
Oh ja, unsere freiheitliche Demokratie ist in Gefahr! Allerdings nicht durch „Hass und Hetze“, unbequeme Fakten, Regierungskritik oder das verfassungsrechtlich abgesicherte Wahlverhalten der deutschen Bevölkerung, sondern durch eine Regierung, die gewillt ist, jeden ihrer Kritiker, jeden Andersdenkenden und auch jeden harmlosen Spinner mit immer neuen Instrumenten digital und damit im offenen Meinungsdiskurs kaltzustellen.
Jüngste Idee für die lückenlose Überwachungshölle Deutschland sind jetzt die Truppen der neu installierten „Trusted Flagger“. Zu Deutsch: „vertrauenswürdige Hinweisgeber“. Denen will man die Kompetenz überreichen, den in Brüssel beschlossenen „Digital Services Act“, kurz DSA, umzusetzen, damit die Social-Media-Plattformen, auf denen sich Bürger frei in ihrer Meinung austauschen, endlich von illegalen Inhalten, aber auch vor „Hass & Hetze“ und natürlich von „Desinformation“ gereinigt werden. Nun waren illegale Inhalte schon vorher – wie der Name sagt – illegal und damit problemlos bei jeder Polizeibehörde anzeigbar. Ob etwas wirklich illegal ist, bewerten dann allerdings nicht eifrige Meinungsmelder, sondern Gerichte. Soweit die Theorie.
Der Digital Service Act ist eine EU Verordnung, die im Jahr 2022 verabschiedet wurde.
Das besondere Augenmerk gilt dem neuen staatlichen Bestreben, auch solche Meinungsäußerungen zu melden, zu erfassen und zu löschen, die zwar legal sind, aber von diesen „vertrauenswürdigen Hinweisgebern“ – ein viel schönerer Begriff als etwa „bezahlte Regierungsspitzel“ – als falsch oder als Hass oder Hetze eingestuft und damit als löschungswürdig betrachtet werden. Klar ist in diesem Kontext: Die einzigen, die auf die Vertrauenswürdigkeit der „Trusted Flaggers“ vertrauen können, sind ihre Auftraggeber in der Regierung.
Klaus Müller und Robert Habeck arbeiten bereits Jahre eng zusammen.
Der Chef der zuständigen Bundesnetzagentur, Klaus Müller, ein langjähriger Weggefährte des Grünen Robert Habeck, sagt, man tue das, damit der Bürger wieder „sicher“ und „fröhlich“ im Internet unterwegs sein könne. Nun wusste ich bislang nicht, dass die Absicherung meines persönlichen Gemütszustandes bei Nutzung digitaler Datenwege inzwischen ein Regierungsauftrag ist. Die Sicherung der allabendlichen Nachhausewege von Frauen in Bussen und Bahnen wäre in meinen Augen zudem ein weit dringenderer Auftrag an die Staatsgewalt, als die Frage, ob man mich vor legalen Inhalten im Netz beschützen müsste, die ich mit einem Mausklick wegschalten kann, was mit dem Herrn Talahon in der Sitzreihe hinter mir weniger gut klappt.
„Wer die Musik bezahlt, bestimmt, was gespielt wird“, sagt ein altes deutsches Sprichwort. Das Tor zur Zensur wird also gerade im Namen der Fröhlichkeit und Sicherheit geöffnet und die neue Tonlage des Internets soll ab sofort von regierungstreuen Denunziantenstellen bestimmt werden. Das wirft nicht nur zahlreiche verfahrenstechnische und gesellschaftliche, sondern auch verfassungsrechtliche Fragen auf. Es verbieten sich Vergleiche mit einer etwaigen DDR 2.0, denn das wäre untertrieben. Die „Trusted Flaggers“ der Stasi hatten damals weit weniger technische Hilfsmittel und Optionen zur Hand als wir heute im Jahr 2024 auch mithilfe von KI-Tools. Erich Honecker würde eher weinen vor Freude, hätte er bereits damals die Instrumente bei der Hand gehabt, die man heute nutzen kann, um Menschen öffentlich kaltzustellen.
