
Die US-Linke sehnt sich zurück an die Massenmobilisierung der „Resistance“-Linken aus der Zeit von Trumps erster Amtszeit. Das wird deutlich, wenn man sich die beiden Großveranstaltungen in Amerika dieses Wochenende anschaut. Einerseits war da die Parade der US Army, die ihr 250. Jubiläum feiert und von Trump-Kritikern als eine Art „Diktatorenshow“ dargestellt wurde, weil der 79. Geburtstag des Präsidenten ebenfalls auf diesen Tag fällt. Eine „düstere Geburtstagsparty“ (meint die Welt), wo womöglich die „Truppen des MAGA-Staates marschieren“ (fragt Spiegel).
Andererseits waren da die „No Kings“-Demonstrationen, mit denen US-Linke quer durchs Land hofften, sich etwas ebenjener Anti-Trump-Energie im eigenen Lager zurückzuholen, die verloren schien. Umfragen zeigten zuletzt ein Rekordtief der Stimmung an der Basis: So zeigte eine NBC-Umfrage im März etwa, dass nur 6 Prozent der Amerikaner die Demokraten „sehr positiv“ sahen, während dies 36 Prozent über Trump aussagen.
Das Motto der Demos, „Keine Könige“, soll nun suggerieren, dass der aktuelle US-Präsident dabei ist, das Land in eine Art Trump-Monarchie zu verwandeln. Wie realistisch das ist, darf man bezweifeln; vielerorts war eher die Ablehnung gegen die US-Abschiebebehörde ICE Hauptmotivation für linke Aktivisten – auch wenn man zwanghaft versuchte, andere Anzeichen für einen „König Trump“ zu finden.
Etwa die wenige Sekunden dauernde Festnahme von US-Senator Alex Padilla, der im Polo-Shirt lautschreiend eine Pressekonferenz von US-Heimatschutzministerin Kirsti Noem unterbrechen wollte, und dabei von Sicherheitsleuten aus dem Raum gedrängt wurde. Oder das Attentat auf zwei demokratische Politiker des lokalen Parlaments von Minnesota. Über die Motive des Schützen ist bisher wenig bekannt, nur dass die beiden Politiker auf einer von ihm erstellten Liste waren.
Ohne genauere Hintergründe abzuwarten, wird er bereits von vielen direkt als rechter Trump-Fan präsentiert. Dabei wurde er von Minnesotas demokratischem Gouverneur mehrfach als Mitglied eines dortigen „Workforce Development Board“ („Personalentwicklungsrat“) ernannt und hatte Schilder für eine „No Kings“-Demo bei sich – was sowohl für eine Anhängerschaft oder aber auch geplante Attacken darauf hindeuten kann. So oder so, hat Trump wie erwartet die Gewalt bereits aufs Schärfste verurteilt.
Bei der Süddeutschen Zeitung macht man für die bisherige Protestflaute von links dabei ein „militärisch geschürtes Klima der Angst“ verantwortlich, das viele Amerikaner davon abhalten würde, „ihren Unmut auf die Straßen zu tragen“. Dabei fand der US-Truppeneinsatz in Los Angeles, auf den das Ganze anspielen soll, erst statt, nachdem es dort zu schwersten gewaltsamen Unruhen kam – nicht aufgrund friedlicher Demos.
Nun hatten sich viele US-Linke die „No Kings“-Demos als riesige Protestwelle gegen eben jene angeblich martialische „Trump-Parade“ in Washington erhofft. Der Kontrast, den sich viele gewünscht hatten, fehlte dann aber: Denn mit Kim Jong-Uns Paraden, an die gleich viele dachten, hatte all das in Washington wenig zu tun. Es war eher ein historisches Schaulaufen der Army, um die es schließlich eigentlich ging – mit Uniformen und Ausrüstung aus allen möglichen Jahrhunderten: Von Kolonialzeit (als sie noch „Kontinentalarmee“ hieß), über Bürgerkrieg und Weltkriege bis hin zur Moderne.
Überhaupt: Ob man die Show in der Hauptstadt jetzt als furchterregende Machtdemonstration eines Möchtegern-Königs oder als eine absurde Clownshow darstellen wollte, darüber herrscht offenbar Dissens. Denn viele Journalisten witzelten zugleich über den vermeintlich niedrigen Zulauf der Parade, weil sich die Zuschauer sommerlich auf die breiten Wiesen Washingtons verteilten. Laut Behörden kamen dabei ca. 100.000 bis 200.000 Besucher in die Hauptstadt. Zum Vergleich: Der „NoKings“-Protest in Amerikas größter Metropole New York zog ca. 50.000 Demonstranten an.
Eine gefürchtete Regime-Show wie in Nordkorea, Russland oder China war Trumps Army-Parade am Ende jedenfalls nicht. Eher ein entspanntes Sommerereignis. Und genauso wenig dürfte Trump die medial hochgehypeten „No Kings“-Demos als große politische Bedrohung sehen.