Unterschätzt: J.D. Vance und die neue Generation der Republikaner

vor 7 Monaten

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Bildquelle: Apollo News

Als Dienstagnacht die Lichter ausgingen und Kamala Harris‘ „Running Mate“ Tim Walz nach der Debatte der US-Vizepräsidentschaftskandidaten die Bühne verließ, dämmerte es ihm und vielen anderen in seiner Partei wohl so langsam: Trumps Vize J.D. Vance hatte man kritisch unterschätzt. Der Republikaner wurde von vielen, auch in Deutschland, als eine Art komischer („weird“) Trump-Jünger dargestellt. Die Demokraten um Vizepräsidentin Kamala Harris machten „weird“ zum politischen Schlagwort. Unterdessen würde das Duo Harris/Walz Freude („Joy“) verbreiten, hieß es.

In der Debatte war es dann aber auf einmal Walz, der ins Straucheln kam, während J.D. Vance souverän und ausdrucksstark sowohl gegnerisch gesinnte Moderatoren als auch Walz ins Visier nahm. Die Moderatoren vom Fernsehsender CBS versuchten Vance immer wieder Fallen zu stellen, beispielsweise als sie fragten, ob Vance, ähnlich wie Trump, illegal eingewanderte Kinder von ihren Eltern trennen würde. Zu Trumps Präsidentschaft war die Schauererzählung von den „Kids in Cages“ (zu Deutsch: Kinder in Käfigen) ein Lieblingsthema der Demokraten. Dabei hatten solche drastischen Maßnahmen schon unter dem demokratischen Präsidenten Barack Obama Anwendung gefunden – und hatten ihren Ursprung in Gerichtsurteilen zur Unterbringung von Migrantenkindern.

Ein Politiker des Typs Donald Trump hätte auf die Frage vielleicht etwas plump reagiert, etwas von den Kriminellen aus Mexiko geredet, die Kinder über die Grenze schmuggeln, weshalb eine solche Politik nur logisch wäre. Freilich hat so etwas auch einen Effekt. Trump schafft es immer wieder, seine Vorschläge einfach, verständlich und auch unterhaltsam herüberzubringen. Doch J.D. Vance ging an diesem Abend deutlich durchdachter vor. Er drehte den Spieß um und nahm sich Harris und Walz vor.

Er erklärte, wieso die von ihm und Trump propagierte strenge Grenzpolitik nötig sei. Dabei ging er auch auf seine persönliche Lebensgeschichte ein. Seine Mutter war jahrelang drogenabhängig. So etwas würde er niemandem wünschen, deshalb müsse man die Drogen-Epidemie, die durch die offene Südgrenze der USA verursacht würde, stoppen. Dabei sei es Harris’ Politik der offenen Grenzen, durch die Tausende von Kindern vermisst werden würden. Oftmals würden sie entführt und zum Drogenschmuggel oder zur Prostitution gezwungen. Das sei die echte Familientrennung.

Auch an anderer Stelle, wo es um Migration ging, ließ Vance sich nicht von den Moderatoren vorführen. Denn bei dieser Debatte nutzte man erneut sogenannte Faktenchecks, um vermeintlich die Echtheit der von den Kandidaten aufgeführten Fakten zu überprüfen. Als es um haitianische Migranten in Springfield in Vances Heimatstaat Ohio ging, bezeichnete Vance diese als „illegale Einwanderer“. Die Moderatoren intervenierten, und erklärten, dass es sich bei diesen Einwanderern um legale Fälle handle.

Doch Vance ließ diese Erklärung nicht auf sich sitzen: Es handele sich sehr wohl um illegale Einwanderer, sie hätten nur im Nachhinein, dank der Politik von Präsident Joe Biden und Harris, einen legalen Aufenthaltsstatus über eine App erhalten, erklärte er dem Publikum. So wandelte Vance einen Angriff gegen ihn in einen Konter gegen die Demokraten um.

Im Verlauf der Debatte gelang Vance das immer wieder. Mal ließ er seinen Konkurrenten Walz überraschend aufschauen, nachdem er ihm zuerst zugestimmt hatte, um dann Harris etwas vorzuwerfen. Mal stahl er Walz während seiner Redezeit die Show, als er mit einem vielsagenden Blick direkt in die Kamera schaute. Vance schien den Moderatoren und Walz immer einen Schritt voraus zu sein und war auf alle Umstände vorbereitet.

