Tino Chrupalla selbstbewusst: „Ob wir überhaupt einen Koalitionspartner brauchen…?“

vor etwa 4 Stunden

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Tino Chrupalla kann von Glück sagen, dass er im Denken und Sprechen vergleichsweise schnell ist. So kommt er mit zeitlichen Einschränkungen gut klar. Während Bärbel Bas von der immer weiter schrumpfenden SPD satte 30 Minuten lang im ARD-Sommerinterview sprechen darf, muss sich der Co-Vorsitzende der AfD mit 20 Minuten begnügen, wie es im ZDF für dieses Format üblich ist.

Auch bei diesem Interview hatte übrigens das „Zentrum für politische Blödheit“ (Name paraphrasiert) Störaktionen angekündigt, wie sie bereits beim Weidel-Interview in der ARD zu hören waren. Vergeblich: Chrupalla wurde einfach zwei Stunden früher interviewt als angekündigt.

Das ist jetzt wohl das Standardvorgehen beim ZDF geworden, denn nachdem das Interview mit Parteifreundin Alice Weidel gestört worden war, hatten Atomkraftfreunde dasselbe Spektakel im Sommerinterview mit Grünen-Chef Banaszak versucht. Ebenso vergeblich.

Moderator Wulf Schmiese kommt mit seinen Fragen ebenfalls schnell auf den Punkt – und wirkt dabei erfrischend neutral. Keine elend langen und grün gefärbten Suggestivfragen, keine in Pseudofragen verpackten Vorwürfe, wie sie sich Alice Weidel in der ARD anhören musste. Schmiese wirkt interessiert. Statt systematisch zu unterbrechen, lässt er Chrupalla seine Gedanken zu Ende bringen.

Die allerdings sorgen unter AfD-Anhängern für einige Aufregung. In den sozialen Netzwerken wird heftig diskutiert und kritisiert, wie Chrupalla sich zum Gaza-Konflikt äußert. Denn auch er ist wie Bundeskanzler Friedrich Merz dafür, keine Waffen mehr an Israel zu liefern. Israel sei zwar „ein Partner und ein befreundetes Land“, aber „dort geschieht Unrecht“, und man müsse Freunde eben auch kritisieren dürfen. „Kein Unrecht rechtfertigt weiteres Unrecht“, sagt Chrupalla, und deshalb passe die Entscheidung des Kanzlers auch zur Linie der AfD: „Keine Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete, das ist unsere Position.“ Zur Beendigung des israelischen Kampfes gegen die Terrororganisation Hamas schlägt er eine Friedenskonferenz nach Vorbild der KSZE vor, also eine Art KSNO für den gesamten Nahen Osten.

Ob sich Israel an das Völkerrecht halte, will Schmiese mehrfach wissen. Chrupalla sagt, das könne und wolle er nicht beurteilen, denn „im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst“. Gleiches gelte für den Ukraine-Krieg. Klar sei, dass der russische Angriff völkerrechtswidrig war, aber es gebe eben auch eine Vorgeschichte. In deutschen Medien werde gern verschwiegen, dass die Ukraine bereits jahrelang die eigene Bevölkerung in den östlichen Landesteilen bekämpft habe.

Mit einer dünnen Kausalkette versucht Schmiese, Chrupalla dazu zu bewegen, mögliche Gebietsabtretungen der Ukraine an Russland zu verurteilen. Sein Argument: Die AfD könne doch gar nicht für einen derartigen Friedensplan sein, weil dann Unmengen weiterer ukrainischer Flüchtlinge nach Deutschland kämen. Doch Chrupalla ist vorbereitet. „Es sind über drei Millionen Ukrainer nach Russland geflohen“, sagt er. Auch diese Tatsache werde in deutschen Medien gern unter den Tisch gekehrt. Der Osten der Ukraine sei von der Bevölkerungstruktur her ohnehin eher russisch.

Von Friedrich Merz hätte er erwartet, dass er Kontakt zu Wladimir Putin aufnimmt, um im Ukrainekrieg zu einer Lösung zu kommen: „Was wir aktuell sehen, ist: Die Amerikaner werden Rohstoffe bekommen als Deal, die Russen werden Land und Gebiete bekommen, und Deutschland wird die Rechnung bekommen.“ Man dürfe sich nicht darüber beklagen, an internationalen Gesprächen nicht beteiligt zu werden, wenn man selbst keinerlei Initiative zeige. Aussagen wie die des Außenministers Johann Wadephul, Russland werde für immer unser Feind sein, kritisiert Chrupalla scharf.

Dass ihn Schmiese als „Trump-Fan“ tituliert, weil er die Amtseinführung des US-Präsidenten besucht hatte, lässt der Lausitzer dem ZDF-Mann nicht durchgehen. „Wenn ich zu einer Amtseinführung reise, bedeutet das nicht, dass ich Fan bin“, sagt er mit Nachdruck. Die Linie der AfD sei allerdings, „dass wir mit allen Regierungschefs, die gewählt wurden, gute Beziehungen haben wollen. Das ist gut für Deutschland.“ Wichtig sei, „dass man sich nicht – und wir sehen es ja gerade im Zollstreit mit der EU – über den Tisch ziehen lässt. Wir wollen gute Beziehungen mit allen Ländern haben, im Osten wie im Westen.“ Das bedeute auch: „Ich sehe Russland nicht als Feind. Wir brauchen gute Beziehung zu Russland.“

Schmiese lässt den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder einspielen, der die AfD wegen ihrer Mitglieder kritisierte, „deren Integrität sittlich, moralisch, politisch nicht auf dem Boden unserer Demokratie zu verankern ist“. Was denn die AfD tun könne, damit die anderen Bündnisse mit ihr eingehen, will Schmiese wissen. Chrupalla dreht den Spieß um: „Mit wem will die CDU denn in Zukunft regieren, um ihre Positionen überhaupt umzusetzen und durchzusetzen?“, fragt er. Die AfD sei im Osten bereits die stärkste Kraft. Chrupalla: „Ob wir überhaupt einen Koalitionspartner brauchen, das ist die zweite Frage.“

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