Es lohnt immer, sich die Dinge an einem konkreten Thema vorzunehmen. Wie viel kritische Corona-Berichterstattung hätte es via Social Media in der Coronazeit noch gegeben, hätte der Staat während der Lockdowns und den massivsten Freiheitseinschränkungen der Bürger, die es seit Gründung der Bundesrepublik gegeben hat, bereits seine „Trusted Flaggers“ als Sturmtruppen gegen die Meinungsfreiheit in Stellung gehabt? Jede Kritik an freiheitseinschränkenden Maßnahmen, an den Impfungen, der Impfpflicht, an der Regierung, aber auch jede wissenschaftlich fundierte Meinung abseits des Expertenrates der Regierung, abseits des RKI oder jede Meinung, die nicht den täglichen Auslassungen des Gesundheitsministers entsprach, wäre damals sicher als Desinformation gelöscht worden. Andere Zensurmechanismen und staatliche Druckinstrumente waren schließlich schon damals aktiv, jetzt kämen nur weitere hinzu. Damals waren bereits bei Youtube nur noch Informationen zum Thema Corona zugelassen, die offiziell der Position der WHO entsprachen, alles andere galt als „Fakenews“, also Desinformation.
Marc Zuckerberg bereut mittlerweile, sich dem Druck der Biden Administration gebeugt zu haben.
Erst vor wenigen Wochen hat Facebook-Gründer Marc Zuckerberg öffentlich zugegeben, dass die amerikanische Regierung Facebook sowohl während der Coronazeit als auch im vergangenen Präsidentschaftswahlkampf unter Druck setzte. Bestimmte, sprich unerwünschte, Meinungen und Informationen sollten auf Zuckersbergs digitalen Plattformen unterdrückt werden. Und er hat mitgemacht.
Auch demokratische Staaten sind immer versucht, ins Totalitäre zu kippen, deswegen sind die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien und das Verteidigen der Freiheitsrechte der Verfassung eine andauernde Aufgabe. Wenn Regierungen beginnen, sich Instrumente zur Unterdrückung von Verfassungsrechten zu basteln, ist bereits Alarmstufe Rot.
Ist es nicht bereits genug, dass dies Land mit immer neuen Meldestellen zu angeblichen Delikten „unterhalb der Strafbarkeitsgrenze“ zugepflastert wird, die unter Verwendung von Steuergeldern dazu aufrufen, die eigenen Mitbürger zu denunzieren, sollten sie sich zwar legal, aber aus Sicht ihrer Kritiker „antiziganistisch“, „antifeministisch“, „transphob“, „LGBT-feindlich“ oder „islamophob“ äußern?
Nancy Faeser und Thomas Haldenwang bei der Vorstellung des Verfassungschutzberichts 2023.
Ist es nicht bereits genug, dass sich der deutsche Verfassungsschutz unter Innenministerin Nancy Faeser und Amtschef Thomas Haldenwang mit der „verfassungsrelevanten Delegitimierung des Staates“ einen frei erfundenen und juristisch nicht definierten Tatbestand geschaffen haben, um die Beobachtung unbescholtener Bürger einleiten zu können, die sich nicht dem links-grünen Mainstream unterwerfen und diese Regierung für die schlimmste Heimsuchung des Landes seit Ende des Zweiten Weltkrieges halten?
Als sei das alles in der Tat nicht bereits genug, werden jetzt mit Steuergeldern finanziert Organisationen wie der erste zertifizierte „Trusted Flagger“ namens „Respect“ beauftragt, um eine Zensur im Internet vorzunehmen, die laut Artikel 5 des Grundgesetzes verfassungsrechtlich verboten ist. Deswegen muss man es ja auch anders nennen, also etwa „Schutz vor Desinformation“ oder „Schutz von Hass und Hetze“. Wie nett. An der Spitze von „REspect“ sitzt zudem mit Ahmed Gaafar ein Islamgelehrter, der an der berüchtigtsten Islamisten-Universität Al-Azhar in Kairo studiert hat, die gemeinhin als Brutstätte des sunnitischen Islamismus gilt. Der dort amtierende Direktor ist der Großimam Ahmad Al-Tayyib, der völlig offene Kontakte zu Hamas-Führern unterhält, die ihm genauso öffentlich auch mal für seine gute Arbeit danken – und genau mit diesem Mann posierte der „vertrauenswürdige Hinweisgeber“ Gaafar nun bis vor wenigen Tagen noch stolz auf seinem Social-Media-Profilbild.
