
Britischer Humor ist bekannt für seine Drastik – die ihrerseits in geradezu komischem Kontrast steht zur ebenso berühmten Distanziertheit des stereotypen Angelsachsen. Wachsen konnte ein derart furcht- und respektloser Witz nur auf dem Boden einer Gesellschaft, in der die freie Rede blüht.
Doch Großbritannien, Land der Magna Charta, das sich selbst als Wiege bürgerlicher Freiheiten versteht, hat sich in kürzester Zeit von seinen liberalen und libertären Werten verabschiedet und ist kaum noch wiederzuerkennen.
Nun sorgt die Verhaftung des irischen Drehbuchautors Graham Linehan für Empörung. Er ist Schöpfer der ikonischen Comedy-Figur Father Ted – ein schrulliger anglikanischer Geistlicher, der, in typisch britischer Situationskomik, von einem Fettnäpfchen ins nächste stapft.
Linehan ist kompromissloser Gegner des Transaktivismus. Auf der Social-Media-Plattform X machte er polemisch und ohne Umschweife deutlich, was er von Männern in Frauenkleidern und -räumen hält: Nichts.
Damit zog er offensichtlich das Missfallen der Staatsgewalt auf sich: Fünf bewaffnete Beamte warteten am 1. September am Flughafen London Heathrow auf Linehan, der aufgrund dreier Wortmeldungen auf X festgenommen und verhört wurde. Mittlerweile ist er wieder auf freiem Fuß, allerdings unter der Auflage, dass er keine Posts auf X absetzen dürfe.
„Ich wurde wie ein Terrorist am Flughafen festgenommen, wie ein Krimineller in eine Zelle gesperrt“, so Linehan auf seinem Substack-Account. „Mir wurde verboten, mich online zu äußern – alles nur, weil ich Witze gemacht habe, die einige psychotische Transvestiten verärgert haben. Für mich beweist das zweifelsfrei eines: Großbritannien ist zu einem Land geworden, das der Meinungsfreiheit feindlich gegenübersteht, Frauen feindlich gegenübersteht und den Forderungen gewalttätiger, arroganter, missbräuchlicher Männer viel zu sehr entgegenkommt.“
Ob Anklage erhoben wird, ist noch unklar, es bestehe „suspicion of inciting violence“, d.h. Verdacht darauf, er habe durch seine Äußerungen in den Sozialen Medien zu Gewalt aufgewiegelt. Ohnehin muss er sich am 4. September vor Gericht verantworten, wegen ähnlicher Vorwürfe, die sich auf seine Aktivitäten in den Sozialen Medien beziehen.
Linehan reiht sich damit ein in eine ganze Riege von Menschen, an denen ein Exempel statuiert werden soll, um nicht nur wortgewandte und vorwitzige Kritiker der in Europa propagierten Ideologien mundtot zu machen, sondern die gesamte Bevölkerung einzuschüchtern, und eine Atmosphäre zu schaffen, in der Menschen Selbstzensur üben, um nicht ins Visier der Strafverfolgungsbehörden zu geraten.
Niemand ist verpflichtet, seine Mitmenschen zu mögen – auch wenn Linehans Äußerungen über Transaktivisten und Transsexuelle im Einzelnen geschmacklos oder derb sein sollten: Es gehört zu einer freiheitlichen Gesellschaft, auch unangenehm und unhöflich auffallen zu dürfen.
Selbst wenn sich die Anschuldigungen am Ende in Luft auflösen sollten, es zu einem Freispruch oder gar nicht erst zu einem Verfahren käme: Der Schaden ist angerichtet, und das nicht nur im weiteren Sinne: Gleich von der Polizeiwache aus wurde Linehan ins Krankenhaus gebracht – die Verhaftung und der damit einhergehende Stress hatten zu gefährlich erhöhtem Blutdruck geführt. Auch ganz konkret also hat diese Form der Schikane ernste Konsequenzen für die Betroffenen.
Dabei sticht nicht nur ins Auge, dass hier Menschen für die Ausübung ihrer Grundrechte belangt werden, sondern auch ein Sachverhalt, den Linehan ebenfalls anspricht: „Als ich in Heathrow aus dem Flugzeug stieg, warteten fünf bewaffnete Polizisten auf mich. Nicht einer, nicht zwei – fünf. Sie brachten mich in einen separaten Bereich und sagten mir, ich sei wegen dreier Tweets verhaftet. In einem Land, in dem Pädophile ihrer Strafe entgehen, in dem Messerstechereien außer Kontrolle geraten sind, in dem Frauen jedes Mal angegriffen und belästigt werden, wenn sie sich versammeln, um zu sprechen, hatte der Staat fünf bewaffnete Beamte mobilisiert, um einen Comedy-Autor wegen dieses Tweets zu verhaften“, so Linehan.
Er bringt damit das Befremden darüber zum Ausdruck, dass der Staat offenbar äußerst effizient durchgreifen kann, wenn er will, während an anderer Stelle schwerste Verbrechen nicht oder nur unzureichend verfolgt, oder gar von denselben Behörden vertuscht werden.
Eine Diskrepanz und offensichtliche Ungerechtigkeit, die all jene Lügen straft, die Vorfälle wie diesen bagatellisieren: Die Abschaffung der Meinungsfreiheit in Europa schreitet voran. Es trifft nicht jeden, aber es kann jeden treffen, und genau das ist der Punkt. An dieser Stelle können wir uns keiner Illusion mehr hingeben.