
Mit atemberaubender Geschwindigkeit übernehmen Islamisten in Syrien die Kontrolle über Städte und ganze Landstriche. Über die Zukunft von Präsident Baschar al-Assad wird bereits spekuliert.
Der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte hält die Einnahme von Damaskus durch die Islamisten und den Sturz der Regierung nur noch für eine Frage der Zeit. Das sagte Rami Abdel-Rahman der Deutschen Presse-Agentur.
Die Beobachtungsstelle mit Sitz in Großbritannien ist seit Jahren eine der führenden Quellen für Informationen aus dem Bürgerkriegsland. Sie stützt sich auf ein Netz von Informanten in Syrien.
Die Regierung bemühte sich, Spekulationen über eine baldige Einnahme von Damaskus durch die Rebellen entgegenzutreten. Der syrische Innenminister Mohammed Al-Rahmun sagte dem Staatsfernsehen, es gebe einen „sehr starken Sicherheitsring an den Außenbezirken Damaskus“, den niemand durchbrechen könne. Er riet den Menschen, in ihren Häusern zu bleiben. Ein Armeesprecher sagte in einer TV-Ansprache, die Kräfte im Umland von Damaskus würden verstärkt.
Einer der Islamisten schießt in der Innenstadt von Aleppo Salven in die Luft.
Die Kämpfe zwischen Rebellen und der Armee sowie deren Verbündeten in dem seit 2011 herrschenden syrischen Bürgerkrieg waren in der vergangenen Woche unerwartet heftig wieder aufgeflammt. Die Islamisten unter der Führung der Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) konnten mit einer Offensive viele Gebiete im Norden des Landes teils kampflos einnehmen. Der Offensive schlossen sich andere Gruppen etwa im Süden des Landes an. Sie stehen nun vor Damaskus, während die HTS-Einheiten auf die strategisch wichtige Stadt Homs vorrücken.
Russische Truppen sichern 2016 die Ruinen der Stadt Palmyra in Syrien.
Der Konflikt hatte vor mehr als einem Jahrzehnt zunächst mit friedlichen Protesten begonnen. Sicherheitskräfte gingen dagegen mit äußerster Brutalität vor. Die Gewaltspirale mündete in einen Bürgerkrieg mit internationaler Beteiligung, in dem Russland, der Iran, die Türkei und die USA eigene Interessen verfolgen.
Rund 14 Millionen Menschen wurden vertrieben. Nach UN-Schätzungen kamen bisher mehr als 300.000 Zivilisten ums Leben. Eine politische Lösung ist seit Jahren nicht in Sicht. Nun scheint es denkbar, dass der Konflikt schon bald militärisch entschieden wird.
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