Tage nach Massakern und ethnischen Säuberungen: EU lädt syrische Machthaber zu Geberkonferenz ein

vor etwa 2 Monaten

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Bildquelle: Apollo News

Die Europäische Union hat den neuen syrischen Außenminister Asaad al-Shibani zur EU-Geberkonferenz für Syrien eingeladen. Das berichten die türkische Nachrichtenagentur AA und die Nachrichtenagentur Reuters. Es ist das erste Mal, seit die Konferenz 2011 gegründet wurde, dass Vertreter der syrischen Regierung eingeladen wurden. Minister von Assads Regierung wurden nie eingeladen. Damit zeigt die Europäische Union eine unbekümmerte Naivität im Umgang mit Islamisten.

Am letzten Freitag und Samstag wurden im Westen Syriens, in den Regionen Latakia, Tartus, Hama und Homs Massaker an Zivilisten verübt. 745 alawitische Zivilisten wurden in Racheakten ermordet, darunter auch Kinder. Am Donnerstag war es zu Zusammenstößen von bewaffneten alawitischen Assad-Anhängern und Sicherheitstruppen der neuen Regierung gekommen. Die in Großbritannien ansässige Organisation Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) teilte am Samstag mit, dass neben den 745 Zivilisten auch 125 HTS-und 148 pro-Assad-Kämpfer getötet wurden (Apollo News berichtete).

Der ehemalige syrische Diktator Baschar al-Assad gehört der Religionsgruppe der Alawiten an. Die Alawiten bilden eine Sekte im schiitischen Spektrum des Islams. Etwa 13 Prozent der syrischen Bevölkerung sind Alawiten, 70 Prozent sind sunnitische Muslime. Insgesamt starben innerhalb weniger Tage über 1.000 Menschen. Laut Newsweek wurden auch Christen getötet.

Obwohl die Ausmaße des Massakers bereits am Samstag bekannt waren, verurteilte die Europäische Union in einem ersten Statement am Samstag nur die Angriffe auf die HTS-Miliz „auf das Schärfste“, obwohl diese hunderte Zivilisten getötet hatten. Zwar wurde formal auch „jegliche Gewalt gegen Zivilisten“ verurteilt, allerdings ohne die Täter zu benennen.

Erst in einem Statement am Dienstag äußerte die Europäische Union, dass man die Tötung von Zivilisten „auf das Schärfste“ verurteile, von denen „bewaffnete Gruppen begangen“ worden sein „sollen, die die Sicherheitskräfte der Übergangsbehörden unterstützen“. Außenministerin Baerbock verurteilte die „gezielte Tötung hunderter Zivilist*innen“ ebenfalls erst am Dienstag. Das Auswärtige Amt hatte in einem englischen Tweet am Samstag ebenfalls nur die Tötung verurteilt, ohne die Täter zu nennen.

Deutlicher positionieren sich der amerikanische und der israelische Außenminister. Bereits am Sonntag schrieb der amerikanische Außenminister Marco Rubio auf X: „Die Vereinigten Staaten verurteilen die radikalen islamistischen Terroristen, darunter ausländische Dschihadisten, die in den letzten Tagen in Westsyrien Menschen ermordet haben.“

Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz schrieb bereits am Freitagabend: „al-Julani legte seine Galabiya ab, zog sich einen Anzug an und präsentierte eine gemäßigte Fassade.“ Jetzt habe er seine Maske abgenommen und sein wahres Gesicht gezeigt. Er sei ein „dschihadistischer Terrorist aus der Schule von Al-Qaida, der Gräueltaten an der alawitischen Zivilbevölkerung verübt“. Der syrische Machthaber Al-Scharaa kündigte an, eine Untersuchungskommission einzusetzen, welche die Gewalttaten untersuchen solle.

