
Der deutsche Auslandssender Deutsche Welle (DW) erfindet Sklaverei an der einen Stelle und kehrt tatsächliche Sklaverei an anderer Stelle unter den Teppich. Was ist da los?
„Sie verschifften Tausende als Sklaven ins Ausland“, behauptet der bundesrepublikanische Auslandssender Deutsche Welle seit nunmehr vier Jahren in seinem Beitrag „Der blinde Fleck der dunklen Geschichte Deutschlands“ über das deutsche Kaiserreich. Doch ausgerechnet die Deutsche Welle, die in diesem Bericht das allgemeine Unwissen der Bundesbürger über den deutschen Kolonialismus anprangern will, trägt hier ihr eigenes Unwissen über den deutschen Kolonialismus zur Schau.
Denn anders als im folgenden Video (online seit 27. Mai 2021) bei Minute 1:45 von dem staatlichen Sender behauptet, hat das kaiserliche Deutschland während seiner gesamten Existenz von 1871 bis 1918 genau null Sklaven verschifft oder gehalten.
Ganz im Gegenteil hat das Kaiserreich in seinen Kolonien in Ost- und Südwestafrika erheblich dazu beigetragen, die Sklaverei zu beenden bzw. zurückzudrängen. Doch zu diesen Bemühungen zur Sklavenbefreiung später mehr – denn auch dazu hat die Deutsche Welle eine sehr eigenwillige Meinung.
Der reichweitenstarke Auslandssender, der nach eigenen Angaben pro Woche weltweit 337 Millionen Zuschauer erreicht, hat sich diese Falschbehauptung in Sachen deutsche Sklaverei also einfach aus den Fingern gesogen!
Es mag ehrenhaft sein, auch die dunklen Kapitel der eigenen Geschichte zu beleuchten – doch muss man wirklich noch koloniale Gewalt dazu erfinden, die es gar nicht gab? Wir kennen das bereits vom ZDF, das Ende 2023 einräumen musste, dass es einen deutschen Giftgas-Einsatz im heutigen Namibia erfunden hatte (NIUS berichtete exklusiv). Dass die Falschbehauptung einer – in diesem Fall frei erfundenen – Sklavenverschiffung ausgerechnet von der Deutschen Welle kommt, verwundert besonders, da es doch laut dem früheren Kulturstaatsminister Bernd Neumann eigentlich deren Aufgabe ist, im Ausland ein positives Deutschlandbild zu vermitteln.
Während das besagte Video auf X also noch online ist, hat die Deutsche Welle auf YouTube die Falschbehauptungs-Passage im besagten Video nach meinem Hinweis gelöscht.
Dazu schreibt ein namenloser Social-Media-Manager der Deutschen Welle: „Dieses Video wurde nach der Veröffentlichung bearbeitet. Wir haben den Satz ‚Sie verschifften Tausende als Sklaven ins Ausland.‘ bei 1:45 herausgeschnitten, da er den Eindruck erweckte, dass das Deutsche Reich direkt am Sklavenhandel beteiligt gewesen sei.“ Dass das bereits über 50.000-mal aufgerufene Fake-History-Video 1.171 Likes bekam, die Richtigstellung aber gerade mal ein einziges, lässt erahnen, wie viele Menschen diese Korrektur zur Kenntnis genommen haben. Zu einer öffentlichen Bitte um Entschuldigung nach dieser ungeheuerlichen Falschbehauptung kann sich die Deutsche Welle leider nicht durchringen.
Nach dem Video „Der blinde Fleck der dunklen Geschichte Deutschlands“ von 2021 kommen wir nun zum ganz neuen Video aus dem Hause Deutsche Welle vom 20. Juli 2025 namens „Wie die Deutschen zu brutalen Kolonisatoren wurden“ (ein Schelm, wer bei diesen Titeln eine tendenziöse Berichterstattung zur deutschen Geschichte erkennen möchte).
Bei Minute 21:39 dieses Videos klärt DW-Moderator David Levitz die Zuschauer darüber auf, dass der Anführer eines kolonialen Aufstands in Deutsch-Ostafrika im Jahre 1888 namens Buschiri von den Deutschen als Sklavenhändler „gebrandmarkt“ wird. Von „brandmarken“ kann hier jedoch keine Rede sein, denn die Anführer dieses Aufstands waren – wie die Deutsche Welle wenig später in ihrem eigenen Video selbst einräumt – tatsächlich Sklavenhalter und Sklavenhändler.
Bei Minute 21:43 scheint Moderator Levitz spöttisch belustigt zu sein über den deutschen Anspruch, die Sklaverei in Ostafrika zu bekämpfen.
