
Am 14. Mai 2025 wird der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein Urteil fällen, das wie ein Donnerschlag durch die gläsernen Hallen Brüssels schallen wird. Es geht um die Textnachrichten, die Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, mit Pfizer-Chef Albert Bourla während der milliardenschweren Impfstoffverhandlungen 2021 austauschte. Die New York Times hatte geklagt, um diese Nachrichten ans Licht zu zwingen – und alles deutet darauf hin, dass das Gericht die Offenlegung anordnen wird. Das wäre ein Triumph für die Transparenz und ein Schlag gegen die Geheimniskrämerei. Doch was bedeutet das für von der Leyen, für die EU und für uns Bürger?
Im Frühjahr 2021, als sich die Welt im Würgegriff der Coronamaßnahmen wiederfand, verhandelte von der Leyen persönlich mit Bourla über den Kauf von bis zu 1,8 Milliarden Impfstoffdosen. Ein Geschäft, das die Kassen Pfizers mit schätzungsweise 35 Milliarden Euro füllte – finanziert von den Mitgliedstaaten und somit auch von uns Steuerzahlern.
Die New York Times berichtete, dass diese Verhandlungen teils per SMS geführt wurden, doch als die Zeitung in diese Einsicht forderte, zog die Kommission die Mauer hoch: Textnachrichten seien keine „offiziellen Dokumente“, sondern flüchtige Notizen, unwichtig, irrelevant. Ein Argument, das keines ist.
Zur Wahrheit gehört: Diese Nachrichten sind kein banaler Smalltalk. Sie könnten aufdecken, wie Entscheidungen über Milliardenbeträge getroffen wurden, ob Interessenkonflikte bestanden und ob die Pharmaindustrie die Kommission in der Hand hatte. Dass von der Leyen und ihre Getreuen diese Nachrichten mit solcher Vehemenz schützen, spricht Bände.
Das Gericht der europäischen Union hat bereits klare Zeichen gesetzt. Im Juli 2024 stellte es fest, dass die Kommission den Zugang zu den Impfstoffverträgen zu Unrecht für die Bürger beschränkt hatte – ein Präzedenzfall, der wie ein Leuchtfeuer auf die morgige Entscheidung vorausweist. Die Richter in Luxemburg wissen, dass die Bürger ein Recht auf Einsicht haben, wenn es um die größten öffentlichen Ausgaben in der Geschichte der EU geht. Die Argumente der Kommission – Privatsphäre, bürokratische Haarspalterei – sind fadenscheinig gegen das überwältigende öffentliche Interesse. Mit hoher Wahrscheinlichkeit und zum Wohle der Transparenz wird morgen der EuGH die Offenlegung der Textnachrichten anordnen. Der Schleier, hinter dem von der Leyen ihre Verhandlungen verbarg, wird fallen.
Für Ursula von der Leyen wird dieses Urteil ein Desaster werden. Ihre zweite Amtszeit, gerade erst begonnen, wankt unter dem Gewicht ihrer eigenen Geheimnisse. Schon jetzt wird sie für ihre Nähe zur Pharmaindustrie, ihre zentralisierte Machtfülle und ihre undurchsichtige Führung kritisiert. Wenn die Nachrichten veröffentlicht werden – und sei es in zensierter Form – könnten sie Enthüllungen bringen, die ihre Glaubwürdigkeit endgültig zerstören. Ein Satz, eine Formulierung, die auf ungebührliche Nähe zu Pfizer hinweist, würde genügen, um die Rufe nach ihrem Rücktritt ohrenbetäubend laut werden zu lassen.
Doch der Fall reicht tiefer. Er legt das Versagen einer ganzen Institution bloß. Die Kommission, oft als abgehoben und elitär gescholten, hat sich erneut als Hort der Intransparenz erwiesen. Dass man lieber vor Gericht zieht, als die Wahrheit zu offenbaren, zeigt, wie weit sich die EU-Kommission von den Bürgern entfernt hat, die sie angeblich vertritt. Dieses Urteil wird ein Weckruf sein: EU-Beamte können nicht länger im Schatten operieren, während sie über unser Geld und unsere Zukunft entscheiden.
Und doch, inmitten der Trümmer von von der Leyens Verteidigungslinien, keimt Hoffnung. Die Entscheidung des EuGH könnte ein Wendepunkt sein – ein Schritt hin zu einer EU, die ihre Bürger nicht als lästige Bittsteller, sondern als Souverän behandelt. Transparenz ist kein Luxus, sondern die Grundlage jeder Demokratie. Wenn die Textnachrichten ans Licht kommen, werden sie vielleicht nicht nur von der Leyens Machenschaften beleuchten, sondern auch einen Präzedenzfall schaffen: Kein Beamter, egal wie mächtig, steht über der Rechenschaft.
Natürlich wird die Kommission nicht kampflos aufgeben. Sie wird die Veröffentlichung verzögern, schwärzen, obstruieren oder wegen erfolgter Löschung als unmöglich darstellen. Doch der Damm ist gebrochen. Die Bürger, die Medien, die Gerichte – sie alle fordern Antworten. Pfizergate ist mehr als ein Skandal; es ist ein Mahnmal für die Arroganz der Macht und ein Aufruf, diese Macht zu zähmen.
Morgen wird der EuGH ein Zeichen setzen. Die Textnachrichten werden offengelegt und die Wahrheit wird Stück für Stück ans Licht kommen. Für von der Leyen mag dies das Ende einer Ära der Unantastbarkeit sein. Für uns, die Bürger Europas, ist es der Anfang eines Kampfes: für Ehrlichkeit, für Offenheit, für eine EU, die uns gehört.
Dr. Friedrich Pürner, MdEP