
Aus der Ost-CDU werden mehr und mehr Stimmen laut, die teils deutlich die endgültige Abkehr von der Brandmauer fordern. Der CDU-Landtagsabgeordnete Alexander Räuscher aus Sachsen-Anhalt bezeichnet die Entwicklung als eine „überfällige Normalisierung“. Er argumentiert, dass bei breiten parlamentarischen Mehrheiten weder Koalitionszwänge noch ideologische Barrieren den Volkswillen behindern sollten, unabhängig davon, ob es sich um die AfD oder andere Parteien handelt.
Seine Parteikollegin Saskia Ludwig aus Brandenburg vertritt in Bezug auf die kommende Bundestagswahl die Ansicht, dass eine „Mitte-rechts-Regierung“ gebildet werden sollte, falls mehr als 50 Prozent der Wähler für Mitte-rechts-Parteien stimmen würden. Im Nachhinein erklärte sie, hiermit nicht eine Koalition von AfD und CDU gefordert zu haben. Anders lässt sich ihre Äußerung jedoch kaum interpretieren.
Auch Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) hat sich gegenüber dem Spiegel zur „Brandmauer“ gegen die AfD geäußert. Voigt erklärt: „Wir müssen versuchen, das Feuer auszutreten, das schon längst brennt“. Dafür müsse man sich jedoch auch der Themen annehmen, welche die AfD bespielt. Man muss reagieren, wenn eine breite Mehrheit der Bevölkerung etwas als Problem wahrnimmt, wie die irreguläre Migration“, meint Voigt. Die „SPD und Grüne versuchen, mühsam etwas aufrechtzuerhalten, was so ohnehin nicht mehr existiert“, so Mario Voigt weiter.
Die Regierungskoalition, bestehend aus CDU, SPD und BSW, verfügt im Erfurter Landtag nur über 44 der 88 Sitze. Um Mehrheiten zu erreichen, benötigt sie mindestens eine zusätzliche Stimme. Die Zusammenarbeit mit der AfD in Thüringen wurde jedoch bislang ausgeschlossen. Genervt reagiert mehr und mehr Sachsen Ministerpräsident Michael Kretschmer. Auf Nachfrage des Spiegels erklärt er: „Demokratie verteidigt man am besten, indem man die Probleme löst. Und zwar die Probleme, die aus Sicht der Bevölkerung die drängenden sind, und nicht die, die die Politik dazu erklärt hat.“
Seiner Meinung nach würden die etablierten Parteien auch mehr und mehr in Zugzwang geraten. Dass die AfD jemals Regierungsverantwortung übernehmen wird, schließt er nicht aus. Man müsse die Probleme, „die uns die Bevölkerung ins Pflichtenheft geschrieben hat“, lösen. Andernfalls werden dies andere tun. Die nächste Landtagswahl in den ostdeutschen Bundesländern findet voraussichtlich im Sommer 2026 in Sachsen-Anhalt statt. Auch hier könnte die AfD stärkste Kraft werden – und zwar insbesondere dann, wenn der amtierende 70-jährige Ministerpräsident Rainer Haseloff (CDU) nicht noch einmal kandidieren sollte.