US-China-Gipfel in Schweden: Warum verschiebt Trump Handelskrieg mit China?

vor etwa 12 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Nach dem Deal zwischen den USA und der EU im Zollstreit, bei dem die EU umfangreiche Zugeständnisse gegenüber der Trump-Regierung machen musste, um Zölle in Höhe von 30 Prozent auf EU-Güter abzuwenden, haben sich diese Woche Delegationen aus China und den USA zur dritten Gesprächsrunde in Schweden getroffen, um bilaterale Zollverhandlungen fortzusetzen.

Hintergrund der Gespräche ist der im April von US-Präsident Donald Trump ausgelöste Handelskonflikt. Damals verhängte er Strafzölle gegen Peking und zahlreiche weitere Staaten. China reagierte mit Gegenzöllen, woraufhin Washington seine Maßnahmen nochmals verschärfte. Zeitweise erreichten die gegenseitigen Zollaufschläge über 100 Prozent. Mitte Mai einigten sich beide Seiten auf eine vorläufige Entspannung: Die Strafzölle wurden zunächst für 90 Tage deutlich gesenkt.

Das Ziel der neuen Verhandlungsrunde in Schweden ist die Verlängerung des bestehenden neunzigtägigen „Waffenstillstands“ im Handelskonflikt. Ohne Einigung könnten bereits Mitte August neue Strafzölle in dreistelliger Höhe in Kraft treten – mit weitreichenden Folgen für globale Lieferketten. Finanzminister Scott Bessent und der chinesische Vizepremier He Lifeng eröffneten am Montag in Stockholm die neue Verhandlungsrunde.

Die EU ist zwar wirtschaftlich stark, politisch jedoch ein Zwerg und militärisch nicht schlagkräftig. Darauf setzte Trump und presste der EU große Zugeständnisse am Wochenende ab. China ist jedoch eine aufstrebende Weltmacht und Trump weiß, dass er sich gegenüber den Chinesen – anders als gegenüber den Europäern – nicht mit der Drohung von „Monsterzöllen“ durchsetzen kann. Die EU war nicht geschlossen genug, um Trump wie China Zölle entgegensetzen zu können. In diesem Konflikt glich die EU eher einem Zusammenschluss von 27 Zwergen als einer europäischen Macht.

Hinzu kommt, dass Europa angesichts seiner Abhängigkeit in der Sicherheitspolitik kaum in der Lage ist, den USA mit Gegenmaßnahmen zu drohen. Trump hat dies eiskalt erkannt und auf Basis der „America first“-Politik ausgenutzt. Den Europäern fehlt zudem das Drohpotenzial, über das China mit seiner Kontrolle über kritische Rohstoffe verfügt. Die Regierung unter Präsident Trump hielt sich vor allem mit harten Maßnahmen gegen China zurück, nachdem Peking im Mai den Export von Seltenen Erden in die USA gedrosselt hatte und damit seine Dominanz in dieser Branche als Druckmittel gegen Washington einsetzte. Insofern versuchte Trump in den vergangenen Wochen, die Chinesen zu umschmeicheln.

Vor den Handelsgesprächen zwischen den USA und China hatte US-Präsident Donald Trump die geplanten Exportkontrollen für Hochtechnologieprodukte nach China vorerst ausgesetzt. Laut einem Bericht der Financial Times sollte damit verhindert werden, dass die Verhandlungen in Stockholm gefährdet werden. Mit Trumps Verordnung darf KI-Chip-Riese Nvidia wieder H20-Grafikprozessorchips nach China liefern. Nvidia hatte die H20-Chips speziell für China entwickelt, um die strengen Verkaufsauflagen des früheren US-Präsidenten Joe Biden zu umgehen. Anfang des Jahres stand Trump kurz davor, Technologieexporte nach China einzuschränken. Im April teilte seine Regierung Nvidia mit, dass sie den Export des für den chinesischen Markt entwickelten H20-Chips blockieren und damit die Politik von Joe Biden fortsetzen werde. Doch nach direkter Lobbyarbeit von Nvidia-Chef Jensen Huang änderte Trump nun seinen Kurs.

