Thyssen-Krupp hat alles überlebt, nur nicht den grünen Stahl

vor 7 Monaten

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Bildquelle: NiUS

Jeder fünfte Arbeitsplatz in Duisburg hat mit Stahl zu tun. Und der Stahl hat einen Namen: Thyssenkrupp. Bärbel Bas, Präsidentin des Deutsche Bundestages, stammt aus Duisburg. Sie sagt: „Der Stahlstandort Duisburg muss eine Zukunft haben. Denn am Stahl hängen bei uns zehntausende Arbeitsplätze, hinter denen Familien und Lebensgeschichten stehen. Aber auch für unser ganzes Land ist unsere heimische Stahlindustrie unverzichtbar – Deutschland sollte sich bei diesem wichtigen Rohstoff nicht abhängig machen.“ Wie wahr, wie wahr. Aber Deutschland sollte seinem wichtigsten Stahl-Produzenten nicht Dinge aufbürden, die Stahlkocher nicht stemmen können. Wer je an einem Hochofen stand, weiß zweierlei: Mit Windmühlenflügeln sind die nicht zu beheizen. Und: „grünen Stahl“ (also sauberen Stahl) wird es nicht geben, jedenfalls nicht so sauber, wie sich das Robert Habeck vorstellt.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)

Thyssenkrupp Steel ist Deutschlands größter Stahlerzeuger. 23 000 Menschen sind dort beschäftigt, allein 13 000 in Duisburg. Die Branche leidet seit langem unter Konjunkturschwäche und Billigimporten. Und nun schreckt eine Meldung die Belegschaft auf, die das Handelsblatt als erstes veröffentlichte: Thyssenkrupp überprüft Pläne, die den grünen Umbau zum Ziel haben. Im Klartext heißt das – das Vorzeige-Klimaschutz-Projekt des grünen Wirtschaftsministers Robert Habeck droht zu scheitern. Thyssenkrupp stellt die Umstellung seiner Stahlproduktion auf „grünen Stahl“ mit Wasserstoff ernsthaft infrage. Deutschlands Stahl-Riesen könnte das Aus ins Wanken bringen – und den Steuerzahler Unmengen an Geld kosten.

Die Umstellung auf „grünen Stahl“ gilt als das zentrale Vorhaben der deutschen Industriepolitik, um die CO2-Emissionen in der Stahlherstellung drastisch zu senken. Nun berichtet das Handelsblatt, dass der Thyssenkrupp-Vorstand unter CEO Miguel Lopez den kompletten Stopp der milliardenschweren Pläne prüft. Trotz Millionen bereits geflossener Fördergelder. Deutschlands größter Stahlhersteller wollte mit Wasserstoff statt Kohle klimaneutralen Stahl produzieren. Rund zwei Milliarden Euro haben Bund und das Land Nordrhein-Westfalen dafür zugesagt, 500 Millionen Euro wurden bereits bezahlt, wie NIUS berichtete. Doch wie so oft holt die Realität die grünen Pläne ein: Massive technische und wirtschaftliche Hürden machen das Projekt offenbar unrentabel. Der Thyssenkrupp-Vorstand erwägt, die Notbremse zu ziehen und den Bau der geplanten Direktreduktionsanlage zu stoppen. Das würde bedeuten: Wieder einmal wurden Hunderte Millionen Euro an Subventionen umsonst ausgegeben.

CEO Miguel Lopez

Thyssenkrupp und seine lange Erfolgsgeschichte. Das Unternehmen ist ein Zusammenschluss der Industriegiganten Thyssen AG und der Krupp AG. Ihre historischen Wurzeln vereinen fast die gesamte Geschichte der rheinisch-westfälischen Schwerindustrie und damit der Industrialisierung Deutschlands. Eisen, Stahl, Kohle, Erzgruben, Schiffbau und Waffen machten die Konzerne groß und mächtig, vor allem Krupp. Schon vor dem Ersten Weltkrieg galt die Firma Krupp als führende deutsche Waffenschmiede. Alfred Krupp ist der Begründer des Krupp-Mythos. Er galt als „Kanonenkönig“. Gleichzeitig verkörpert er den Selfmademan, der es vom einfachen Arbeiter zum Großunternehmer gebracht hat.

Kruppscher Geschütztransportwagen

Nach Kriegsende 1945 wurde der damalige Alleinbesitzer des Konzerns, Alfried Krupp von Bohlen und Halbach, zusammen mit elf Krupp-Direktoren von einem US-Militärgericht zu 12 Jahren Haft verurteilt – wegen der Plünderung besetzter Gebiete und der Beschäftigung von Zwangsarbeitern. Außerdem wurde sein gesamtes Vermögen konfisziert. Er wurde 1951 begnadigt und durfte von 1953 an wieder die Leitung seiner Werke übernehmen. Er machte Berthold Beitz zu seinem Generalbevollmächtigten – einen Mann, der zwischen 1942 und 1944 mindestens 1500 Juden vor dem Tod durch Deportation gerettet hatte. Die Krupps residierten in der Villa Hügel in Essen. Arndt von Bohlen und Halbach, der letzte Krupp, verzichtete mit 28 Jahren auf das Erbe des Krupp-Imperiums. Das war das Ende der Krupp-Dynastie.

Thyssenkrupp, wie sich der Konzern seit dem Zusammenschluss 1999 nennt, hat seitdem immer wieder heftige Kontroversen, ja Eruptionen erlebt: Streiks, Werksschließungen, Entlassungen, Wertverluste, verlorene Kämpfe auf dem Weltmarkt. Deutschlands größter und traditionsreichster Stahlerzeuger hat sich immer wieder aufgerappelt – auch mithilfe des Steuerzahlers. Mein gesunder Menschenverstand fragt sich jetzt: Sollte Robert Habecks fixe Idee „grüner Stahl“ die Ära Thyssenkrupp für immer beenden?

Die Gefahr war noch nie so groß.

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