
Mehrere große Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Konjunkturerwartungen für 2025 nach unten korrigiert. Für das laufende Jahr rechnen sie im Grunde nur noch mit einem minimalen Wachstum.
In der aktuellen Herbstprognose des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) wird lediglich ein Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr veranschlagt. Noch im Juni hatten die Kieler Experten mit einem Plus von 0,3 Prozent gerechnet. Auch die Aussichten für die kommenden Jahre wurden gesenkt: Für 2026 prognostizieren die Ökonomen nun nur noch ein Plus von 1,3 statt zuvor 1,6 Prozent, für 2027 ein Wachstum von 1,2 Prozent. „Die deutsche Wirtschaft wartet auf Impulse“, schreiben die Forscher. „Die Kräfte für einen selbsttragenden Aufschwung bleiben schwach.“
Etwas weniger pessimistisch – zumindest mit Blick auf das laufende Jahr – äußerten sich die Experten des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen (RWI). Sie erwarten für 2025 ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent, für 2026 dann 1,1 Prozent und für 2027 rund 1,4 Prozent. Auch sie hatten ihre Prognosen im Vergleich zum Sommer zurückgeschraubt – um 0,1 Prozentpunkte für 2025 und um 0,4 Punkte für 2026.
Auch das ifo-Institut in München zeigt sich verhalten: Dort rechnet man für 2025 ebenfalls nur noch mit einem BIP-Plus von 0,2 Prozent. Für 2026 gehen die Forscher von einem Zuwachs um 1,3 Prozent aus. In ihrer Juni-Schätzung waren es noch 0,3 und 1,5 Prozent gewesen. 2027 soll es dem ifo zufolge, dann – wie auch den Prognosen des IfW zufolge – mit einem kräftigeren Wachstum von 1,6 Prozent wieder etwas bergauf gehen.
Während die drei großen deutschen Wirtschaftsinstitute davon ausgehen, dass der Negativtrend der Rezession durchbrochen wird und Deutschland im laufenden Jahr zumindest einen minimalen Aufschwung verzeichnet, kommen andere Analysehäuser zu einem deutlich pessimistischeren Urteil. Sie erwarten, dass die Bundesrepublik auch in diesem Jahr einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts hinnehmen muss und somit in der Rezession verharrt.
So rechnet etwa das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) mit einem Minus von 0,1 Prozent beim BIP. Auch das Handelsblatt Research Institute (HRI) teilt diese Einschätzung (Stand März 2025). Unrealistisch sind diese Prognosen keineswegs. Faktoren wie eine niedrige Beschäftigungsquote, die ausbleibende private Nachfrage sowie rückläufige Exporte deuten darauf hin, dass das BIP auch in diesem Jahr sinken könnte.
Die Arbeitslosigkeit ist in Deutschland zuletzt deutlich gestiegen. Im Juli lag die Arbeitslosenquote bei 6,3 Prozent. Ein Zuwachs um 0,3 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Im Vergleich zum Vormonat erhöhte sich die Zahl der registrierten Arbeitslosen um rund 65.000 auf etwa 2,975 Millionen. Auch im August setzte sich der Negativtrend fort: Gegenüber Juli kamen weitere 45.000 Arbeitslose hinzu. Damit sind inzwischen mehr als drei Millionen Menschen arbeitslos.
Dieser schwache Beschäftigungsgrad, verbunden mit hartnäckiger Inflation und Unsicherheit über künftige Entwicklungen wie Unternehmensinsolvenzen oder Stellenstreichungen, drückt massiv auf die Konsumstimmung. Der Konsumklimaindex des Marktforschungsinstituts GfK lag im August bei -21,7 Punkten. Werte oberhalb von null signalisieren Zuversicht und Konsumbereitschaft, negative Werte hingegen Zurückhaltung und verstärktes Sparverhalten. Seit mehreren Jahren bereits befindet sich der Index im negativen Terrain. Grundlage sind monatliche Befragungen von rund 2.000 repräsentativ ausgewählten Verbrauchern ab 14 Jahren.
Das schwache Konsumklima belastet wiederum die Konjunktur. Sinkt die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen, drosseln die Unternehmen ihre Produktion und kämpfen mit Unterauslastung bzw. Gewinneinbußen. Hinzu kommt die rückläufige internationale Nachfrage nach deutschen Produkten. Die einstige Exportnation verliert kontinuierlich Kunden im Ausland.
Vor allem frühere Vorzeigebranchen wie die Automobil- und Stahlindustrie leiden unter diesem Trend. Sie können u. a. aufgrund von hohen Energiekosten und einer erdrückenden Bürokratielast nicht mehr wettbewerbsfähig produzieren. Die gestiegenen Betriebskosten müssen letztlich an die Abnehmer weitergegeben werden. Doch internationale Kunden sind häufig nicht bereit, die Preisaufschläge zu zahlen – und weichen stattdessen auf günstigere Anbieter aus, etwa aus China oder Indien.
Die Faktoren zeigen deutlich, wie geschwächt die deutsche Wirtschaft ist – und ein drittes Jahr ohne BIP-Wachstum wird immer wahrscheinlicher. Besonders brisant ist: Sollte Deutschland tatsächlich das dritte Jahr in Folge in der Rezession verharren, wäre dies ein historischer Tiefpunkt. Ein solcher Fall hat sich in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie ereignet.
Selbst zwei aufeinanderfolgende Jahre mit rückläufigem BIP – wie zuletzt 2023 (-0,3 Prozent) und 2024 (-0,2 Prozent) – gab es bislang nur ein einziges Mal, nämlich während des Dotcom-Crashs 2002/2003. Selbst während der globalen Finanzkrise 2009 sowie in der Corona-Pandemie 2020 schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt jeweils nur für ein Jahr, bevor die Wirtschaft wieder eine Erholung erlebte.