
Vor kurzem stand Abu Mohammed al-Dscholani noch auf der Terrorliste der USA. Ein Kopfgeld von 10 Millionen Dollar wurde auf den damaligen Al-Qaida-Chef ausgesetzt. Auf dem alten Kopfgeld-Foto trägt er eine weiße Kopfbedeckung, einen langen Islamisten-Bart und eine Camouflagejacke.
Jetzt trägt er ein Hemd, darüber einen Anzug mit Krawatte. Nur der lange Bart ist noch da. Fröhlich lächelt er stets gekonnt in jede Kamera. Er spielt der Welt einen pragmatischen Dschihadisten-Politiker vor, der einen gemäßigten Scharia-Staat in Syrien aufbauen will. Die Welt soll glauben, er sei der moderate Reformer.
Während jedoch Islamisten-Kämpfer im Land damit beginnen, Minderheiten wie Alawiten zu jagen. Kurden könnten schon die nächsten sein. Und danach womöglich die Christen …
Er wurde vom international gesuchten Terroristen zum mächtigsten Mann Syriens.
Nachdem der mörderische Diktator Baschar al-Assad von Islamisten-Gruppen gestürzt worden war, haben die Islamisten in Syrien eine Regierung gebildet. Angeführt wurde die Islamisten-Truppe von Al-Dscholani – als Chef der Hajat Tahrir al-Scham (HTS), die aus unterschiedlichen Milizen besteht und als Nachfolgeorganisation der Al-Qaida nahen al-Nusra-Front gilt.
Jetzt nennt Syriens neuer Oberchef sich nicht mehr mit seinem Kampfnamen, sondern mit seinem Geburtsnamen Ahmed al-Scharaa. Mittlerweile hat er eine Medienstrategie angelegt, um öffentlich sich als gemäßigt zu verkaufen. Er versicherte mehrmals, dass das Land keinen weiteren Krieg erleben werde. Die Islamisten versprachen vor Kameras „Stabilität und Ruhe“.
Syriens Chef-Dschihadist in Anzug und Krawatte.
Doch nun tauchen in den sozialen Medien immer mehr Fotos und Videos auf, die zeigen, wie Islamisten-Kämpfer in Syrien gezielt Jagd auf Alawiten begehen.
Konkret würden demnach HTS-Islamisten die Alawiten in der Küstenregion angreifen, während von der Türkei unterstützte Truppen wie die MIliz „Syrische Nationalarmee“ (SNA) die Kurden im Norden attackieren. Kritiker und Beobachter befürchten Massacker. Andere berichten, dass auch die pro-türkischen Milizen der SNA zusammen mit HTS Truppen im Westen Syriens gegen Alawiten vorgehen.
Die arabischen Alawiten sind eine religiöse Minderheit in Syrien mit Wurzeln im schiitischen Islam. Islamisten sehen die Alawiten als „Ungläubige“ an, da sie mehrere Propheten als göttlich ansehen, nicht Allah als einzigen Gott anbeten. Alawiten sind in der Regel säkular und anti-islamistisch eingestellt. Um die zwölf Prozent der syrischen Bevölkerung gehören zu den Alawiten. Auch Diktator Assad gehört dieser Minderheit an.
Der gestürzte Diktator Assad war Alawit.
Furchtbare Videos, wie Menschen alawitischer Herkunft geschlagen, gefoltert und auch getötet werden, gehen derzeit in der sozialen Medienwelt um.
Auf einem Video sieht man, wie ein Alawit gefesselt und gefoltert wird, bis er blutet. Ob der gefolterte Mann überhaupt noch lebt: unklar …
Schreckliche Bilder: Dieser Alawite wurde gefoltert, bis er blutete.
In weiterem Bildmaterial ist zu erkennen, wie Islamisten-Truppen in eine alawitische Wohngegend nachts eindringen – sie sind bewaffnet. In den verbreiteten Videos wurden islamistische Propaganda-Sounds gespielt, wie es auch der Islamische Staat (ISIS) bei seinem blutigen Krieg gegen Minderheiten in der Region damals tat.
