Trump-Korridor im Kaukasus: Ein Albtraum für Russland und den Iran

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Bildquelle: Tichys Einblick

US-Präsident Trump veranstaltete am Freitag einen Friedensgipfel in Washington. Nach einem mehr als drei Jahrzehnte andauernden Konflikt mit Zehntausenden Toten und Hunderttausenden Vertriebenen unterzeichneten die beiden südkaukasischen Länder Armenien und Aserbaidschan unter Vermittlung Trumps ein Rahmenabkommen für einen Friedensvertrag. Im Weißen Haus unterzeichneten der armenische Premierminister Nikol Paschinjan und der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew außerdem separate Handels- und Sicherheitsabkommen mit den USA.

In den vergangenen Monaten reisten US-Vertreter mehrfach in die Region, um den Gipfel vorzubereiten. Die derzeitige geopolitische Lage, in der Russland und der Iran in anderen Konflikten gebunden sind, bot den USA die Gelegenheit, ihren Einfluss im Südkaukasus auszubauen und einen Frieden in ihrem Sinne umzusetzen.

Der Knackpunkt der jüngsten Vereinbarung mit geopolitischer Tragweite ist die Einigung über einen nach Trump benannten Transitkorridor zwischen Aserbaidschan und seiner autonomen Exklave Nachitschewan, der durch Armenien führt. Dies war eine langjährige Forderung der Regierungen in Baku und Ankara. Die vorgeschlagene „Trump Route” für internationalen Frieden und Wohlstand (TRIPP) würde durch den Süden Armeniens an der Grenze zum Iran verlaufen und Aserbaidschan eine direkte Verbindung zu seiner Exklave Nachitschewan und damit zur Türkei ermöglichen.

Seit dem Sieg über Armenien im Bergkarabach-Krieg 2020 fordert Aserbaidschan eine Verbindung nach Nachitschewan, auf der es keine Kontrollen des Personen- und Warenverkehrs durch Armenien geben würde. Aus armenischer Sicht wäre ein solcher exterritorialer Korridor jedoch ein nicht akzeptabler Verzicht auf die Souveränität über ein Stück des eigenen Territoriums in unmittelbarer Nähe zur wirtschaftlich wichtigen Grenze zum Iran gewesen.

Armenien hat sich nun in Washington bereit erklärt, den USA für 99 Jahre das exklusive Recht an der Entwicklung der etwas mehr als 30 Kilometer langen Straße zu geben. Der Korridor soll nach armenischem Recht betrieben, aber an ein amerikanisches Unternehmen verpachtet werden, das in dem Landstreifen Bahnstrecken und Energietrassen einrichten will. Laut Weißem Haus würde der Korridor den Export von Energie und anderen Ressourcen unter Überwachung der USA erleichtern.

Das Abkommen ist für die Türkei, Israel und die NATO von Vorteil. Für Russland und den Iran bedeutet es hingegen eine weitere geopolitische Niederlage nach dem Sturz Assads in Syrien. Der Deal im traditionellen Hinterhof Russlands war ein Rückschlag für die Kremlführung. Moskau kritisierte als erste Reaktion die Intervention der USA in der Region. Zwar erklärte Moskau, dass es den Gipfel in Washington unterstütze, schlug jedoch vor, „Lösungen umzusetzen, die von den Ländern der Region selbst mit Unterstützung ihrer unmittelbaren Nachbarn – Russland, Iran und Türkei – entwickelt wurden“, um die „traurige Erfahrung“ mit westlichen Vermittlungsbemühungen im Nahen Osten zu vermeiden.

Die vagen Äußerungen der Russen zur Friedensvereinbarung in ihrem traditionellen Einflussgebiet, die ohne ihre Beteiligung zustande kam, zeugen davon, wie sehr Moskau von den neuen Entwicklungen in der Region seit dem Ukraine-Krieg überrumpelt wurde. Moskau, dessen Ressourcen in der Ukraine gebunden sind, konnte der intensiven Einmischung der USA in der Region in den vergangenen Jahren nicht entgegentreten.

Durch die Präsenz der USA würde nun Russland weiter an Einfluss in der Region verlieren. Der Kreml hat den Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien lange Zeit als Mittel zur Aufrechterhaltung seiner Macht in der Region genutzt. Der Dreiergipfel in Washington ist ein klares Zeichen für die bereits jetzt geschwächte Position Moskaus im Südkaukasus.

Im Gegensatz zu Russland bezieht Teheran eine klare Position zu der unter Vermittlung Trumps geschlossenen Friedensvereinbarung. Als erste Reaktion drohte der Iran damit, den im Kaukasus geplanten Trump-Korridor zu blockieren. Die Erklärung von Ali Akbar Velayati, dem obersten Berater des iranischen Staatsoberhaupts, warf nun Fragen bezüglich der Sicherheit des Korridors auf. Er sagte, die jüngsten Militärübungen im Nordwesten des Iran zeigten bereits die Bereitschaft und Entschlossenheit der Islamischen Republik, jegliche geopolitische Veränderung zu verhindern. „Dieser Korridor wird nicht zu einem Durchgang werden, der Trump gehört, sondern eher zu einem Friedhof für Trumps Söldner”, so Velayati. Viele Beobachter glauben jedoch, dass der Iran, der wegen seines umstrittenen Atomprogramms und der Folgen des zwölftägigen Krieges mit Israel im Juni zunehmend unter Druck der USA steht, nicht über die militärische Macht verfügt, um den Korridor zu blockieren.

