
Seltsame Nachrichten erhält man an solchen Tagen, wenn man auf deutsche Nachrichtenseiten klickt – was der Erholung übrigens nicht dient. „Im Morgengrauen führten Polizeibeamte 170 Einsätze im ganzen Land durch. Der Aktionstag des Bundeskriminalamts gegen Internet-Hetze findet seit einigen Jahr jährlich statt.“
Damit sind also die Spitzen-Polizisten dieses Landes beschäftigt: Internet-Postings zu verfolgen. Das Vergehen, so erklärt die vom Innenministerium des Landes geförderte Denunzianten-Organisation „Hessen gegen Hetze“ ist „Abweichen von der Mehrheitsmeinung“. Und das funktioniert so: „Hessen gegen Hetze“ meldet an eine Spezialeinheit des Bundeskriminalamts aus ihrer Sicht verdächtige Meinungsäußerungen.
Dann setzt sich die Maschinerie dieses Landes mit Polizei, Staatsanwaltschaft und insgesamt neun Behörden in Gang. Hausdurchsuchungen sind häufig, aber zwecklos: Die Beamten könnten von ihren bequemen Sesseln aus verfolgen, wer welche abweichende Meinung veröffentlicht. Eigentlich. Aber wie in der guten alten Gutenberg-Zeit suchen sie nach den Druckerpressen, heute Smartphones genannt. Hausdurchsuchung ist eigentlich sinnlos, aber schüchtert ein. Das ist der Zweck der neu formierten Staatsgewalt. Sie ist gut orchestriert, in der Verwaltung des Grauens war unser Land immer perfekt. Hunderte werden bestraft, um Millionen zu warnen, und zu lehren, ihre Meinung besser zu verbergen.
Aber was treibt Beamte in Staatsanwaltschaften, in der Polizei und im Richteramt zu solchem Vorgehen, das so offensichtlich im Gegensatz zu Ihrem eigentlichen Aufgabenfeld steht? Warum nimmt die Unsicherheit in der Bahn, im öffentlichen Raum, in Städten sowie der Provinz zu, muss Berlin seine Silvesterfeier vor dem Brandenburger Tor auch aus Gründen gestiegener Sicherheitskosten absagen – während die Staatsmacht sich im Internet auf die Suche nach abweichenden Meinungen verliert?
Der große Dichter Franz Werfel, auf der Flucht vor dem Nazi-Regime an der französisch-spanischen Grenze gestrandet, hat einen wunderbaren Abschnitt verfasst, und der geht so, wenn er über das Überlegenheitsgefühl schreibt und den Hochmut, der Menschen antreibt:
„Das gesellige Leben erfordert es, dass die Menschen ihren Hochmut noch Schamafter verbergen als den Geschlechtstrieb. Umso verzehrender aber wütet er in ihrem Gemüt. Jeder Stand hat nun seine eigene Art und seinen eigenen Grad von Hochmut. Vielleicht übertrifft aber der Hochmut des Bürokraten, wenn er gereizt ist, noch den der anderen menschlichen Stände. Der Beamte ist ja in seinen eigenen Augen nicht nur ein x-beliebiger Funktionär der Staatsgewalt. Wenn er an seinem Schreibtisch sitzt, so fühlt er sich als diese Staatsgewalt selbst. Mag er auch nur Briefe stempeln, so ist er doch anderen und höheren Wesens als das Publikum, wie etwa die Engel anderen und höheren Wesens sind als die Sterblichen. Als Richter, Polizeichef, Zöllner, Steuertyrann wirf er die Lose der Menschheit, weit offenbarer als die Vorsehung selbst. Alle Umdienern ihn mit furchtsamen Bücklingen, denn in seiner Hand ist das Gesetz wie Wachs. Von der Krone des Kaisers, die er gleichsam mitträgt, erhält er seine Zauberkraft. Er weiß genau, dass er praktisch weniger ist und weniger kann als jeder Gelehrte, Arzt, Ingenieur, ja selbst der Schmied und Schlosser, der sein Handwerk erlernt hat. Nimmt man ihm jenen Zauber, der aus der Gewalt strömt, so ist nicht als ein klapprig deklassierter Schreiber. Je verwundbarer aber ein menschlicher Hochmut ist, umso erbitterter muss er verteidigt werden. Blamiert sich der Bürokrat, so blamiert er das göttliche Prinzip der Macht in Person. Das kann nicht geduldet werden.“