Die Entscheidung stößt bei Sicherheitsexperten und ehemaligen Regierungsbeamten auf scharfe Kritik. In einem offenen Brief an Handelsminister Howard Lutnick warnen mehr als 20 ehemalige Regierungsmitglieder, darunter Trumps ehemaliger Sicherheitsberater Matt Pottinger und der frühere Technikexperte des Nationalen Sicherheitsrats (NSC) David Feith, vor einem strategischen Fehler. Der H20 sei leistungsfähiger als bisherige Chips im Bereich der „Inferenz“, also der Ausführung von KI-Funktionen, und könne in autonomen Waffensystemen oder Überwachungstechnologien verwendet werden. Steve Bannon, ehemaliger Stratege im Weißen Haus unter der ersten Trump-Regierung, bezeichnete den Verkauf von H2O an China als großen Fehler. Nvidia weist die Vorwürfe zurück. Der Konzern betont, der H20 diene ausschließlich zivilen Zwecken und sei Teil eines „verantwortungsvollen Exportplans“, durch den die technologische Führungsrolle der USA gestärkt werde.

Im Zuge des Gipfeltreffens in Stockholm verweigerte die US-Regierung dem taiwanesischen Präsidenten Lai Ching-te die Genehmigung für eine Weiterreise durch New York und Dallas. Bei solchen inoffiziellen Besuchen treffen sich taiwanesische Präsidenten manchmal mit amerikanischen Politikern. Trump will aber ein mögliches Handelsgipfeltreffen mit Xi Jinping, das später in diesem Jahr stattfinden soll, nicht gefährden.

Der Weg zu diesem Treffen wird in Schweden geebnet, wo sich chinesische und amerikanische Beamte trafen. Die Entscheidung des Weißen Hauses wird die Bedenken der Taiwan-Lobbyisten in Washington verstärken. Sie befürchten, dass Trump im Zuge seines Drängens auf ein Gipfeltreffen mit Präsident Xi Jinping eine nachgebende Haltung gegenüber China einnehmen könnte. China lehnt Besuche taiwanesischer Staatschefs in den USA ab, da das Land keine offiziellen diplomatischen Beziehungen zu Taipeh unterhält. Im Jahr 2023 erlaubte die Regierung unter Präsident Joe Biden der damaligen Präsidentin Tsai Ing-wen jedoch einen Zwischenstopp in New York auf ihrer Reise nach Belize und Guatemala.

Die Gespräche in der schwedischen Hauptstadt werden zwar keinen Durchbruch bringen, sie könnten aber eine weitere Eskalation verhindern und dazu beitragen, die Voraussetzungen für ein Treffen zwischen Trump und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping im weiteren Jahresverlauf zu schaffen.

Bei früheren Handelsgesprächen zwischen den USA und China im Mai und Juni in Genf und London ging es darum, die von den USA und China verhängten Vergeltungszölle in Höhe von mehreren hundert Prozent zu senken und den von China gestoppten Export von Seltenerdmineralien sowie von Nvidia H20-KI-Chips und anderen Gütern wiederherzustellen. Der Konflikt zwischen den USA und China ist aber schon lange mehr als nur ein Streit um Zölle. Im Kern geht es um geopolitische Vorherrschaft und technologische Souveränität. Trump versucht, den Aufstieg Chinas als Weltmacht durch Zollverhandlungen zu bremsen oder zumindest zu verlangsamen.

Bisher wurden in den bilateralen Gesprächen zwischen China und USA keine umfassenderen wirtschaftlichen Fragen behandelt. Dazu gehören die Beschwerden der USA, dass das staatlich gelenkte, exportorientierte Modell Chinas die Weltmärkte mit Billigprodukten überschwemmt, sowie Pekings Vorwürfe, dass die US-Exportkontrollen für Technologiegüter im Interesse der nationalen Sicherheit das chinesische Wachstum bremsen sollen. Es gelang bisher Trump, einige andere Handelspartner – darunter Japan, Vietnam und die Philippinen – zu Abkommen zu bewegen, in denen sie sich zu höheren US-Zöllen von 15 bis 20 Prozent bereit erklärten. Beobachter gehen jedoch davon aus, dass die Verhandlungen zwischen den USA und China weitaus komplexer sein und mehr Zeit in Anspruch nehmen werden. Chinas Einfluss auf den Weltmarkt für Seltene Erden und Magnete, die in vielen Bereichen – von militärischer Ausrüstung bis hin zu Scheibenwischermotoren – zum Einsatz kommen, hat sich als wirksamer Hebel erwiesen.

Während die USA die Halbleiterindustrie dominieren, ist China bei der Produktion wichtiger Rohstoffe für diese Industrie führend. Ein Handelskrieg mit China ist unvermeidlich. Trump versucht jedoch nach der gescheiterten Zollpolitik im April gegenüber China, erst einmal Zeit zu gewinnen. Er will zunächst die weltweiten Lieferketten diversifizieren, um Chinas Dominanz zu brechen.

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