Bedauernswert, dass der Deutschen Welle in diesem Zusammenhang die Zeit fehlte, den deutschen Kapitän Johannes Hirschberg zu zitieren, der den 1888 begonnenen Buschiri-Aufstand damals von See aus bekämpfte. Kapitän Hirschberg sagte: „Bis jetzt sind durch Boote der ‚Leipzig‘ bzw. ‚Carola‘ drei mit Sklaven beladene Dhaus gefangen und dadurch dem Sklavenhandel bedeutender Abbruch getan. Hoffentlich hatten die armen Schwarzen eine rechte Freude, als sie befreit wurden.“
In einem dritten Video namens „Warum war die deutsche Präsenz in Ostafrika besonders gewalttätig?“ kommt die Deutsche Welle erneut auf jenen Sklavenhalter Buschiri zu sprechen. Dabei verschweigt sie hier aber gleich ganz, was dieser Mann hauptberuflich macht.
Damit nicht genug: In einem vierten Video mit dem Titel „Wie Afrika sich an die deutsche Kolonialherrschaft erinnert“ (ebenfalls von 2025) hat Buschiri schon wieder einen Auftritt im Programm der Deutschen Welle.
Ab Minute 4:40 werden er und seine sogenannten „Coastal Communities“ sowie der Sultan von Sansibar als Widerstandskämpfer gegen den deutschen Kolonialismus präsentiert. Dass die Genannten die Stütze und die Hauptakteure des arabischen Sklavenhandels am Indischen Ozean waren, lässt die Deutsche Welle hier zum wiederholten Male unter den Tisch fallen.
Zusammengefasst: Die Deutsche Welle erfindet also Sklavenhaltung durch das deutsche Kaiserreich, die gar nicht existierte – und rückt gleichzeitig tatsächlich ausgeübte Sklaverei des Buschiri durch den Begriff „brandmarken“ in die Nähe einer Verleumdung.
Das muss für die Verantwortlichen bei der Deutschen Welle schon fast in Arbeit ausgeartet sein, mordende Sklavenhändler als „Freiheitskämpfer gegen deutsche Unterdrücker“ zu framen und gleichzeitig diejenigen, die die Sklaverei bekämpfen, zu Sklavenhaltern umzudichten! Das ist wahre Gehirn-Akrobatik!
Zum Schluss seien noch ein paar kleine Ungenauigkeiten genannt im DW-Beitrag „Wie die Deutschen zu brutalen Kolonisatoren wurden“:
Egal, wie oft es noch wiederholt wird – die Herero sind entgegen der Behauptung der Deutschen Welle bei Minute 8:45 nicht „indigen“, sind keine Ureinwohner in Namibia, sondern drangen selbst erst vor wenigen Jahrhunderten als Eroberer in diese Region ein. Die Herero verdrängten die eigentlichen Ureinwohner des Landes, die San, die durch die Berichterstattung der Deutschen Welle einmal mehr unsichtbar gemacht werden. Daneben knechteten die Herero die bereits dort ansässigen Damara. Es waren die Deutschen, die die Damara schließlich aus genau dieser Knechtschaft befreiten.
Bei Minute 24:02 verwendet die Deutsche Welle in diesem Video eine alte Zeichnung, die schon zur Zeit ihrer Entstehung falsch war: Weder haben die Herero 1904 mit Speeren und Schildern gegen die Deutschen gekämpft, noch trugen die Deutschen während dieser Kämpfe britisch aussehende Uniformen.
Wenn die Deutsche Welle denn unbedingt über Namibia berichten will: Wann wird der Sender eigentlich über die Errichtung der ersten Statue für Mao Tse-tung außerhalb Chinas in der namibischen Hauptstadt Windhuk im Jahre 2024 berichten? Man sollte denken, dass diese Huldigung eines Mannes, der geschätzt bis zu 70 Millionen Menschen den Tod gebracht hat, einem international agierenden Sender wenigstens eine Randnotiz wert sein könnte.
Es bleibt zu hoffen, dass die Deutsche Welle in Zukunft nicht nur korrekt mit den historischen Tatsachen umgehen wird, sondern ihren Zuschauern auch weniger Fakten vorenthält als bisher. Das wäre für die Zuschauer und wahrscheinlich auch für die Programmverantwortlichen selbst ein großer Gewinn.
***Simon Akstinat ist Autor, Fotograf und Produzent und veröffentlicht Bücher mit geschichtlichem Schwerpunkt. Simon Akstinats X-Kanal, der über Fake-History aufklärt, findet sich hier: www.x.com/GanzeGeschichte.
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