Transverband warnt vor Fachtagung: Diskreditierung statt Diskussion

vor etwa 9 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Die deutsche Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin lud bis vor kurzem auf ihrer Homepage zu einer Fachtagung ein: „Jugendliche Geschlechtsidentitätsstörungen: Ursachen, Ethik, Evidenz und Psychotherapie“, eine Konferenz veranstaltet von der Society for evidence based gender medicine (SEGM).

Die Tagung soll im September in Berlin stattfinden. Der Ort? Wurde noch nicht bekannt gegeben. Eine paranoide Vorsichtsmaßnahme, könnte man vermuten. Wer könnte etwas dagegen haben, dass sich verantwortungsvolle Mediziner mit Geschlechtsidentitätsstörungen bei Kindern auseinandersetzen? Schließlich sind solche Störungen mit hohem Leidensdruck verbunden und drohen, die Zukunft der Betroffenen maßgeblich negativ zu beeinflussen.

Doch weit gefehlt: Die Deutsche Gesellschaft für Trans*- und Inter*geschlechtlichkeit e.V. (dgti) hetzte sofort massiv gegen die Tagung. So massiv, dass die Einladung aus dem Netz genommen wurde. In einer Pressemitteilung warnte die dgti vor der Teilnahme und gab das Framing vor, das die Medien gegenüber der Tagung und der SEGM übernehmen sollen: „transfeindlich“, unseriös, unethisch.

Zum einen ist die Wirkmacht der dgti an sich verstörend: Wie kann es sein, dass eine medizinische Fachtagung derartigem Druck ausgesetzt ist, dass die Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin sich genötigt sieht, von der Einladung dazu abzusehen?

Zum anderen ist es nicht weniger verstörend, wie die dgti ihren Einfluss einsetzt: Es ist eine Sache, Kritik auszuüben, Expertise anzuzweifeln, Motive kritisch zu hinterfragen. Eine andere ist es, freien Diskurs zu verhindern. Insbesondere angesichts dessen, dass es hier um das Wohl von Kindern und Jugendlichen geht, demaskiert sich die dgti: Läge ihr deren bestmögliche Versorgung am Herzen, würde sie eine möglichst breite interdisziplinäre Auseinandersetzung befürworten und sich im Dialog engagieren.

Sodann lässt es wohl eher Rückschlüsse auf die dgti und ihre Mitstreiter zu denn auf die SEGM, wenn vor einer Teilnahme ausdrücklich gewarnt wird: Was wird befürchtet? Gehirnwäsche? Wer Argumente hat, fürchtet sich nicht vor Argumenten der Gegenseite. Wer eine belastbare Position vertritt, muss sich vor der Gegenposition nicht schützen. Teilnehmen, kritisch zuhören und sich ein eigenes Bild machen: Wäre das nicht die sinnvollere Haltung? Anscheinend unterstellt man anderen Akteuren automatisch weltanschaulichen Rigorismus und Fanatismus.

In ihrer Pressemitteilung sucht die dgti, die SEGM zu diskreditieren: Der Verband gebe vor, ein Fachverband zu sein, tatsächlich handle es sich aber um eine „Anti-LSBTIA* Hassgruppierung“. Jedenfalls laut Southern Poverty Law Center. Das ist eine US-amerikanische Organisation mit Sitz in Alabama, die aus der Bürgerrechtsbewegung der Sechzigerjahre hervorgegangen ist, und die ursprünglich für „racial justice“ eintrat – ein Begriff, den man im Deutschen nicht recht wiedergeben kann. Kurz: Es handelt sich um eine Organisation, die sich gegen die Benachteiligung von Nichtweißen und gegen Rassismus einsetzt, sich nun aber in gut woker Manier den Kampf für sämtliche „Minderheiten“ auf die Fahnen geschrieben hat.

Die dgti kann weder erklären, woher eine gegen Rassismus agierende Organisation die Expertise nimmt, um einem medizinischen Verband die Expertise abzusprechen, noch, wieso eine Klassifizierung als transfeindlich ausschließen soll, dass es sich um einen Fachverband handelt. Trotz solcher logischer Mängel hat die Pressemitteilung offensichtlich genug Drohpotenzial entfaltet, um die Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin ausreichend einzuschüchtern.

