
Man sollte jetzt nicht so tun, als ob die Bundesregierung immer restlos offen mit ihren Umsiedlungsplänen (englisch Resettlement) gewesen wäre. Allein die Vielzahl der Programme, die dann bald der einen (Ampel), bald der anderen (Merkel) Regierung zugewiesen werden und zuweisbar sind, machen den Durchblick für den Bürger schwer bis unmöglich: Ortskräfte hier, angeblich extrem „verletzliche Personen“ (z.B. Frauen) da, Familienverbände, die nach Pakistan geschmuggelt und von staatsnahen „NGOs“ mit falschen Papieren ausgestattet werden zum dritten. Es war und ist ein Wirrwarr, von dem auch Johann Wadephul noch profitieren kann, indem er einfach behauptet, die Zusagen zu den jetzt geplanten Einreisen aus Afghanistan seien ja der Vorgängerregierung der bunten Ampelkoalition geschuldet – bestimmt nicht der eigenen Regierung von Merkel, Scholz und Seehofer, die aber als erste ordentlich vorlegte und wohl auch den Bärenanteil der gut 36.000 Afghanen nach Deutschland einflog und zuallererst den Ortskräftebegriff verfälschte, indem sie 20.000 Personen allein über diese Kategorie importierte.
In Großbritannien ist nun ein ähnlicher Schwindel ans Licht gekommen. Noch etwas dreister inszeniert vielleicht, aber im Grunde nichts anderes. Der Staatssekretär im Verteidigungsministerium John Healy sagte dieser Tage im Unterhaus: „Keine Regierung möchte Informationen von der britischen Öffentlichkeit fernhalten.“ Noch so ein Niemand-will-Satz. Aber tatsächlich wollten zwei Regierungen in Folge genau das tun. Und auch Healy stellt den erschreckenden Transparenzmangel sowohl gegenüber dem Parlament als auch gegenüber den Bürgern heraus.
Ein Datenleck brachte es ans Licht. Die Namen und Kontaktdetails von fast 19.000 Afghanen, die von der Regierung ins Land eingeflogen wurden, wurden so öffentlich. 2022 waren schon einmal Daten aus dem Programm versehentlich geleakt worden. Kurz darauf verschaffte sich das konservativ geführte Verteidigungsministerium Erleichterung durch eine „super-injunction“, eine „diskret zu behandelnde Verfügung“ des Staates, die alle weiteren Veröffentlichungen zu dem Programm blockierte. Gut ist zu wissen, dass es so etwas geben kann, vielleicht auch in der Bundesrepublik. Keir Starmer ließ mitteilen, dass er den Gebrauch einer Geheimhaltungsverfügung auch für die Zukunft nicht ausschließt.
In dieser Zeit überführten verschiedene Regierungen – Tories ebenso wie Labour – Afghanen ohne jede Kenntnis der Öffentlichkeit nach Großbritannien. So kamen 900 afghanische Soldaten auf die Insel zusammen mit 3.600 Angehörigen. Allein das kostete den britischen Staat 400 Millionen Pfund. Man muss sich das einmal vorstellen: Der britische Staat importiert Soldaten aus einem zutiefst von der Scharia und religiösem Eiferertum geprägten Land, um sie im eigenen Land fest anzusiedeln. Und man kann nur hoffen, dass nicht die gesamten 19.000 Namen zu afghanischen Soldaten gehören, wie man auch vereinzelt in der Presse lesen konnte (etwa beim sonst gut informierten Telegraph).
Neben diesen 4.500 Personen wurden zusätzlich über 30.000 Afghanen seit dem Sturz der Taliban mutwillig auf die Insel geholt. Insgesamt kommt man auf die 36.000, die auch in Deutschland das Maß der Dinge waren, das Maß des bis hierhin Machbaren. Die zu schätzenden Gesamtkosten lägen dann offenbar bei mehreren Milliarden Pfund. Und noch 600 Zusagen sind schon vergeben, die nicht anders als von Wadephul auch auf der Insel „respektiert“ werden sollen. Zum Vergleich: In Deutschland lagen die Kosten für das Bundesaufnahmeprogramm in der letzten Legislaturperiode bei ungefähr 25 Millionen Euro. https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/regierungspressekonferenz-2702386 Noch mehr als 1000 warten in Pakistan auf ihre Visa und einen Flug. Wadephul will den Zusagen seiner Vorgängerin Folge leisten.
Und nun kommen die Klagen der vom Datenleck betroffenen Afghanen gegen den britischen Staat dazu. 1000 Fälle sind schon in den Händen kundiger Kanzleien. Auch das muss man sich vergegenwärtigen: Die westlichen Staatsgebilde sehen heute überall nur Schuld und Schulden: Sie meinen Menschen aus Afghanistan einführen zu müssen. Und nach einem Datenleck in Betreff dieser Afghanen wächst ihre Verpflichtung nochmals. Das könnte des britischen Steuerzahler eine weitere Milliarde kosten.
Die Datenpanne sei eine „frische Erinnerung“ daran, dass Großbritannien Afghanistan im Stich gelassen hat (abandoned), und werde „schwierige Emotionen erregen“, sagte der ehemalige Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, Tobias Ellwood (CP), laut Telegraph. Tatsächlich ist sie eher eine frische Erinnerung daran, dass Politiker das Wohl des eigenen Landes nicht zuvörderst im Auge haben und im Nachhinein versuchen, davon durch wohlfeile Moralisierung abzulenken. Für die Moralisierer vom Dienst (ohne Zweifel mit eigenen Geschäftsinteressen) von Amnesty International ist das Datenleck „ein weiterer Fehlschlag in einer langen Reihe gebrochener Versprechen“ gegenüber den Afghanen, das heißt „Menschen, denen Großbritannien Schutz schuldet“. So habe sich die britische Regierung „geweigert, afghanische Spezialkräfte zu schützen“, ihre „Familien umgehend wieder zusammenzuführen“ und nun sogar das Programm „verfrüht“ beendet. Man kann es nicht anders sagen: Dieser Westen ist so etwas von fertig.
Die Geheimhaltung wird indes auch von der Labour-Regierung weitergetrieben, immer aus Angst und Vorsicht vor dem Beelzebub „soziale Medien“, die von Sozialdemokraten international so gefürchtet werden wie kaum etwas anderes. Das Verteidigungsministerium empfiehlt den Afghanen im Land, auf Nachfragen zu dem Thema von „unbekannten Kontakten“ nicht zu antworten: „Schränken Sie ein, wer Ihre Social-Media-Profile sehen kann, und nehmen Sie keine Freundschafts- oder Follow-Anfragen von Personen an, die Sie nicht kennen und denen Sie nicht vertrauen. Sie können auch in Erwägung ziehen, Ihr Social-Media-Konto zu schließen, wenn Sie verdächtige Aktivitäten vermuten.“ Die Sache soll unter Verschluss bleiben.
Die ganze, ungeteilte Aufmerksamkeit der politischen Klasse liegt damit immer noch bei den Afghanen, deren Einreise an Parlament und Volk vorbei geplant und durchgeführt wurde. Sie sollen nun geschützt werden, auch vor der Empörung der Briten, gleich ob gerecht oder nicht.