Ahmed Haykel Gaafar mit Großimam Ahmad Al-Tayyib.
Inzwischen hat er durch die kritische Berichterstattung seine Seiten vom Netz genommen. Er wird wissen, warum. Man nenne mich kleinlich, aber ich halte einen Mann, der im Internet mit einem Lehrmeister der Hamas-Terroristen posiert nicht für vertrauenswürdig, über die Grenzen der Meinungsfreiheit der Deutschen zu urteilen und auch nicht darüber, was noch Islamkritik oder bereits „Islamophobie“ sei. Viel schlimmer ist die Frage: Wie kann so jemand überhaupt durch eine deutsche Behörde als vertrauenswürdig zertifiziert werden, man muss inhaltliche Absicht unterstellen. Hier wird der Bock zum Gärtner gemacht.
Wie viele und welche weiteren Organisationen diesen Status und Auftrag bekommen und welches Gesamtbudget an Steuergeldern dafür ausgegeben werden sollen, ist noch nicht bekannt. Genauso wenig wie die genaue Verfahrensweise und die Frage, wie damit die verfassungsrechtlich abgesicherte Meinungs- und Äußerungsfreiheit der Bürger weiter garantiert werden.
Bereits wenige Tage nach Ankündigung der neuen Kontrollinstanzen werfen die bekannt gewordenen Fakten massive verfassungsrechtliche Bedenken auf. Sagte Müller anfangs selbst, dank der „Trusted Flagger“ sollen Inhalte „sehr schnell und ohne bürokratische Hürde entfernt werden“ und dass die Plattformen gesetzlich verpflichtet seien, „Meldungen von Trusted Flaggern prioritär zu behandeln und unverzüglich Maßnahmen“ wie „die Löschung der Inhalte zu ergreifen“, rudert er nun in scharfem Wind zurück. Selbstverständlich hätten immer noch deutsche Gerichte das letzte Wort. Glaubwürdig ist das auch deswegen nicht, weil gerade bekannt wurde, dass noch eine weitere Zwischeninstanz als eine Art „Streitbeilegungsstelle“ angerufen werden muss, wenn man als Nutzer nicht mit der Löschung einverstanden ist, der „Trusted Flagger“ aber Facebook und Co. „empfohlen“ hat, den Beitrag zu löschen.
Dafür wiederum ist bereits im August dieses Jahres die „User Rights GmbH“ ebenfalls von der Bundesnetzagentur nach ihren eigenen Qualitätskriterien zertifiziert worden. Dort an der Spitze stehen unter anderem ein Klima-Aktivist, der als Jurist im Klima-Verein „German Zero“ arbeitete und ein ebenfalls SPD- und Grünen-Naher, der sich begeistert zeigt, wie sehr Renate Künast die Digitalpolitik gestaltet habe, „insbesondere im Bereich Hass und Hetze.“ Neutral sieht anders aus.
All das passiert zudem in einem gesetzlich nicht geregelten, vorjuristischen und damit willkürlichen Raum, in dem der Bürger nicht auf rechtsstaatliche Regelungen und Rechte zurückgreifen kann. Der Staat baut sich gerade ein System von abhängigen und beauftragten, willigen Erledigern, die ihnen die Drecksarbeit abnehmen und ihnen helfen, jene Kritiker digital kaltzustellen, denen man mit anderen Mitteln nicht beikommt. Gleichzeitig wäscht man sich die Hände rein, denn schließlich betreibe man ja selbst keine Zensur. Richtig, man lässt es andere tun.
Der Mechanismus ist verfassungsrechtlich bedenkliche, wie inzwischen zahlreiche Rechtsexperten bemängeln, hebelt er doch genaugenommen das Zensurverbot aus Art. 5 Grundgesetz aus. Dieser Artikel benennt ein klares Abwehrrecht gegen den Staat. Was faktisch stattfindet, ist ein Outsourcing der Zensur, wenn der Staat etwas, das er selbst nicht tun darf an private Unternehmen als Auftrag vergibt und diese dafür auch noch wie einen Subunternehmer bezahlt. Wo wäre hier die Grenze zu ziehen zwischen einem staatlichen Beamten und einem staatlichen Auftragsempfänger, der sogar vom Staat zertifiziert ist und nach dessen genauen Kriterien arbeiten muss?
