Auftrittsort profitiert, ist zwar sehr unwahrscheinlich – die Senatsverwaltung für Kultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt fördert die Einrichtung nicht –, gleichwohl dürfte er ein Publikum im aktuellen Klima der salonfähigen Judenfeindlichkeit zweifellos finden. Hamas-Propaganda im humoristischen Gewand – das ist jedenfalls mal etwas Neues. Der Komiker selbst wünscht sich nach eigener Aussage, dass sich noch viel mehr seiner Kollegen der „Free Palestine“-Bewegung anschließen. Nach der Straße soll jetzt auch die Bühne für die Forderung nach dem Verschwinden Israels erobert werden.
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