Diese Bilder entstanden aus der westlichen Region Syriens, wo Alawiten in der Küstengegend leben. Auf weiteren Videos ist zu sehen, wie die Islamisten den Islamismus-Finger, auch begannt als ISIS-Finger, in die Luft heben, während sie auf dem Weg zu alawitischen Häusern sind.
Beobachter sprechen von Folter, Entführung und Ermordung alawitischer Zivilisten.
In einem anderen Video sieht man, wie ein älterer Mann sich auf den Boden knien muss – dann wird er von einem Islamisten brutal ins Gesicht getreten. Wie das Schicksal dieses Mannes ausging: unklar …
Dieser Dschihadist geht auf einen alten Alawiten los.
Ein junger Mann ergibt sich den islamistischen Truppen, doch auf ihn wird eingeschlagen, getreten. Er wird gezwungen sich auf den Boden zu legen und wie ein Hund zu bellen. Was mit dem jungen Alawiten geschah: unklar …
Dass Alawiten zu Boden geschlagen werden und wie Hunde vor laufender Kamera bellen müssen, findet sich immer wieder in Beiträgen in den sozialen Medien. In einigen Beiträgen sieht man außerdem Leichen.
In einem Video liegen mehrere Männer auf dem – womöglich zwecks einer Massen-Festnahme – auf dem Boden. Die Islamisten-Soldaten treten auf ihre Körper, manche treten ihnen auf den Kopf. Was mit ihnen allen danach passiert und wo sie hingebracht werden: unklar ...
Islamisten verhaften massenhaft Alawiten in Syrien.
Andere Aufnahmen zeigen, wie Menschen voller Angst um ihr Leben betteln, während vor ihnen bereits eine blutige Leiche liegt. Auch was mit diesen Männern geschah: unklar …
Eine weitere Filmaufnahme soll wohl zeigen, wie Menschen mit alawitischer Herkunft verschleppt werden:
Während im Westen Syriens gegen unbewaffnete Alawiten blutig vorgegangen wird, werden im Norden Syriens die Kurden angegriffen.
Laut Berichten wären türkische Soldaten in der Region Manbij kürzlich eingetroffen. In Videos sind türkische Militärautos zu sehen. Beobachter fürchten, dort werde in Kürze eine militärische Operation gegen die dort angesiedelten Kurden gestartet. In den vergangenen Wochen wurden bereits heftige Kämpfe von den von der Türkei unterstützen Dschihad-Kämpfer gegen kurdische Truppen und Zivilisten geführt. Die kurdischen Kräfte konnten jedoch ihre Stellung zurückgewinnen und zuvor entführte kurdische Frauen befreien.
Die Kurden hatten damals erfolgreich gegen den ISIS gekämpft. Zudem halten sie seit Jahren IS-Kämpfer in Gefängnissen im Norden Syriens. Dort befinden sich tausende kampferprobte Dschihadisten in Haft – von kurdischen Streitkräften gesichert. Nun müssen sie ihr Gebiet verteidigen gegen die von der Türkei unterstützen Miliz SNA sowie gegen türkische Truppen. Das türkische Militär greift immer wieder aus der Luft die kurdischen Gebiete an.
Der türkische Außenminister Hakan Fidan (l.) neben Syriens Ober-Islamist Ahmed al-Sharaa.
Die HTS wird ebenfalls von der Türkei unterstützt. Der Sturz von Assad wäre ohne die Unterstützung der Türkei nicht möglich gewesen. Kürzlich erst traf sich der türkische Außenminister Hakan Fidan mit Ahmed al-Sharaa. Der Chefislamist al-Dscholani erklärte zudem auch, dass man keine anderen bewaffneten Truppen dulden werde – damit sind auch die Kurden gemeint.
