
Eigentlich wollte Karl Lauterbach die elektronische Patientenakte (ePA) für jeden Patienten im Februar einführen, der nicht ausdrücklich widersprochen hatte. Doch eine Analyse des Chaos Computer Clubs (CCC) über erhebliche Sicherheitsmängel machte dem bundesweiten Start im Dezember einen Strich durch die Rechnung.
Jetzt musste das Bundesgesundheitsministerium den Start des umstrittenen Prestigeprojekts von Lauterbach erneut verschieben. Nachdem der CCC Sicherheitslücken festgestellt hatte (Apollo News berichtete), versprach Lauterbach, die ePA erst veröffentlichen zu wollen, „wenn alle Hackerangriffe, auch des CCC, technisch unmöglich gemacht worden sind.“ Zunächst peilte das Ministerium dafür den April an – doch auch daraus wird offenbar nichts.
Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, hält die Einführung im kommenden Monat für unrealistisch. Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland teilte Gassen mit, er gehe nicht davon aus, „dass die ePA im April bundesweit einsatzbereit sein wird.“
Grund dafür sind einerseits fehlende Software-Anwendungen in beteiligten Praxen – in den Modellregionen Franken, Hamburg und Nordrhein-Westfalen haben etwa die Hälfte der Praxen noch keine Software erhalten. Andererseits „müssen natürlich alle Sicherheitslücken geschlossen“ werden. Bevor der Bundesdatenschutzbeauftragte kein grünes Licht gebe, „kann und darf es keine verpflichtende Einführung geben“.
Obwohl Lauterbach „das zwar noch gern vor einem Regierungswechsel selbst verkünden“ wolle, sei eine Einführung im Frühjahr also unrealistisch. Für den Gesundheitsminister, für den die ePA neben der Krankenhausreform eines der zwei großen Aushängeschilder war, ist das eine bittere Nachricht. Dabei wurde die ePA, die bereits seit 2021 beantragt werden kann, schon vor der Analyse des CCC kritisiert.
In der digitalen Akte sollen alle möglichen Diagnosen, Arztbriefe, Rezepte und Ähnliches speicherbar sein, wobei die Patienten entscheiden können, was von wem einsehbar ist. Trotz der Zweifel an der Ausgereiftheit dieses Systems hatte kurz vor der geplanten Einführung der ePA lediglich ein niedriger einstelliger Prozentsatz der in Deutschland gesetzlich Versicherten der Erstellung widersprochen.
Das wiederum kann auch daran liegen, dass es bereits bei den Ankündigungsschreiben der großen Krankenkassen zur ePA zu Ungereimtheiten und intransparenten Darstellungen kam. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) analysierte die Informationsschreiben von 14 Krankenkassen im Dezember und kam zu dem Schluss: Über die Risiken, die Funktionsweise, aber auch die Sicherheit der ePA wurde nicht genügend oder nur unklar aufgeklärt (Apollo News berichtete).