Und wenn nichts hilft, sind nur die Wähler zu dumm

vor etwa 3 Stunden

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Bildquelle: Apollo News

Nur knapp ein Drittel der Deutschen ist zufrieden mit der Bundesregierung von Friedrich Merz. Nach weniger als einem halben Jahr im Amt sind die Zufriedenheitswerte längst unter Ampel-Niveau abgestürzt. Der Bundeskanzler liefert dafür jetzt seine Erklärung: „Die Sachentscheidungen sind richtig, aber unsere Außendarstellung ist noch verbesserungsbedürftig“, erklärte er dem Parteisender CDU-TV.

Soll heißen: Falsch gemacht hat meine Regierung nichts – die Wähler haben es nur noch nicht richtig verstanden. Einziger eigener Fehler? Den Wählern die Vorzüge der eigenen Politiker nicht richtig erklärt zu haben. Wenn sie die nur verstehen würden, wäre die Regierung auch beliebt.

Die Argumentation erinnert längst an die der Grünen nach ihrer Niederlage bei der letzten Bundestagswahl. So meinte Habeck damals: „Angebot war top, die Nachfrage fehlte“ – mit anderen Worten: Selbst nichts falsch gemacht, nur die Wähler haben es nicht verstanden.

Genau diese Linie fährt Merz jetzt auch. Etwa bei der Stromsteuer: „In der Sache ist es richtig, aber nicht gut kommuniziert“, meint er bei CDU-TV. Oder seine Entscheidung, ein Waffenembargo gegen Israel zu verhängen: Da hätte man „Diskussionen früher führen müssen“, er habe jedoch „schnell entscheiden“ müssen. Dennoch bereut Merz es, „Fraktion, Partei, Öffentlichkeit“ nicht „besser informiert“ zu haben.

Auch hier kommt vom Bundeskanzler wieder das gleiche Framing: Richtige Kanzler-Entscheidung, nur eine Vorabinfo an die Parteigremien hat gefehlt. Damit dreht er den gesamten Kern des Streits um: Schließlich ging es in der Frage gar nicht darum, wer wann „informiert“ wurde, sondern um eine 180-Grad-Wende in der Israelpolitik von Regierung und Union, die der Kanzler eben nicht nur eigenmächtig kommunizierte, sondern vor allem alleine (mit SPD-Vizekanzler Klingbeil) beschloss.

Nach Monaten, in denen er als Oppositionsführer der Ampel genau dafür – nämlich einem faktischen und unausgesprochenen Waffenembargo gegen den jüdischen Staat – attackierte und sich im Wahlkampf als Israelfreund präsentierte, legte er dann eine völlige Kehrtwende hin. Das war es, was unter Unionsanhängern für massive Empörung sorgte.

Für Merz ist die Kritik in der Sache aber unverständlich, er hätte es vielleicht nur besser erklären können, denkt er. Aber überhaupt: Er stand ja unter Zeitdruck, redet sich der Bundeskanzler ein. Das verrät auch viel über das Selbstbild von Merz: Er als Staatsmann, der in einer unsicheren Welt schnell und entschlossen wichtige geopolitische Entscheidungen fällt, die der einfache Wähler ja nicht so einfach verstehen kann.

Heraus kommt dann etwa: Ein „queeres Archiv“, das in Berlin mit den Milliarden von „Infrastruktur“-Neuschulden finanziert wird (Apollo News berichtete), die Merz in einem Kuhhandel mit der SPD und Grünen durchgewunken hatte.

Denn sein Schuldenbremse-Rückzieher folgt genau dem gleichen Muster: Lange trat er als Wahlkämpfer gegen neue Schulden auf, dann legte er auch da kurz nach der Wahl eine 180-Grad-Wende ein. Vermeintlicher Grund: Er als Staatsmann ist mit einer völlig neuen Sicherheitslage konfrontiert. Dabei tobte der Krieg in der Ukraine schon seit Jahren und Trumps erneute Wahl lag Monate zurück.

Dennoch willigte er den Milliarden-Wünschen von SPD und Co. ein und peitschte die entsprechende Grundgesetzänderung noch durch den abgewählten Bundestag. Nicht ohne Grund ist das bei den Wählern als blanker Verrat angekommen. So eine Entscheidung kann man nicht schönreden.

Zu wenig Schönreden ist aber am Ende der einzige Fehler, den Merz in seiner bisherigen Bilanz als Regierungschef sieht. Normalerweise kommen solche Ausflüchte erst nach einer Wahlniederlage – Beispiel Habeck – aber Merz legt sie jetzt schon kurz nach Amtsantritt im Interview mit dem eigenen Parteisender auf. Ein Gespräch, in das er übrigens sichtlich genervt hineinstolzierte – obwohl er dort erwartungsgemäß kaum kritische Fragen über sich ergehen lassen musste.

Dennoch: Genervt – ganz offenbar davon, dass immer mehr Wähler, gerade seine bisherigen Unionswähler, bei ihm nicht den starken Staatsmann, sondern den Wortbrecher sehen, der sich von der SPD treiben lässt. Und die Umfaller seiner Basis dann als staatstragende Kanzler-Entscheidungen verkauft. Das kommt nicht an.

Aber Schuld daran kann in den Augen des Kanzlers eben nicht seine Politik sein. Sondern lästige Wähler, die das nicht verstehen und eine „verbesserungsbedürftige“ Regierungs-PR.

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