Es kann nicht geduldet werden, dass ordinäre Menschen ihre Meinung über die Obrigkeit unkontrolliert äußern. Früher schon war es schwer hinzunehmen, wenn Stammtischbrüder schimpften oder unflätige Sätze an Klo-Türen schmierten. Heute ist es das Internet, das die Macht von den Bürokraten hin zu den kleinen Leuten verlagert hat. Und das ist der verzweifelte Kampf, den wir erleben: Je lauter die Trompeten der staatsnahen oder dem Staat untertänigen Medien tönen, umso lauter wird das Echo, das aus dem Internet zurückschlägt. Man könnte sich zurücklehnen, entspannt. Gegen die Millionen sind die paar Polizisten machtlos. Aber genau das erklärt das immer aggressivere Auftreten der Polizisten in Wiesbaden, der Staatsanwälte und Richter von Bamberg und Frankfurt, die längst das Recht biegen und brechen wie es ihnen gefällt, weil sie es können. Weil sie „höhere Wesen“ sind.
Und der Politik gefällt das, denn jeder kleine Minister und Abgeordnete ist seinerseits Teil dieses gewaltigen staatlichen Machtapparats. Sie alle fühlen sich im Vollbesitz der Macht und verteidigen sie gegen jeden schiefen Blick und falschen Ton und gegen jede Wählerstimme, die sie nicht bestätigt, sondern vom Platz jagen will, wie es sich in ‚UnsereDemokratie‘ gehört.
Was einem nicht nur im Süden den Schweiß auf die Stirn treibt: Sie sind noch stolz auf dieses Vorgehen gegen Meinungsabweichler. Wobei die Meinungsabweichlerei schon stattfindet, wenn sie abweicht von dem, was etabliertere Medien so postulieren, denn das ist „Mehrheit“ nach Hessen-Muster: Etwa, wenn Sie der Meinung sein sollten, dass es im Sommer halt gelegentlich heißer ist als im Winter. Achtung, Meinungsabweichung! „Wie bei Goebbels“, entfuhr es einem Leser. Jetzt hat ihn deshalb ein CDU-Politiker verklagt, ein teurer Prozess folgt. Alltag in Deutschland. Wer sommerliche Hitze ganz normal findet, ist schon Klimaleugner, und schon sucht ihn das wachsame Auge der Internet-Überwacher.
Deutschland bekämpft Meinung und Meinungsfreiheit. Die Zeitschrift Compact darf nicht verboten werden – ein Urteil als ein kleiner Lichtblick. Der Kampf ist nicht verloren, aber er muss geführt werden.
Ein Rentner, der sein behindertes Kind versorgt, wird gnadenlos über alle Instanzen für die nun wirklich lustige „Schwachkopf-Meme“ verfolgt, die Robert Habecks Schattenriss auf einer „Schwarzkopf-Werbung“ zeigt. Man könnte lachen, wenn es nicht so ernst wäre. Ständig erreichen uns Anfragen besorgter Leser. Der eine wird wegen Verstoßes gegen die Regelungen der Wirtschaftssanktionen Russland betreffend verfolgt – er hat von einer Brieffreundin russische Matroschka-Püppchen geschenkt erhalten, dabei darf man kein Holz aus Putins Reich importieren.
Auch TE wird von den Richtern in sagenhaften Urteilen verfolgt: Ein Urteil ohne Begründung, an anderes Urteil, bei dem die Beschwerdegründe des Gegners erst gar nicht übermittelt werden: Prozessordnungen, ein bislang ehernes Gesetz in Deutschland, kann im Frankfurter Landgericht außer Kraft gesetzt werden, wenn der rotgrüne Wille es fordert.
