Union sei auf „demagogische Informationen reingefallen“, sagt ein Politikexperte im heute journal

vor 3 Tagen

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Die Bundestagsabgeordneten der Union könnten in der Debatte um die Personalie Frauke Brosius-Gersdorf auf „demagogische Informationen reingefallen“ sein. Diese Vermutung äußerte der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte am Dienstagabend im heute journal des ZDF. „Dann könnte man mit Aufklärung, mit Informationen, Gesprächen diese Leute überzeugen, dass es nicht so ist“, erklärte Korte weiter. Würde sich die Union fähig zeigen, „gegen Demagogie vorzugehen“, könnten vermeintliche Missverständnisse ausgeräumt werden, so der Politikwissenschaftler.

Brosius-Gersdorf sollte am vergangenen Freitag zur Bundesverfassungsrichterin gewählt werden, vorgeschlagen wurde sie von der SPD. Infolge von zahlreichen Medienberichten über von der Juristin verfasste gesundheitspolitische Abwägungen über eine aus der Verfassung abgeleitete Impfpflicht in der Corona-Pandemie und Erörterungen über die nicht vorhandene Menschenwürde bei ungeborenen Föten war in der Unionsfraktion allerdings Widerstand gegen die Personalie laut geworden.

Korte skizzierte in der ZDF-Sendung zwei Interpretationen dieses Aufstands gegen Brosius-Gersdorf. Einerseits könnte ein „Kulturkampf“ zwischen verschiedenen Lagern in der Union ausgebrochen sein, infolgedessen sich ein Teil durch „demagogische Informationen“ täuschen ließ. Das führte er auch darauf zurück, dass „irgendwelche Leute etwas veröffentlichten und sich das verselbstständigt“ hat.

Andererseits könnte es sich bei dem Widerstand in der Union auch um ein kalkuliertes Aufbegehren gegen die Fraktionsführung handeln, meinte Korte. Ein solches Verhalten gab es bereits in der Vergangenheit, beispielsweise bei der Wahl von Friedrich Merz zum Bundeskanzler im Mai, als Teile der Koalition von SPD und Union im ersten Durchgang nicht für den CDU-Vorsitzenden stimmten und so erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik ein zweiter Durchgang für die Kanzlerwahl notwendig war.

Ein solches gezieltes Aufbegehren könnte jetzt auch stattgefunden haben, erklärte Korte, um zu zeigen: „Von unten lernt man den neuen Chef in der Regel an“ und „wir fühlten uns nicht mitgenommen“. Der neue Fraktionsvorsitzende der Union im Bundestag, Jens Spahn, war vor der für den 11. Juli geplanten Verfassungsrichterwahl wie auch Bundeskanzler Merz nicht auf die Bedenken in der eigenen Fraktion eingegangen, beide hatten bis kurz vor der Wahl an der Personalie festgehalten.

Doch in der Union gab es breiten Widerstand, zahlreiche Abgeordnete wollten dem Vorsitzenden nicht ohne Weiteres folgen (mehr dazu hier) – auch, weil die von Brosius-Gersdorf in der Vergangenheit erörterten Punkte gegen christdemokratische Grundsätze verstoßen. Nachdem der Widerstand offensichtlich geworden war, ließ die SPD die Verfassungsrichterwahl von der Tagesordnung nehmen, Spahns Ansehen schwand in der Folge (mehr dazu hier).

In einer am Dienstag veröffentlichten Forsa-Umfrage halten nur noch 18 Prozent der Befragten den CDU-Politiker für geeignet, den Fraktionsvorsitz der Union im Bundestag auszuüben. 68 Prozent sprechen ihm sogar explizit die Fähigkeiten als Fraktionschef ab, auch 66 Prozent der Unionswähler halten Spahn für ungeeignet.

Neben der möglichen Kritik an Spahn könnte das Manöver der Unionsfraktion auch eine „Retourkutsche zur SPD“ sein, erklärte Korte im heute journal weiter. Möglicherweise seien die Christdemokraten von der „Kleinpartei SPD“ überfordert worden, so der Politikwissenschaftler. Tatsächlich hatte die SPD, die bei der Bundestagswahl mit 16,4 Prozent historisch schlecht abgeschnitten hatte, in den Sondierungs- und Koalitionsgesprächen weite Teile der Verhandlungen mit den eigenen Programmpunkten dominiert und der Union weitgehende Zugeständnisse abverlangt.

Das ablehnende Verhalten der Unions-Abgeordneten könnte also auch ein Seitenhieb in Richtung der SPD sein, meinte Korte. Für das weitere Verfahren – die SPD möchte noch im August erneut über den Verfassungsrichter-Posten abstimmen lassen – merkte der Politikwissenschaftler dann noch an, dass eine Kandidatur in einer solchen Situation im Normalfall zurückgezogen wird. Aber: Dafür könnte die SPD einen hohen Preis fordern, etwa den Anspruch auf das Amt des Bundespräsidenten, so Korte.

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