
Es ist Donnerstagabend, gegen 20 Uhr, als zwei junge Frauen in Ludwigsburg aus einer Tankstelle kommend auf die Schwieberdinger Straße abbiegen. Es ist eine der Hauptverkehrsadern der Stadt nördlich von Stuttgart. Was weder die 23-jährige Fahrerin noch ihre 22-jährige Beifahrerin zu diesem Zeitpunkt erkennen können: Aus der Distanz nähern sich mit hoher Geschwindigkeit zwei dunkle Mercedes S-Klassen.
Die Fahrer der beiden S-Klassen fahren schnell, viel zu schnell. 50 km/h sind an dieser Stelle mitten in Ludwigsburg erlaubt, die Raser sollen mit bis zu 160 km/h über die viel befahrene Straße gejagt sein. Wenige Sekunden nachdem der Wagen der beiden Frauen auf die Straße einbiegt, kommt es zum Zusammenstoß. Die S-Klasse von Gürkan U. kracht mit hoher Geschwindigkeit in den Ford Focus der beiden Frauen.
Die Wucht des Aufpralls schleudert den Ford erst gegen eine Wand und dann gegen zwei Bäume, zwischen denen er eingeklemmt wird. Die beiden Frauen sterben noch am Unfallort, die kurz später eintreffenden Rettungskräfte können nichts mehr für sie tun. Auch Gürkan U. wird leicht verletzt und ins Krankenhaus eingeliefert. Am Freitagabend ordnet ein Richter Untersuchungshaft für den 32-jährigen Türken an. Der zweite Raser befindet sich noch auf der Flucht, die Polizei bittet um Hinweise. Seinen Wagen fand die Polizei in der Nähe der Unfallstelle.
Für den mutmaßlichen Todesfahrer, Gürkan U., ist es dabei offensichtlich nicht das erste Mal, dass er mit dem Gesetz in Konflikt gerät. Denn schon vor Jahren fiel Gürkan U. mit Fehlverhalten im Straßenverkehr auf. 2017 prahlte er in den sozialen Medien damit, seinen Führerschein wiedererlangt zu haben. „Endlich wieder in mein besitz […] war ein langer weg aber hab es geschafft …“, schrieb er, und postete einen Bild seines Führerscheins. Seine Freunde gratulierten ihm damals.
Mit dem „langen Weg“ meint der 32-Jährige wahrscheinlich die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU). Sie soll, in Verbindung mit dem temporären Verlust des Führerscheins, eigentlich sicherstellen, dass Menschen, die wegen Fehlverhalten im Straßenverkehr ihren Führerschein verlieren, dieses Fehlverhalten einsehen und nicht wieder begehen. Wie RTL unter Berufung auf einen Kindheitsfreund berichtet, hatte Gürkan U. in der Vergangenheit schon mehrfach Unfälle.
Auch sonst ist Gürkan U., der offenbar auch Betreiber einer Autowerkstatt ist, in den sozialen Medien aktiv. So postet er stolz Bilder und Videos seiner leistungsstarken Boliden. Auch der Wagen, mit dem er am Donnerstag das Leben der beiden Frauen auslöschte, ist auf den Bildern zu sehen. Ebenfalls pikant: Ein Video von riskanten Fahrmanövern auf einer viel befahrenen Autobahn. Gürkan U. sitzt am Steuer und filmt mit dem Handy, während sich ein Freund von ihm in einem Sportwagen durch den dichten Verkehr schlängelt.
In den Kommentarspalten der Posts von Gürkan U. sammeln sich währenddessen wütende Kommentare von Angehörigen und Freunden der beiden getöteten Frauen. Eine Userin bringt es auf den Punkt: „Du wolltest beeindrucken, auffallen, zeigen, was dein Auto kann. Doch was bleibt jetzt? Kein Applaus, keine Bewunderung, nur Stille, Schmerz und zwei Leben, die für immer verloren sind. Zwei Frauen, die nichts ahnend zur falschen Zeit am falschen Ort waren, weil du dachtest, die Straße sei dein Spielfeld.”