Der frühere Wirtschaftsminister Robert Habeck hat weit über 600 Millionen Steuergelder in eine Batteriefabrik versenkt, deren Erfolgsaussichten von Anfang an gering waren. „Es ist ja nur Geld“. Dafür wird er nicht verfolgt. Die Verschwendung von hunderten von Millionen für unnütze Masken – die belastenden Stellen in den Akten erst einmal geschwärzt.
Unterstützt wird Habeck dabei vom CDU-Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, Daniel Günther. Das Gutachten wird lange geheim gehalten; CDU, Grüne und SPD spielen zusammen. Das Wort „Parteienkartell“, so der politische Versuch der Begriffkriminalisierung, ein angebliches Triggerwort, das vorgeblich nur Rechtsradikale benutzen und von dem man auf die Gesinnung des Redners schließt. Worte sind geäußerte Gedankenverbrechen und werden als Straftaten verfolgt. So werden Begriffe verfemt, die die Wirklichkeit beschreiben könnten, um die Wirklichkeit zu verbergen, schamlos die Schamlosigkeit der Funktionäre zu decken. Weder Habeck noch Günther werden für den von ihnen verursachten Schaden verfolgt oder dafür zur Verantwortung gezogen. Vermutlich sind Polizeien und Staatsanwälte mit der Verfolgung von Klimaleugnern ausgelastet.
Bald werden noch viel mehr Polizisten ausrücken und Meinungsabweichler bedrohen und bestrafen müssen. Es darf ja nichts Verbindendes mehr geben; keine Nation, keine Fahne, keine Sprache, kein eindeutiges Geschlecht, keine Grenze und Begrenzung. Alles muss möglich sein und sich dem Regenbogendenken unterordnen, das auf unseren Amtsitzen sein drohendes Wahrzeichen flattern lässt, um jeden Normalen zu belehren: Den neuen sexuelle Minderheiten ist zu huldigen.
Das Schlafzimmer ist nicht nur öffentlich, sondern es ist die neue Vorschrift. Und weil die vielen Polizisten und Staatsanwälte und Richter und Politiker und Journalisten im Kampf gegen die Warner vor dem Regenbogen völlig ausgelastet sind, bemerken sie gar nicht, dass sich längst der größte Feind des Regenbogens, der Freiheit und der Vielfalt ausgebreitet hat und seine neuen Einheitsregeln durchsetzt. Sie nennen es Fortschritt, der von oben her durchgesetzt werden muss, dass das Kopftuchverbot für Lehrerinnen und das Turbanverbot für Polizisten auf den Müll geworfen wird. Dafür treiben sie die Neutralität des Staates aus, und führen schrittweise Gebote der Scharia und fremder Kulturen oder Religionen ein. Es ist allerdings nicht bunt, sondern schwarz. Wie die Schlägerbanden der Antifa schon lange.
Meine Reise führt über die spanische Grenze. Der Jude Franz Werfel hat das Gelübde getan, „Das Lied von Bernadette“ zu schreiben, der Heiligen von Lourdes, wenn er es nach Spanien und von dort in die USA schafft, ohne dass ihn die mörderische Bürokratie erfasst und er im KZ erschlagen wird. Seine Flucht führte ihn mit Alma Mahler-Werfel und Thomas Mann von Marseille über Lourdes, dem Wallfahrtsort am Rande der Pyrenäen. Es ist ein rührendes Buch geworden über ein kleines, dummes, armes, beschränktes, am Hungertuch nagendes Mädchen, das sich den Mächten des Staates und der Kirche widersetzte. Still, leise, durch Versenkung. Sie hat keinen Namen „der Dame“ genannt, die ihr erschienen ist. Die Bürokratie versuchte sie zu zermalmen, die weltliche, die kaiserliche, die kirchliche. Und doch hat Bernadette ein Land erschüttert. Und es ist ein Buch über den Sieg. Die Macht der Bürokraten zerbricht an den Menschen.