Vom “Menschenfeind” zum Volksvertreter: Jan Böhmermanns Hetze entlarvt sich

vor 19 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

Burkhard Blienert oder Sabine Bätzing-Lichtenthäler sind einer breiten Masse eher weniger bekannt. Der eine Sozialdemokrat ist, die andere Sozialdemokratin war mal Drogenbeauftragter der Bundesregierung. Ein Amt, in dem es vor allem darum geht, vor den Folgen des Alkohols zu warnen, Aufklärung gegen das Rauchen zu forcieren oder über neu auftretende harte Drogen und ihre Folgen zu informieren. Hendrik Streeck dürfte bereits vor dem Antritt dieses Amtes bekannter sein, als es Marlene Mortler (CSU), Daniela Ludwig (CSU) oder Christa Nickels (Grüne) nach ihrem Ausscheiden aus diesem waren.

Bekannt wurde der Virologe während der Pandemie. Streeck gehörte zu den wenigen, die sich öffentlich trauten, den Kurs der Allparteienkoalition aus CDU, CSU, SPD, Grünen und Linken zu kritisieren. Er bezweifelte den Sinn mancher Verbote und mahnte 2021, die Alten- und Pflegeheime besser zu schützen. In dem letzten Punkt nicht auf ihn gehört zu haben, gehört zu den wenigen Fehlern, die Angela Merkel (CDU) in ihrer 16 Jahre währenden Kanzlerschaft je eingeräumt hat. Den Sinn mancher Verbote bezweifeln mittlerweile selbst ehemalige Hardliner wie Karl Lauterbach (SPD) oder Markus Söder (CSU).

Streeck hat sich also als ein Experte erwiesen, der den Finger in die richtigen Wunden gelegt hat. Er sei “durchtränkt von Menschenfeindlichkeit”, warf ihm indes ZDF-Aktivist Jan Böhmermann vor. Öffentlich. Im September 2021. Während einer Podiumsdiskussion mit Markus Lanz. Den ZDF-Kollegen schulmeisterte Böhmermann bei der Gelegenheit: Er frage sich, warum solche Leute bei ihm säßen. Das täte Lanz nur, so Böhmermann, aus der Idee heraus, auch andere Meinungen zulassen zu müssen. Das sei “schwierig”, wegen der besagten “Menschenfeindlichkeit”, mit der Streeck “durchtränkt” sei.

Ihre Kritik gilt nicht mehr der Politik, zumindest nicht mehr den Regierenden. Sondern ihre Kritik richtet sich gegen die Kritiker dieser Regierenden – und sie ist völlig maßlos. Streeck hätte dann dann in seiner Bewertung der Pandemiepolitik nicht nur falsch gelegen, was der Studienabbrecher Böhmermann ohnehin nicht bewerten könnte. Sondern ein Kritiker der Regierung ist dann gleich von “Menschenfeindlichkeit durchtränkt”, darunter macht es der deutsche Kulturbetrieb nicht. Und solch einer müsse aus dem Staatsfernsehen ferngehalten werden. Wer ihn dennoch einlädt, wird dann von einem Scharfmacher wie Böhmermann öffentlich getadelt. Im deutschen Kulturbetrieb müssen die Reihen fest geschlossen sein. Wer ausschert, wird von Böhmermann an die Linie erinnert – wie jüngst das ARD-Magazin “Klar”.

Böhmermann lebt von Zwangsgebühren. Der Staatsvertrag rechtfertigt diese unter anderem mit der ausgewogenen Berichterstattung, zu der die öffentlich-rechtlichen Sender verpflichtet sind. Böhmermann hält diese Ausgewogenheit für “schwierig” und tadelt öffentlich Kollegen, die das anders sehen und handhaben. Das ist schon problematisch, wenn sich die vom ZDF-Clown gebrandmarkten Positionen tatsächlich als falsch erweisen.

Im Fall von Hendrick Streeck zeigt sich wieder mal, wie oft Böhmermann selbst inhaltlich falsch liegt. Trotz des eigenen Unfehlbarkeitsanspruchs, den der Scharfmacher in solchen Debatten für sich beansprucht. Vermutlich gerade wegen dieses Unfehlbarkeitsanspruchs. Streecks Kritik an der Pandemiepolitik hat sich im Nachhinein als richtig erwiesen. Aber erst zu einer Zeit, in der die Sprech- und Denkverbote von Wahrheitshütern wie Böhmermann an Bindekraft verloren hatten. Vorher verhinderten Scharfmacher wie Böhmermann eine Stärke der Demokratie: durch kritischen Diskurs die Regierenden zu kontrollieren und zur Prüfung ihres Handelns zwingen, um Fehlentwicklungen abstellen zu können.

Streeck selbst ist von der Politik anerkannt. Unter Kanzler Olaf Scholz und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (beide SPD) gehörte er zu einer Expertenkommission, die Fehler der Pandemiepolitik aufgearbeitet hat. Für die CDU sitzt Streeck mittlerweile im Bundestag. Demnächst wird er als Drogenbeauftragter Teil der Regierung. Ein Volksvertreter. Einer, den ein Aktivist des Staatsfernsehens aus dem Fernsehen verbannen wollte. Vor nicht einmal vier Jahren. Ein Virologe, dem der Studienabbrecher Böhmermann sich erdreistete, wegen dessen Expertise “Menschenfeindlichkeit” vorzuwerfen.

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