Doch es ist nicht nur die Reaktion der Europäischen Union auf die jüngsten Massaker, die von einer Naivität im Umgang mit Islamisten zeugt. Es ist die generelle Einstellung zu glauben, dass unter Ahmed al-Scharaa ein syrischer Staat entstehen werde, in dem es Gleichberechtigung von Frauen und Achtung von Minderheiten geben werde. „Denn Hoffnung baut vor allen Dingen auf Vertrauen und das Vertrauen des Miteinanders, auch wenn Akteure sehr unterschiedlich sind“, hatte Baerbock auf einer Pressekonferenz im Dezember gesagt, als sie Syrien acht Millionen Euro humanitäre Hilfe versprach.

Zugleich erinnerte sie daran, dass die HTS-Miliz – die nach wie vor in Deutschland, Großbritannien, den USA und den Vereinten Nationen als islamistische Terrororganisation gilt – ihre Ursprünge in der „Al-Qaida-Ideologie“ habe (Apollo News berichtete). Des Öfteren sagte sie, dass man HTS an ihren Taten messen müsse. Nicht nur das Massaker durch HTS-Milizen hat den Charakter offenbart, auch andere Entscheidungen Ahmed al-Scharaas. Als Justizminister hat er einen Mann berufen, der 2015 zwei öffentliche Hinrichtungen von Frauen beaufsichtigt hat: Shadi al-Waisi.

Al-Scharaa weigerte sich, Außenministerin Baerbock bei ihrem ersten Besuch in Damaskus die Hand zu geben – aus religiöser Überzeugung (mehr dazu hier). Bei seiner ersten Siegesansprache in der Umayyad-Moschee in Damaskus durften keine Frauen zugegen sein. Al-Scharaa dankte wiederholt Gott und sagte, dass Allah den Widerstand gegen den Diktator habe gelingen lassen. „Meine Brüder, eine neue Geschichte wird in der ganzen Region geschrieben, nach diesem großartigen Sieg“, sagte er, woraufhin die Menge „Allahu akbar“ antwortete.

Man müsse sich des Segens, den Allah gegeben habe, als würdig erweisen. „Wir müssen hart arbeiten und Syrien wieder aufbauen, damit es seinen prominenten Platz in der Welt wieder einnehmen kann, so Allah will“. Weiter sagte er: „Dieser Sieg, meine Brüder, wird ein neues Kapitel in der Geschichte der islamischen Nation markieren“. Der katarische Fernsehsender Al Arabiya hatte im Dezember 2024 berichtet, dass Al-Scharaa gesagt habe, dass er an das Recht von Frauen auf Bildung glaube und dass Syrien nicht wie Afghanistan werde.

Ob er dieses Wort einhalten wird, ist offen. Denn auch die Taliban verkündeten 2021 nach der Übernahme der Macht, dass sie an Bildung für Frauen glauben. Und selbst wenn Frauen in Syrien weiter studieren dürfen, bedeutet das nicht viel. Denn auch im Iran können Frauen studieren und werden dennoch misshandelt, wenn sie das Kopftuch nicht richtig tragen. Die israelische Forschungsorganisation Meir Amit Intelligence and Terrorism Information Center, das sich auf Terrorismus im Nahen Osten spezialisiert hat, schreibt in einem Bericht aus dem Januar, dass al-Scharaa die Terrororganisation Islamischer Staat ablehne, weil sie illegitimer Weise ein Kalifat ausgerufen habe und andere islamische Organisationen bekämpfe.

Für Syrien selbst wollte er jedoch ein auf der Scharia basierendes Staatswesen einführen. Basierend auf al-Scharaas Werdegang kommt die Organisation zu dem Schluss, dass für ihn ein vorbildlicher islamischer Staat in Syrien der Weg zum Kalifat sei. 2024 sagte die EU 2,1 Milliarden Euro für Syrien zu und für die Nachbarländer, die syrische Flüchtlinge aufgenommen haben. 2023 wurden 911 Millionen Euro für Syrien zugesagt. Es ist zu erwarten, dass auch die neuen Machthaber in Syrien Millionen Euro bekommen werden, weil die Europäische Union glaubt, dass unter einem Islamisten ein gleichberechtigtes Syrien entstehen kann.

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