Trump führt, EU bleibt trotzig

vor etwa 8 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Donald Trump hat die nächste Runde im Zollstreit eingeläutet. Sollte es bis zum 1. August zwischen den USA und der Europäischen Union keine Einigung für den gemeinsam Handel geben, werden Importe aus der EU mit einem Basiszoll von 30 Prozent belastet. Daneben gelten weiterhin sektorale Sonderzölle in Höhe von 25 Prozent für den Automobilsektor sowie 50 Prozent für Stahl- und Aluminiumimporte.

Trump fordert im Gegenzug zollfreien Zugang für US-Waren in die EU und kündigt weitergehende Zollschritte für den Fall an, dass Brüssel sich auf eine Eskalationsspirale einlässt und mit Gegenzöllen antwortet.

Es wäre ein Albtraum für die deutsche Wirtschaft, die von einer Zolleskalation besonders hart getroffen würde. Während der vergangenen 12 Monate wies sie einen Überschuss im US-Handel in Höhe von 68,8 Milliarden Euro aus. Die Krise frisst sich tief in die Eingeweide der deutschen Wirtschaft hinein. Gerade die deutschen Autobauer geraten in diesen Wochen zunehmend unter Druck. Zum einen kämpfen sie einen aussichtslosen Kampf gegen die Regulierungspolitik Brüssels, zum anderen lastet der US-Sonderzoll von 25 Prozent wie Blei auf dem Geschäft.

Das Analysehaus Bernstein errechnete zu Beginn des Handelsstreits einen drohenden kumulierten Verlust der drei Marktführer Volkswagen, BMW und Mercedes im Jahr in Höhe von 11 Milliarden Euro. Dies ginge einher mit einem Margenverlust von bis zu 2,2 Prozentpunkten. Im Durchschnitt verteuern sich in Deutschland produzierte Pkw auf dem US-Markt in diesem Szenario um etwa 10.000 Euro. Hinzu kommt die relative Stärke des Euro, die wie ein weiterer Zoll auf dem Exportgeschäft lastet.

Dreht sich die Eskalationsschraube weiter, wäre es das Aus für das US-Geschäft. Die Alternative: Produktionsverlagerung in die Vereinigten Staaten. Läuft es nicht sowieso darauf hinaus? Trumps Politik folgt dem Schema von Zuckerbrot und Peitsche: Auf der einen Seite schafft er betriebswirtschaftliche Fakten, indem er den Marktzugang für das Ausland verteuert. Auf der anderen Seite wird den Unternehmen der rote Teppich ausgerollt: Günstigere Unternehmenssteuern von 21 Prozent, deregulierte Energiemärkte mit Energiekosten, die zum Teil 75 Prozent unter den deutschen liegen, dazu der direkte Zugang zum weltgrößten Binnenmarkt – Brüssel flankiert mit seiner Regulierungsorgie die politische Agenda Washingtons wie ein geistig träger Wingman, der seinem Kontrapart unfreiwillig immer neue Partner zuführt.

Trumps Handeln wirkt in diesem Zollstreit bisweilen erratisch und planlos. Doch genau dies ist seine Stärke. Und es folgt klarem Kalkül. Trump durchbricht mit seiner Spontaneität die etablierten Reaktionsschemata der Gegenseite und wird zum unkalkulierbaren Faktor in diesem entscheidenden Konfliktfeld.

Selbst nach Monaten im Umgang mit Donald Trump ist es Brüssel nicht gelungen, die eigene Verhandlungsstrategie anzupassen. Diese folgt stur dem bekannten Muster: Brüssel definiert eine Maximalforderung, rückt während der Verhandlungen keinen Millimeter davon ab und beginnt mit der Sanktionierung der Gegenseite. Diese fatale Strategie können wir seit der Ukraine-Krise im Umgang mit Moskau studieren. Mit jeder Sanktionsrunde schoss sich Brüssel ökonomisch in den Fuß, um irgendwann auf dem Weg zum 18. Sanktionspaket die Pistole weiter oben angesetzt zu haben. Anders ist die vollkommene Ignoranz der wirtschaftlichen Realität nicht zu verstehen.

Die sture Verhandlungsposition Brüssels erklärt sich daraus, dass der EU-Protektionismus einen Großteil der Machtbasis bestimmt. 75 Prozent der Zolleinnahmen der Europäischen Union landen unmittelbar in der Kasse der EU-Kommission von Ursula von der Leyen. Die nichttarifäre Zollbarriere, bestehend aus Katalogen von Klimaregulierungen und Harmonisierungsregeln, schirmen die heimische Industrie vor hartem internationalen Wettbewerb ab.

Das ist die Wahrheit der europäischen Handelspolitik und es bedurfte des US-Präsidenten, diese endlich auf die politische Tagesordnung gesetzt zu haben.

Die EU ist kein Freihandelsraum. Sie ist ein passiv-aggressiver Spieler auf dem geoökonomischen Schachbrett, der, ähnlich wie China, nach merkantilistischen Prinzipien interne soziale Probleme über den Exportmechanismus externalisiert.