Die SEGM wiederum verschreibt sich einem „evidenzbasierten“ Vorgehen in Bezug auf Geschlechtsidentitätsstörungen. Das Tagungsprogramm einer Konferenz von 2023 etwa beinhaltet zum Beispiel die Fragestellungen:

Ausgerechnet jenen, die sich mit solchen Fragen beschäftigen, mangelnde Fachkenntnis zu unterstellen, während man selbst die Frage nach dem Geschlecht zur Gefühlssache erklärt, ist bemerkenswert. Selbst wenn man in der Beantwortung obiger Fragen zu völlig anderen Ergebnissen käme als die Referenten der SEGM, so stellen sich Vertreter der Transideologie diese Fragen überhaupt nicht: Hier reicht es, wenn ein Kind das Gefühl hat, im falschen Körper geboren zu sein, um es in einen Sog aus Behandlungen zu ziehen, die seine körperliche und geistige Entwicklung beeinträchtigen, zu Unfruchtbarkeit führen können, und mit schweren Risiken behaftet sind.

Im Netz zeigte sich auch sofort Bereitschaft, die Veranstaltung zu stören. Auf Instagram fragt eine Nutzerin (oder ein Nutzer?), ob man herausfinden könne, wo der Kongress stattfindet, „um Protest zu organisieren“. Die Antwort der dgti: Man müsse sich wahrscheinlich mit Klarnamen anmelden, um dies zu erfahren. „Es laufen aber schon Dinge. Abwarten“.

Das ist kein fairer Umgang mit divergierenden Meinungen und Stimmen – dabei sollten Einwände gegen Pubertätsblocker oder Transition doch mit Leichtigkeit argumentativ auszuhebeln sein, wenn es nur „Hass“ und „Phobie“ wären, die Menschen nachfragen lassen, ob es tatsächlich gut ist, den zentralen Vorgang der Pubertät zu manipulieren, und einem Menschen im Erwachsenenalter womöglich Fortpflanzung und erfülltes Sexualleben vorzuenthalten. Und das, weil sich der Jugendliche während dieser Phase nicht wohl in seiner Haut fühlt – was eher die Regel denn die Ausnahme ist, wenn auch in unterschiedlicher Intensität.

Tatsächlich sprechen sich immer mehr Mediziner dagegen aus, belegen immer mehr Studien, dass Geschlechtsumwandlungen von Kindern und Jugendlichen nicht auf einem wissenschaftlichen Fundament ruhen.

Dennoch skandalisiert die dgti, was jeder normal denkende Mensch als Selbstverständlichkeit betrachtet: So wird als Teilnehmer der Tagung Riittakerttu Kaltiala genannt. Die Psychiaterin habe „an einer finnischen Studie mitgewirkt, in der behauptet wird, es wäre besser, psychische Störungen bei trans Jugendlichen zu finden, anstatt sie bei der Transition zu unterstützen“.

Was daran ist verdammenswert? In Neuseeland verhungerte 2023 eine Jugendliche, die sich nach Erfahrungen mit sexuellem Missbrauch im Kindesalter und mutmaßlich darauf zurückgehender schwerer Magersucht zuerst als nonbinär und dann als männlich outete, hinzu kam eine Autismus-Diagnose. Hat das Kind sein Geschlecht aufgrund des traumatischen Angriffs auf seine körperliche Integrität abgelehnt? War die Dysphorie womöglich Ausdruck von Selbsthass? Dieser dramatische Fall macht deutlich, warum es wichtig ist, nach psychischen Ursachen zu suchen, anstatt ein der eigenen Biologie widersprechendes fiktives Selbstbild unhinterfragt zu akzeptieren.

Cornelia Kost, Vorstandstandsmitglied der dgti erklärt dazu: „Der Deutsche Ethikrat hat in seiner Ad-hoc-Empfehlung zu Trans-Identität bei Kindern und Jugendlichen 2020 deutlich gemacht, dass ‚in allen Entscheidungsprozessen muss [sic] das Kind gehört und müssen seine Vorstellungen und Wünsche seiner Reife und seinem Alter entsprechend berücksichtigt werden. Diese Regel erhält umso mehr Gewicht, als es hier um Fragen der persönlichen Identität geht, über die die betroffene Person in letzter Konsequenz selbst zu entscheiden hat‘.“

Nun erschweren „Reife und Alter“ gerade in der Pubertät eine mündige Entscheidung; Eltern und beteiligten Erwachsenen kommt eine besondere Verantwortung zu: Auch zum Schutz eines vulnerablen Menschen, der die Tragweite seiner Entscheidungen nicht abschätzen kann – und dass bereits ohne zusätzliche Verunsicherung durch Zweifel an der eigenen Geschlechtsidentität. Damit ermutigt Kost ungewollt eher dazu, Veranstaltungen wie die der SEGM aufzusuchen, und sich daran zu beteiligen, am Kindeswohl orientierte Medizin zu betreiben – und keine, die sich den Wünschen einer Bewegung beugt, die die Biologie unter das Diktat einer auf Fiktion beruhenden Ideologie zwingen will.

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