
Der Verfassungsschutz unterstellt der AfD unter anderem Menschenfeindlichkeit. Die Partei würde Migranten pauschal abwerten und ihnen ihre Fluchtgründe absprechen, wenn von einer Einwanderung in die Sozialsysteme die Rede ist. Das ist unter anderem dem Kapitel zu „Fremden- und minderheitenfeindlichen Aussagen und Positionen“ der Partei zu entnehmen.
Zwar sieht der Verfassungsschutz an einer Stelle auch ein, dass „die polemisch vorgebrachte Kritik an einer vermeintlichen Ausnutzung und deshalb zu befürchtenden Überforderung des Sozialsystems entfaltet dabei noch keine verfassungsschutzrechtliche Relevanz“ aufweist. Doch die Grenze sei überschritten, wenn Migranten „in ihrer Gesamtheit verunglimpft und mithin erheblich abgewertet werden“.
Die gesammelten Aussagen werten laut der Interpretation des Verfassungsschutzes Migranten in Gänze ab. Um das zu belegen, geht die Behörde teilweise über die bloße Dokumentation von Aussagen hinaus und erläutert, wie sie Aussagen von AfD-Mitgliedern versteht.
So wird in dem Unterpunkt „Vorwurf einer aktiven missbräuchlichen Inanspruchnahme von Sozialleistungen“ beispielsweise argumentiert, dass der Vorwurf, Migranten würden in das deutsche Sozialsystem einwandern, „Neid und Ablehnung hervorrufen“ soll. Bei wem und warum das so sein soll, lässt die Behörde offen.
Dafür erklärt der Inlandsgeheimdienst, Migranten würden „menschenwürdewidrig“ pauschal als „Sozialmigranten“ abgewertet, was dazu führe, dass „diese Personengruppe in Gänze als ausnehmende Belastung“ dargestellt werde. Für diese Feststellungen führt der Verfassungsschutz Beiträge von AfD-Politikern und Parteikörperschaften an.
Im AfD-Mitgliedermagazin „AfD kompakt“ wurde am 5. September 2023 geschrieben, dass mit der Erhöhung des Bürgergeldes auch die Leistungen für Asylbewerber zum Januar 2024 um zwölf Prozent steigen werden. „Deutlicher hätte man die Einladung zur massenhaften Einwanderung in die Sozialsysteme kaum aussprechen können. Gleichzeitig werden unsere Rentner mit Armutsrenten abgespeist, unsere Straßen und Schulen dem Verfall preisgegeben und unsere Arbeitnehmer mit Inflation und CO2-Besteuerung in die Verarmung getrieben“, heißt es weiter.
Dazu schreibt der Verfassungsschutz: „Flüchtlingen wird pauschal ihr Fluchtgrund abgesprochen, indem suggeriert wird, ihre Zuwanderung sei rein wirtschaftlich motiviert. Gleichzeitig wird ihnen die Verantwortung für relevante gesellschaftlich-politische Probleme zugeschrieben“. Damit legt die Behörde aus, wie die Aussage verstanden werden soll.
Ein anderes Beispiel ist eine Telegram-Nachricht des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Eugen Schmidt. Er schrieb im Oktober 2022: „Die Zahl der Sozialmigranten, die in das gelobte Land Deutschland strömen, ist in den letzten Monaten sprunghaft angestiegen“. Eine Million Ukrainer kämen hinzu, von denen „viele echten Schutz suchen, einige aber leider aktiven Sozialtourismus betreiben“, schrieb der AfD-Politiker damals. Die Migranten würden von der Bundesregierung vollumfänglich versorgt, während Millionen Deutsche im Winter wahrscheinlich frieren müssten.
Der Verfassungsschutz gesteht Schmidt zwar zu, dass er „in seinen Aussagen zwischen schutzbedürftigen Geflüchteten und Migrantinnen und Migranten, die Sozialleistungen missbräuchlich in Anspruch nehmen“ unterscheide. Weil er das Szenario zeichne, dass viele Deutsche frieren müssten, während Migranten versorgt werden, würde er aber „gezielt Unmut gegenüber dieser Personengruppe“ schüren.
Als Beleg, dass die AfD Migranten vorwerfe, in die Sozialsysteme einzuwandern, wird auch folgende Aussage des AfD-Kreisverbandes Erding vom 19. Juli 2022 gesehen: Der Kreisverband verweist darauf, dass in Serbien 40 Migranten von einer Anti-Terroreinheit festgenommen wurden, weil sie automatische Sturmgewehre, Messer und Rauschgift dabei hatten. In dem Facebook-Eintrag heißt es: „Ist dieses Equipment notwendig, um sich auf der Reise ins gelobte Land (Germoney) gegen die Widrigkeiten der Natur zur Wehr zu setzen, wie beispielsweise Wölfe oder Bären?“
Und weiter: „Oder sind das die versprochenen Fachkräfte, die so dringend in den Sicherheitsbereichen an den Flughäfen benötigt werden? Wenn Zweiteres: Vorbildlich! Die bringen ja sogar schon ihr eigenes Arbeitsmaterial mit!“ Von einer Zuwanderung ins Sozialsystem ist nicht direkt die Rede, dennoch wird die Aussage als Beleg vom Verfassungsschutz aufgeführt. Dass die genannten Zitate eine verfassungsschutzrelevante pauschale Abwertung von Migranten darstellen sollen, ist eine Interpretation der Behörde selbst.