Nun stößt man damit an seine Grenzen. Mit der Einführung des US-Basiszolls von 10 Prozent stiegen auch die Zolleinnahmen der Amerikaner massiv an. Sie dürften derzeit im Monat bei 25-30 Milliarden US-Dollar liegen. Trump kann also auf Zeit spielen und die EU, während diese sich noch in der Trotzphase befindet und hofft, den Sturm an sich vorbeiziehen lassen zu können, weiter ausbluten lassen.

Trump hat verstanden, was Märkte und Politiker gleichermaßen irritiert: Ungewissheit. Doch was aus Sicht etablierter Handelsstaaten ein Albtraum ist, hat sich für die USA zur wirksamsten Waffe der Wirtschaftspolitik entwickelt – strategische Unberechenbarkeit. Kein Tweet, kein Deal, keine Drohung ist vorhersehbar. Und genau das ist der Punkt. Wir sind stets nur einen Tweet vom nächsten Schlag ins Kontor entfernt.

Statt Stabilität liefert Washington kalkuliertes Chaos. Zölle werden angekündigt – und zurückgenommen. Deals geschlossen – und aufgekündigt. Handelspartner verlieren das Vertrauen, Investoren zögern, Hersteller müssen umplanen. Das Ergebnis? Ein System globaler Desorientierung, in dem die USA ihren Binnenmarkt als letzten Hort der Stabilität offerieren.

Zölle sind in Trumps Welt kein reines Druckmittel – sie sind ein Hebel, um bestehende Lieferketten zu erschüttern. Trump hat erkannt: Die steigenden Planungskosten für andere Staaten sind geopolitisches Kapital.

Und er hält die besseren Karten auf der Hand. Nach der letzten Wachstumsschätzung der Atlanta Fed (GDPNow) wächst die US-Ökonomie gegenwärtig mit etwa 2,6 Prozent. Man hat die Steuersenkung durchgebracht und erste, tiefgehende Schritte zur Deregulierung des Energiesektors eingeleitet. Die hemmende Klima-Agenda, die im Doppelspiel mit der EU eingeführt wurde, gehört ebenfalls der Geschichte an.

Auch ist nichts zu sehen von einem zollbedingten Sprung der Inflation. Ganz im Gegenteil.

Ab Oktober wird es zudem interessant zu beobachten, wie sich die Neuverschuldung der USA entwickelt. Dann endet das Fiskaljahr und wir werden sehen, ob die ersten Schritte zur Haushaltskonsolidierung, die Entlassung von über 30.000 Staatsbediensteten, die deutlichen Kürzungen im Sozialbudget, die bereits im Mai erstmals zu einer Senkung von 7 Prozent der Sozialkosten beigetragen haben, das hohe Defizit von 6,2 Prozent zurückführen.

Gelingt Trump auch hier die Wende, geht der Medienmaschine in Europa buchstäblich die Luft aus. Ihre Arbeit bestand seit Monaten darin, von der Schuldenkrise Europas abzulenken, indem man immer wieder auf die Probleme Washingtons verwies.

Die Zollpolitik Trumps muss in einem Spannungsfeld unterschiedlicher Handlungsoptionen gelesen werden. Während EU-Europa seiner Industrie mit dem Green Deal buchstäblich den Krieg erklärte, verfolgen die USA nach ihrem Bruch mit der grünen Agenda unter Hochdruck das Ziel der Re-Industrialisierung des Landes. Trumps Nahostreise, die der Wirtschaft Billionen Dollar an Investitionen einbrachte, diente wie auch sein Zollangriff dem Zweck, die verkrusteten, merkantilistisch manipulierten Handelsstrukturen aufzubrechen und für klare Verhältnisse zu sorgen.

Gelingt es Trump, die USA nach dem Desaster der Regierung Biden/Harris als Hort ökonomischer Freiheit zu rehabilitieren, braucht es den unfreiwilligen Flankenschutz der Brüsseler Überregulierer gar nicht. Das Kapital folgt dem Leuchtturm des sicheren Hafens USA freiwillig auch aus größter Distanz.

Für die EU-Europäer spitzt sich derweil die Lage weiter zu. Mit jedem Tag, an dem die Amerikaner nicht zum Status quo ante zurückkehren (weshalb sollten sie auch?), verliert die Euro-Ökonomie zugunsten der USA an Substanz. Brüssel wird Zugeständnisse machen müssen, wenn es die sich schneller drehende Abwärtsspirale der Euro-Ökonomie wenigstens graduell bremsen will.

Gäbe Brüssel klein bei und verzichtete auf große Teile seines protektionistischen Mauerwerks, verlöre man jede handelspolitische Deckung. Es ist schwer vorstellbar, dass es Donald Trump gelingen wird, die Festung Europa vollständig zu stürmen und für Freihandel zu sorgen. Der Brüsseler Zentralkörper leitet seine Macht zu einem großen Teil aus der Fähigkeit ab, der Welt die eigenen Spielregeln aufzuoktroyieren. Der Europrotektionismus ist der Stützbalken, der diesen morschen Bau aufrecht hält. Möglicherweise steht schon bald die Probe seiner Statik auf dem Programm.

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