
Nordrhein-Westfalen geht bei der Kriminalstatistik neue Wege: Künftig weist die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) zusätzlich zu „deutsch“ auch zweite oder weitere Staatsangehörigkeiten von ermittelten Tatverdächtigen und Opfern aus. Bislang wurden Personen mit deutschem Pass – selbst bei einer weiteren Staatsangehörigkeit – ausschließlich als „deutsch“ klassifiziert. NRW geht damit bundesweit einen Sonderweg, berichtet die Rheinische Post.
Die erste interne Auswertung für 2024 macht die häufigsten Kombinationen sichtbar: An der Spitze stehen türkisch-deutsche Tatverdächtige (10.307), gefolgt von deutsch-polnischen (6652), deutsch-russischen (3484), deutsch-marokkanischen (3125) und deutsch-syrischen (2185). Insgesamt war nahezu jeder zehnte Tatverdächtige in NRW mit einer zweiten Staatsangehörigkeit registriert (52.614). Unter den Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit verfügte etwa jeder sechste über einen weiteren Pass (49.825).
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) verteidigte die Umstellung: „Wenn wir nicht alle Staatsangehörigkeiten erfassen, tappen wir im Dunkeln. Wer die Realität sehen will, muss sie auch messen. Darum müssen wir Mehrfachstaatsangehörigkeiten künftig in der Kriminalstatistik berücksichtigen.“ „Nur so können wir die Dinge beim Namen nennen und unsere Polizei in die Lage versetzen, Gefahren frühzeitig zu erkennen und Straftaten wirksam zu bekämpfen“, fügte er hinzu.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU)
Rein ausländische Tatverdächtige werden weiterhin als ausschließlich ausländisch erfasst. Die Statistik deutscher Tatverdächtiger bleibt bestehen, erhält jedoch den Zusatz zum Anteil der Doppel- bzw. Mehrfachstaatler. Nach bundesweiten Richtlinien wird an das Bundeskriminalamt weiterhin nur eine Staatsangehörigkeit übermittelt (bei Deutschen die deutsche).
Das Innenministerium von NRW verweist zudem auf kriminalistische Gründe: Eine Identität sei erst vollständig, wenn alle Staatsangehörigkeiten bekannt seien. Mehrfachidentitäten – sei es absichtlich herbeigeführt oder durch unterschiedliche Registrierungen entstanden – erschwerten die Zusammenführung sicherheitsrelevanter Informationen; mehrere Pässe könnten außerdem Hinweise auf Fluchtgefahr liefern. Ein entsprechender Erlass sei an die Kreispolizeibehörden gegangen.
Eine ergänzende Auswertung des Landeskriminalamts zeigt für 2024: Nichtdeutsche Tatverdächtige sind gemessen am Bevölkerungsanteil weiterhin überrepräsentiert – 35,6 Prozent Anteil an allen Tatverdächtigen bei 16,1 Prozent Bevölkerungsanteil (Stichtag 31.12.2023).
Technisch möglich wird die erweiterte Erfassung durch das neue Polizeisystem „Viva“, das beliebig viele Staatsangehörigkeiten zu Tatverdächtigen, Geschädigten oder Zeugen hinterlegen kann.
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