Falls die Gebiete von den Kurden nicht gehalten werden können, könnte dem kurdischen Volk in Syrien ebenfalls Massaker bevorstehen. Zudem werden dann die Haftlager nicht mehr gehalten werden, wodurch tausende ISIS-Kämpfer auf freien Fuß sein werden.
Der Migrationsexperte Ali Ertan Toprak sagt zu NIUS: „Arabische Alawiten sind säkular und gegen Islamisten, deshalb werden sie als Ungläubige von den Islamisten angesehen. Sie sind für diese sogar weniger wert als Christen. Nun werden sie alle als Assad-Schergen bezeichnet – und der Westen schaut eiskalt weg! Die Islamisten stellen es so dar, als wären es Assad-Leute und so als wären dies noch militärische Auseinandersetzungen mit Assad-Anhängern – aber sie sind unbewaffnet, sie sind völlig ausgeliefert.“
Migrationsexperte und Bundestagskandidat Ali Ertan Toprak (CDU)
Zudem leben in Syrien um die 250.000 Christen. Allein in Aleppo wohnen bis zu 20.000 Christen, auch sind dort bis zu 30 Kirchen erhalten. Werden sie sich vor Islamisten-Gewalt fürchten müssen?
Weiter erklärt Toprak: „Sie werden vorerst absichtlich nicht gegen Christen vorgehen, weil sie dem Westen ein moderates Bild vortäuschen wollen. Es ist nichts als islamistische Täuschung. Sie werden Schritt für Schritt einen Scharia-Staat aufbauen.“
Denn: Die islamistischen Machthaber bräuchten die finanzielle Unterstützung des Westens beim Wiederaufbau. „Die westlichen Staaten wiederum wollen syrische Flüchtlinge zurück in ihre Heimat gehen lassen. Dazu brauchen sie ein ruhiges und stabiles Syrien. Egal, ob die neuen Machthaber Islamisten sind.“
In der Weihnachtszeit wurden in Syrien mehrere Weihnachtsbäume an öffentlichen Plätzen von Islamisten in Brand gesetzt.
Einen Tag vor Heiligabend zündeten Islamisten in Hama einen Weihnachtsbaum an.
Auch die Kurden seien den Islamisten ein Dorn im Auge. „Syrien war eine säkulare Diktatur, jetzt wird es eine islamistische Diktatur. Jetzt wollen sie die vollkommene Macht über ganz Syrien – und da stehen ihnen die Kurden im Weg. Die eine säkulare basisdemokratische Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien aufgebaut haben. Die Minderheiten werden leiden“, sagt Toprak, der auch Bundesvorsitzender der Kurdischen Gemeinde in Deutschland ist.
Der politische Beobachter Ali Ertan Toprak kritisiert die Strategie des Westens in Syrien. „Anstatt, dass wir säkulare westlich orientierte Minderheiten unterstützen, versucht der Westen jetzt wieder mit Islamisten zusammenzuarbeiten und schaut bei allen Gräueltaten weg. Dabei hat der Westen die letzten 50 Jahre unterschiedliche Islamisten unterstützt und es gibt KEIN Beispiel, wo das gutgegangen ist!“
Ob Hamas, Muslimbrüder oder Dschihadisten: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist ein großer Unterstützer von unterschiedlichen Islamisten-Bewegungen.
„Der türkische Präsident Erdogan ist ein Antisemit und ein Islamist. Auch er täuscht, verkauft sich als Stabilitätsfaktor gegenüber der EU. Er will doppelt verdienen. Bei der Rückführung der Flüchtlinge und beim Wiederaufbau Syriens. Wir dulden immer alles, was Erdogan macht, obwohl er seit Jahren in Syrien ist und Islamisten unterstützt. Erdogan wird die alte Rolle Irans übernehmen und die Sicherheit Israels bedrohen. Das geht nun so einfach so weiter. Genau das ist eine selbstzerstörerische Islampolitik vom Westen“, meint der CDU-Politiker.