
Anlässlich des Weltflüchtlingstages forderte der Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge, Filippo Grandi, Deutschland und weitere Staaten auf, den Wiederaufbau Syriens zu finanzieren. Ohne zusätzliche finanzielle Mittel drohe das Vorhaben, Flüchtlingen eine Rückkehr in ihre Heimat zu ermöglichen, zu scheitern, argumentierte Grandi im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Syrien leidet, so der Kommissar, bis heute unter den Folgen des jahrzehntelangen Bürgerkrieges, auch nach dem Fall des Assad-Regimes. Die Lage im Land bleibt angespannt. Grundlegende Versorgungseinrichtungen wie Strom, Wasser, Bildung und Gesundheitsversorgung sind in vielen Regionen nicht vorhanden. Auch Arbeitsplätze fehlen. Eine dauerhafte Rückkehr ist unter diesen Umständen kaum realistisch.
Daher warnte Grandi bei der Forderung nach der schnellen Rückführung von Syrern, auch in Deutschland, vor übereilten Maßnahmen. Millionen Menschen sind zuvor aus dem Land geflohen und leben derzeit in Europa. Ende Dezember 2024 lebten in Deutschland etwa 975.000 syrische Staatsangehörige. Diese Zahl bezieht sich ausschließlich auf Personen mit syrischem Pass. Inklusive derjenigen mit deutschem Pass und syrischer Herkunft wird die Gesamtzahl erheblich größer, nämlich rund 1,28 Millionen Menschen mit syrischem Migrationshintergrund.
„Wenn der Wiederaufbau Syriens noch weitere sechs Monate oder gar ein Jahr warten muss, dann ist eine Chance verpasst“, erklärte Grandi. Bereits zurückgekehrte Menschen könnten „das Vertrauen verlieren und dahin zurückkehren, wo sie sicher waren und ein stabiles Leben hatten“.
Grandi will kommende Woche nach Berlin reisen, um die Bundesregierung zu einem stärkeren Engagement zu bewegen. Nach seiner Einschätzung müssten drei zentrale Schritte erfolgen, um die Rückkehr syrischer Flüchtlinge erfolgreich zu gestalten: Zunächst sei eine umfassende humanitäre Unterstützung in Syrien notwendig, etwa durch Lebensmittel, Bargeldhilfen und medizinische Versorgung. Zweitens müssten Investitionen in Infrastruktur und wirtschaftliche Entwicklung folgen. Drittens sollten bestimmte Sanktionen aufgehoben werden, um dem privaten Sektor eine Erholung zu ermöglichen.
Scharfe Kritik äußerte der UNHCR-Chef zudem an der Kürzung internationaler Hilfen. Besonders die Vereinigten Staaten und andere Geberländer hätten ihre Beiträge zur Entwicklungszusammenarbeit zuletzt deutlich reduziert.