
Vor dem Landgericht Darmstadt muss sich seit dem 8. April ein 42-jähriger Mann aus Eritrea verantworten. Ihm wird vorgeworfen, auf der Pfungstädter Kerb, einem Volksfest in der südhessischen Stadt nahe Darmstadt, im September 2024 eine Frau vergewaltigt zu haben. Der Angeklagte befindet sich derzeit in Untersuchungshaft. Unabhängig vom aktuellen Verfahren steht fest: Der Mann ist einschlägig vorbestraft und saß bereits sieben Jahre in Haft. Abgeschoben wird er seit knapp zwei Jahren trotzdem nicht – weil er keine Reisedokumente besitzt. Zuerst berichtete die Lokalzeitung Echo.
Bereits im Jahr 2017 wurde der Mann vom Landgericht Darmstadt wegen mehrfacher Vergewaltigung und Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Die Taten ereigneten sich 2015 und 2016 während der Winzerfeste in Groß-Umstadt. Die Identität des Täters konnte damals unter anderem durch DNA-Spuren zweifelsfrei festgestellt werden.
Zuständig für die Abschiebung vollziehbar ausreisepflichtiger Personen ist das jeweilige Regierungspräsidium. Ein Sprecher des Regierungspräsidiums Darmstadt teilte mit, dass der Mann am 19. Oktober 2023 offiziell ausgewiesen worden sei. Der Bescheid sei seit dem 24. Oktober 2023 vollziehbar. Dennoch kam es bislang nicht zu einer Abschiebung. Stattdessen wurde der Mann nach seiner Entlassung aus der Haft einer Unterkunft in Pfungstadt zugewiesen und unter Führungsaufsicht gestellt. Diese Aufsicht beinhaltete unter anderem verschärfte Meldeauflagen und ein Alkoholverbot.
Die Gründe für die ausbleibende Abschiebung liegen laut Regierungspräsidium in fehlenden Reisedokumenten. Der Pressesprecher erklärte: „Eine Rückführung hat bislang nicht stattgefunden, da die Voraussetzungen für eine Abschiebung nach dem Aufenthaltsgesetz noch nicht vorliegen.“ Zudem arbeite Eritrea mit den deutschen Behörden bei der Ausstellung von Passersatzpapieren nicht zusammen. Solche Rückführungen seien grundsätzlich von zwischenstaatlichen Abkommen abhängig, etwa in Form von Rückübernahmeabkommen.
Der 42-Jährige besitzt derzeit kein Aufenthaltsrecht in Deutschland. Laut Regierungspräsidium würde er sich außerhalb des Strafvollzugs im Status der Duldung befinden. Dieser Status bestätigt die Ausreisepflicht, setzt jedoch eine Abschiebung vorübergehend aus, wenn konkrete Hindernisse – wie in diesem Fall – bestehen.
Das Landgericht Kassel hat dem Mann eine Führungsaufsicht angeordnet, da die Sozialprognose des Mannes als negativ bewertet wurde. Der Angeklagte hatte nach seiner Entlassung keine sozialen Kontakte in Deutschland, eine begonnene Ausbildung im Gefängnis schloss er nicht ab. Auch an therapeutischen Maßnahmen hat er während seiner Haft nicht teilgenommen, teilte das Gericht mit.
Während seiner Führungsaufsicht nach der Haftentlassung hat sich der Mann regelmäßig beim Polizeirevier in Pfungstadt gemeldet, wie es in den Auflagen verlangt war. Das teilte der Bewährungshelfer der zuständigen Kammer mit. Die Alkoholtests hat der Angeklagte bestanden. Der Bericht wurde im Gericht von der Vorsitzenden Richterin verlesen. Eine Arbeitserlaubnis hat der Mann nicht erhalten, da er bei der Beschaffung von Reisedokumenten nicht mitgewirkt hat, so der Bewährungshelfer.