
Neue Details im Fall Cum-Ex werfen die Frage auf, ob der FDP-Landesverband in Nordrhein-Westfalen in den Steuerbetrug zahlreicher Banken involviert war. Ein angeblicher Tagebucheintrag des ehemaligen Chefs der Warburg-Bank, die in Cum-Ex involviert ist, legt das nahe. Eine mutmaßliche Kopie des entsprechenden Schriftstücks liegt der Wirtschaftswoche vor. Christian Olearius soll darin von einem Treffen mit dem Manager Andreas Schmitz am 23. Juni 2017 berichtet haben.
Gemeint ist vermutlich der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende der Bank HSBC Trinkaus & Burkhardt, der laut dem Eintrag von Olearius, wie er selbst, ebenfalls in Cum-Ex verstrickt sein soll. Doch diese Darstellung würde sich mithilfe der Liberalen in Nordrhein-Westfalen, also der FDP, bald erübrigt haben, soll es weiter heißen. Ob Olearius das Auflösen der Vorwürfe nur auf seine Person oder auch auf Schmitz bezog, ist unklar. Geklappt hat es nicht: Olearius blieb im Fokus der Ermittler.
Brisant: Obwohl Schmitz und die HSBC Trinkaus & Burkhardt nach Bekanntwerden des größten Steuerbetrugs in der Geschichte Deutschlands gegenüber der Bankenaufsicht BaFin 2016 angaben, nicht in Cum-Ex verwickelt zu sein, kam es 2023 zu Razzien bei den damals zuständigen Mitarbeitern – auch bei Schmitz.
Gegenüber dem Handelsblatt bestätigte die Staatsanwaltschaft Köln, die die führende Behörde bei der Aufarbeitung des Steuerbetrugs ist, dass die Durchsuchungen „im Zusammenhang mit sogenannten Cum-Ex-Verfahren“ durchgeführt worden waren.
Das bestätigt zumindest den ersten Teil des angeblichen Tagebucheintrags von Olearius. Über die Hilfe der nordrhein-westfälischen FDP ist hingegen nichts bekannt, die Notiz könnte demnach auch erfunden oder verwässert sein. Zum Verfassungszeitpunkt war Christian Lindner Landesvorsitzender und Bundestags-Spitzenkandidat der FDP in Nordrhein-Westfalen. Der heutige Bundesfinanzminister konnte seine Partei bei den Landtagswahlen im Mai 2017 zu einem beeindruckenden Ergebnis von 12,6 Prozent führen. Sieben Tage nach dem Tagebucheintrag von Olearius trat die FDP in eine Koalition mit der CDU ein.
Auf Anfrage der Wirtschaftswoche erklärte ein Sprecher der FDP: „Das Zitat ist uns unbekannt. Was gemeint sein könnte, wissen wir nicht.“ Vielmehr habe sich die Partei bis heute intensiv um die Aufklärung von Cum-Ex-Vorgängen bemüht, beispielsweise durch parlamentarische Anfragen, so der Sprecher.
Bis 2020 hat der stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP, Wolfgang Kubicki, jedoch noch den mittlerweile zu acht Jahren Haft verurteilten Hanno Berger gerichtlich vertreten. Berger gilt als einer der Protagonisten des Cum-Ex-Skandals und wurde deshalb vom Landgericht Bonn zu einer Freiheitsstrafe sowie einer Rückzahlung in Höhe von 13,6 Millionen Euro verurteilt. Kubicki erntete immer wieder Kritik für dieses Mandat.
Gegenüber der Wirtschaftswoche wollten sich weder Schmitz, der heute Präsident der Industrie- und Handelskammer Düsseldorf ist, noch Olearius selbst äußern. Der ehemalige Aufsichtsratschef der Warburg-Bank steht im Mittelpunkt des Cum-Ex-Skandals und soll unter anderem die Beteiligung von Olaf Scholz vertuscht haben. Das legen weitere Tagebucheinträge des Bankiers nahe.
Demnach sollen sich Scholz und Olearius dafür eingesetzt haben, dass die Warburg-Bank den verursachten Steuerschaden nicht nachzahlen muss. Dem Staat soll durch den Steuerskandal ein Schaden von 280 Millionen Euro entstanden sein.
Wegen seiner Beteiligung an der Steuerhinterziehung musste sich Olearius bis Juni vor dem Landgericht Bonn erklären, wo das Verfahren wegen des gesundheitlichen Zustands des 82-Jährigen jedoch eingestellt wurde (Apollo News berichtete).