
Kurz vor dem Landesparteitag des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) an diesem Samstag in Gera deutet sich ein möglicher Kurswechsel an. Nach längeren Spannungen zwischen Parteigründerin Sahra Wagenknecht und der Landesvorsitzenden Katja Wolf kündigt der bisherige Co-Vorsitzende Steffen Schütz seinen Rückzug an. Er wird nicht erneut kandidieren, wie ein Sprecher des BSW am Donnerstag bestätigte.
Schütz nannte die schwierige Situation der Partei als Grund: „Das Projekt BSW erfordert manchmal, dass man zurücksteckt“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Er wolle helfen, „Gräben, die gerissen worden sind, zu schließen“ und die Partei in Thüringen stabil aufzustellen. Das sei auch wegen der Regierungsbeteiligung mit CDU und SPD wichtig.
Noch am Dienstag hatten Schütz und Wolf gemeinsam erklärt, erneut kandidieren zu wollen. Sahra Wagenknecht zeigte sich nach der Ankündigung überrascht. Gegenüber dem Stern sagte sie: „Ich war davon ausgegangen, dass es in Thüringen längst Konsens war, Partei- und Regierungsamt zu trennen, was ja auch sinnvoll ist.“ Wolf ist derzeit Finanzministerin und Landtagsabgeordnete – und will trotz interner Konflikte beide Ämter behalten. Schütz halte ihre Kandidatur weiterhin für „wichtig und richtig“, berichtet der MDR.
Schon in den Koalitionsverhandlungen nach der Landtagswahl im September hatte Wagenknecht sich eingeschaltet. Damals hatte Wolf Kompromisse mit CDU und SPD akzeptiert. Wagenknecht forderte eine „Friedenspräambel“ im Koalitionsvertrag.
Auch beim Thema Mitgliederaufnahme gibt es Streit. Wolf und Schütz fordern mehr Entscheidungsspielraum für die Landesverbände. Derzeit entscheidet hauptsächlich der Bundesvorstand über neue Mitglieder – aus Sicht der Landesführung zu restriktiv. Im Herbst soll der Bundesvorstand rund 30 Mitglieder aufgenommen haben, die als Wagenknecht-nahe gelten, während andere Bewerber abgelehnt wurden.
Im Dezember stimmten etwa 25 Prozent der Mitglieder gegen den Eintritt in die sogenannte Brombeer-Koalition – ein überraschend hoher Wert für eine Partei, die bei der Landtagswahl 15,8 Prozent geholt hatte. In der Partei gibt es laut Stern schon länger Sorgen, dass vor dem Parteitag erneut gezielt Mitglieder aufgenommen werden könnten, um ein neues Führungsduo durchzusetzen oder den Austritt aus der Regierung zu fordern.
Wagenknecht kündigte am Mittwoch an, dass deutlich mehr Mitglieder aufgenommen werden sollen – und begründete damit ihre Forderung nach einer neuen Spitze in Thüringen: „Auch deshalb braucht es Vorsitzende, die sich auf den Parteiaufbau konzentrieren können.“ Für den frei werdenden Co-Vorsitz kandidiert nun Gernot Süßmuth, ein Musiker aus Weimar und früherer Bundestagskandidat des BSW. Süßmuth gilt als Kritiker von Katja Wolf.