Abseits dieses massiven Eingriffs in die Meinungsfreiheit der Bürger stellt sich also verwaltungsrechtlich die Frage, ob die „Trusted Flagger“ aber auch die Schlichtungsstellen wie „User Rights GmbH“ in Wahrheit in dem Moment ihrer direkten Beauftragung selbst zur Behörde werden, damit wäre ihr Tun aber laut Art. 5 Grundgesetz verboten, denn dann würde ja staatliche Zensur stattfinden. Ihr ganzes Handeln müsste als Behörde unter die engen Vorschriften des Verwaltungsrechts fallen, anstatt sich in einem rechtsfreien Raum zu bewegen. Es wird wahrscheinlich noch Verwaltungsgerichte beschäftigen oder gar das Bundesverfassungsgericht, warum eigentlich – wie in jedem verwaltungsrechtlichen Lehrbuch nachzulesen – ein Gemeindeschornsteinfeger als privatrechtlich geregelter Handwerker in dem Moment laut § 1 Abs. 4 VwVfG (Verwaltungsverfahrensgesetz) zur Behörde wird, indem er von der Gemeinde den Auftrag erhält, die Sicherheit von Heizungen zu prüfen, und warum ein „Trusted Flagger“ nicht genauso zur staatlichen Zensurbehörde werden sollte, sobald er vom freundlichen Herrn Müller genau dafür zertifiziert und bezahlt wird.
Die Zuständigkeit der Bundesnetzagentur im Wirtschaftsministerium zur Bewertung und Regulierung der politischen Meinungsäußerung der freien Bürger ist alleine schon fraglich, aber gut, im Familienministerium hat das Programm „Demokratie Leben!“ schließlich auch nichts zu suchen, denn der „Kampf gegen Rechts“ ist nicht Thema der Familienpolitik oder Frauenpolitik, sondern gehört ins Ressort der Innenpolitik. Deswegen ist etwa auch die Bundeszentrale für politische Bildung ja nicht im Schulministerium, sondern im Innenministerium angesiedelt. Es ist in Mode gekommen, sachfremde Themen in die eigenen Ressorts einzugliedern und mit Budgets auszustatten, wenn der Koalitionspartner leider das zuständige Ressort besetzt hält.
Manuela Schwesig und Thomas De Maziere beim Demokratiekongress im Jahr 2016.
So hatte SPD-Frau Manuela Schwesig einst „Demokratie Leben!“ an Innenminister Thomas de Maizière (CDU) vorbei in ihrem Familienministerium erfunden, um eine Spielwiese und ein Budget im Kampf gegen den politischen Gegner unter Eigenregie zu führen. Im Innenministerium von Nancy Faeser käme der Bürger derzeit mit seiner Meinungsfreiheit auch nur vom Regen in die Traufe, aber zumindest würde er aus dem zuständigen Ressort bedrängt. Und so haben sich auch Wirtschaftsminister Robert Habeck und der ihm weisungsgebundene Klaus Müller in der „Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen“ einfach eine Zuständigkeit für die Regulierung von Meinungsfreiheit selbst eingerichtet. Man gönnt sich ja sonst nichts. Offenbar ist man dort mit dem Ruin der Gasversorgung, der Strompreise und des Schienennetzes noch nicht ausgelastet, da muss man auch an die Meinungsströme der Bürger noch ran.
Die Aufsicht über die Umsetzung des DSA liegt nun formal gar nicht in der Hand von Wirtschaftsminister Habeck, sondern in der Hand des Digitalministeriums von FDP-Mann Volker Wissing, was inhaltlich auch mehr Sinn ergibt. Dieser kümmert sich so intensiv um die Einhaltung der Rechte seiner Bürger im digitalen Raum, dass er sich erst auf mediale Nachfrage irritiert zeigt, dass unter seiner Aufsicht der Absolvent einer Islamisten-Universität der erste „vertrauenswürdige Berichterstatter“ Deutschlands sein soll. Die Partei, die sich in früheren Zeiten durch die Verteidigung der Freiheit und der Bürgerrechte einen Namen machte, hat sich bereits zum Sterben hingelegt. Der liberale Patient ist tot. Der Bürger wird sich seine Rechte schon selbst wiederholen müssen – im Zweifel bei der nächsten Bundestagswahl.