Teheran fühlt sich bedroht, da es durch den sogenannten Trump-Korridor – bisher bekannt als Sangesur-Korridor – seine Nachbarschaft zu Armenien faktisch verliert. Da die Straße entlang der gesamten iranisch-armenischen Grenze verläuft, würde damit der Landweg des Iran in den Südkaukasus versperrt. Der Iran pflegt traditionell enge Beziehungen zu Armenien und hegt ebenso großes Misstrauen gegenüber Aserbaidschan wegen dessen Kooperation mit Israel. Eine US-Präsenz an der Grenze würde Teheran zudem als Bedrohung für die nationale Sicherheit betrachten. Dadurch würde der Einfluss des Iran in der Region zurückgedrängt und der internationale Nord-Süd-Korridor, an dem Indien und Russland beteiligt sind, gefährdet.

Vom US-Plan im Südkaukasus würde unter anderem die Türkei profitieren, die sich als engster Verbündeter Aserbaidschans seit langem für den Sangesur-Korridor einsetzt. Die Türkei hat zum Ziel, durch diesen Korridor ihren Einfluss in Richtung Zentralasien, also die sogenannten „Türkstaaten“, auszubauen. Durch die Versöhnung zwischen Armenien und Aserbaidschan unter Ausschluss Russlands erweitert der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan seinen Einflussbereich im Südkaukasus. Er zielt auf die Errichtung des sogenannten „Großen Turan” in den turksprachigen Regionen Asiens ab. Im türkischen Nationalismus und der Ideologie des Turanismus wird Turan als eine Region in Zentralasien verstanden, die als Ursprungsland der Turkvölker gilt. Im Zuge dieser Politik hegt Erdoğan den Traum von einem türkisch-muslimischen Korridor durch Eurasien.

Die USA wollen jedoch die Kontrolle über den Korridor selbst übernehmen, ihn im Sinne der NATO entwickeln und die Partnerschaft zwischen dem Iran, Russland und China in Asien unterlaufen. Es gibt jedoch Überschneidungen mit den Machtausbauplänen der Türkei. Ein „muslimischer Korridor” durch das Gebiet der Uiguren dürfte in China für genug Unruhe sorgen und dem Plan der USA dienen, den Aufstieg Chinas auf der Weltbühne einzudämmen.

Israel ist inzwischen ein wichtiger Waffenlieferant für Aserbaidschan. Das Land nutzte bereits diese Unterstützung, um seine Armee nach dem ersten Bergkarabach-Konflikt Anfang der 1990er Jahre wieder aufzubauen. Im Bergkarabach-Krieg 2020 spielte Israel durch Waffenlieferungen an Aserbaidschan eine entscheidende Rolle und unterstützte das Land somit im Konflikt mit Armenien. Aserbaidschan setzte im Krieg israelische Drohnen und andere militärische Ausrüstung ein, was maßgeblich zum Erfolg seiner Offensive beitrug. Teheran befürchtet schon lange, dass Israel seine Beziehungen zu Aserbaidschan für verdeckte oder offene Aktionen gegen den Iran benutzen könnte. Der Aufstieg Bakus zu einem entscheidenden Machtfaktor könnte Israel dazu dienen, den Iran an seiner Grenze unter Druck zu setzen – so, wie der Iran es in den vergangenen Jahren über den Libanon und Assad-Regime mit Israel getan hat.

In Washington unterzeichneten Alijew und Paschinjan zwar einen formellen Friedensvertrag, aber sie unterzeichneten ihn nicht. Wesentliche Hindernisse für die Unterzeichnung des Friedensabkommens sind Aserbaidschans Forderung nach einer Änderung der armenischen Verfassung sowie der Status einer Verkehrsverbindung zwischen Aserbaidschan und seiner Exklave Nachitschewan.

Der armenische Präsident Paschinjan ist unbeliebt: Nur 13 Prozent der Armenier geben an, ihm zu vertrauen. Nationalistische Kräfte, darunter der ehemalige Präsident Robert Kotscharjan, werfen ihm vor, die Souveränität Armeniens zu gefährden. Ein von Aserbaidschan gefordertes Referendum würde zu Spaltungen führen und Russland die Möglichkeit geben, in die Wahlen im nächsten Jahr einzugreifen. Im Juni erklärte die armenische Regierung, einen für September geplanten Putsch vereitelt zu haben. Auch der Iran wird alles daran setzen, um auf Armenien bei der Umsetzung des noch nicht unterschriebenen Abkommens einzuwirken.

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