Am Ende der Debatte in New York war klar: Das war ein eindeutiger Sieg für den Republikaner Vance. Selbst eher linke Medien wie die New York Times mussten das zugeben. Manche versuchten es sich nur noch irgendwie schönzureden:

Politico kritisierte beispielsweise in den sozialen Netzwerken Vances Bart. Dieser würde antifeministische Positionen signalisieren. Gleichzeitig lobte man Walz’ immer wieder auffällig wit aufgerissene, verzweifelte, Augen. Das würde signalisieren, wie emotional betroffen Walz während der Debatte gewesen sei. Selbst Politico musste aber trotz allem zugeben, dass Vance der klare Gewinner war.

Vance wurde von vielen, auch aus dem konservativen Lager, kritisch gesehen, als er Mitte Juli von Trump zum Vizepräsidentschaftskandidaten auserkoren wurde. Er schien nicht gerade die charismatische Stimmungskanone des Typs Donald Trump zu sein. Doch mittlerweile steigt Vance zunehmend zum obersten Repräsentanten einer neuen Generation republikanischer Politiker auf.

Diese Generation poltert weniger, schafft es aber, wenn es darauf ankommt, messerscharfe Argumente gegen klassische demokratische Kandidaten, wie eben Tim Walz, zu finden. Dieser Typ Politiker wurden erst in der Trump-Ära der Republikaner groß – und teilt auch zu einem großen Teil seine Positionen, das gilt ganz besonders für Vance. Gleichzeitig gehört er aber nicht zu den eher abgedreht-schrillen MAGA-Figuren wie Marjorie Taylor Greene, Kari Lake und Co., die eher durch Halbwissen und skurrile Aussagen auffallen.

Zu der neuen Republikaner-Generation gehören neben Vance Personen wie der Gouverneure Ron DeSantis und Glenn Youngkin. DeSantis konnte während der für die Republikaner schwierigen Zwischenwahlen 2018 überraschend die knappe Gouverneurswahl im damaligen Swing State Florida für sich entscheiden. Innerhalb von vier Jahren transformierte er den Bundesstaat durch seriöse konservative Politik, insbesondere während der Corona-Zeit, von einem sonst immer knappen Swing State in ein republikanisches Bollwerk. 2022 wurde er in einem Erdrutschsieg wiedergewählt. Während seiner Präsidentschaftskandidatur 2024 unterlag er allerdings Trump, auch weil niemand außer dem ehemaligen Präsidenten die republikanischen Stammwähler so mitreißen kann.

Dennoch sind es Politiker wie Vance und DeSantis, die die Zukunft der republikanischen Partei bestimmen werden: Sie stehen nicht für die alte Republikaner-Politik vor Trump, sondern ähnlich wie Trump für einen kompromisslosen Politikansatz. Anders als er, schaffen sie es aber, das mit einem disziplinierten und kompetenten Auftreten zu verknüpfen, dass nun mal einfach nicht zu Trump passt. Sie sind die Post-Trump-Republikaner – das weiß auch Trump selbst, der Vance grade ganz offenbar zu seinem Erben auserkoren hat.

Wie Vance jetzt bewiesen hat, wurde er von der Gegenseite, den Demokraten von Joe Biden und Kamala Harris, massiv unterschätzt. Sie kannten zuletzt nur zwei Typen von Republikanern: Die „netten“ Republikaner à la Mitt Romney, John McCain oder Jeb Bush und Trump, der eine völlig eigene Sprache spricht – den man, mal mit mehr und mal mit weniger Erfolg, von den eigentlichen Themen zu unwichtigen und absurden Nebenschauplätzen ablenken kann.

Die Generation, der Vance angehört, macht bei diesen Spielchen aber nicht mit: Weder lässt er Moderatoren einseitige Parteinahme durchgehen, noch beteiligt er sich an absurden Übertreibungen wie Trump mitunter. Er bleibt eiskalt bei seiner Linie und hämmert auf seinen Gegner ein. Vielen Demokraten ist nun klar: Bei diesem Typus Republikaner müssen sie sich warm anziehen, keines der bisherigen Schemas funktioniert hier.

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