
Die Katastrophe konnte einstweilen abgewendet werden, ein Sieg der Vernunft ist es nicht. Die Potsdamer Verfassungsrechtlerin Frauke Brosius-Gersdorf ist am 11. Juli nicht, wie zunächst vorgesehen, vom Bundestag zur Bundesverfassungsrichterin gewählt worden. Brosius-Gersdorf steht für einen Forderungskatalog aus der Welt links-progressiver Identitätspolitik: Sie sprach sich für paritätisch besetzte Wahllisten aus, forderte das Gendern sämtlicher Gesetzestexte, einschließlich des Grundgesetzes.
Sie beklagte die Fixierung auf ein „binäres Geschlechterschema“ und glaubt damit offenbar, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt. Wenn Rechtsreferendarinnen ein muslimisches Kopftuch tragen, so hält sie dies für vereinbar mit dem Neutralitätsgebot des Staates.
Natürlich war denn auch der Kampf gegen rechts ihre Sache und so forderte sie bei „Markus Lanz“ ein AfD-Verbot. Mit dem Hinweis, dass damit noch nicht „die Anhängerschaft beseitigt ist“. Soll jetzt etwa ein Tonfall wie man ihn aus Filmen über die Cosa Nostra kennt, im Bundesverfassungsgericht salonfähig gemacht werden? Ist sie das, die berühmt-berüchtigte „Verschiebung des Sagbaren“?
Auch der freiheitsfeindliche Corona-Grundrechtsbeschneidungsimpuls ist Brosius-Gersdorf zu eigen: „Man kann sogar darüber nachdenken, ob mittlerweile eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Einführung einer Impfpflicht besteht“, schrieb sie in einer Stellungnahme aus dem Jahr 2021 gemeinsam mit ihrem Ehemann Hubertus Gersdorf. Ungeimpften wollte sie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall streichen. An der perversen Erwägung, Kindern im Mutterleib die Menschenwürde abzusprechen, scheiterte schließlich ihre Kandidatur. Wer ein Kind im Mutterleib tötet, müsse noch lange nicht dessen Menschenwürde antasten. Das vertritt Brosius-Gersdorf, die der Auffassung ist, dass „es gute Gründe dafür (gibt), dass die Menschenwürdegarantie erst ab Geburt gilt.“
Es ist eine furchtbare Juristin mit sanfter Stimme, die da beinahe an das höchste deutsche Gericht gewählt worden wäre. Sie war Mitglied der im April 2023 von der Ampel-Regierung installierten „Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“. Wie praktisch, wenn eine Kommission einen Titel trägt, der das Ergebnis bereits vorwegnimmt. Dann hätte man sich die „Arbeitsgruppe“ – und damit die Steuergelder – eigentlich sparen können. Auch das ist das Schema von autoritären und totalitären Systemen: Die bloße Simulation von Debatte.
Mehr „reproduktive Selbstbestimmung“ – wie man das Zerhäckseln von Kindern im Mutterleib und deren Entsorgung im medizinischen Sondermüll in der links-progressiven Szene euphemistisch zu nennen pflegt – war schließlich auch das Resultat der Kommission: In den ersten drei Monaten soll das Töten von Kindern im Mutterleib nicht mehr rechtswidrig sein. Das Töten von Leben im eigenen Leib wird damit perspektivisch zum legitimationsbefreiten Teil der individuellen Lebensgestaltung. Willkommen in der schönen neuen Welt.
Wir müssen Merz fast dankbar sein, dass er das trotz seiner Menschenfeindlichkeit gleichwohl als höchst „sagbar“ geltende Weltbild von Brosius-Gersdorf im Bundestag in schonungsloser Offenheit auf den Punkt brachte: Auf die Frage der AfD-Abgeordneten Beatrix von Storch, ob er es mit seinem Gewissen vereinbaren könne, dass Brosius-Gersdorf Ungeborenen keine Menschenwürde zuspreche, antwortete er mit dem Satz: „Auf Ihre hier gestellte Frage ist meine ganz einfache Antwort: Ja.“ Für einen Sekundenbruchteil zuckte eine unwirkliche Stimmung – Hat er das gerade wirklich gesagt? – durch das hohe Haus. Als sei man gerade Zeuge eines satanischen Todeskultes geworden, bevor sich Merz, der düstere Hohepriester, wieder in den bieder wirkenden Anzugträger zurückverwandelt hatte.
Kaum je war das Wort von der „Kultur des Todes“, die Papst Johannes Paul II in seiner Enzyklika „Evangelium Vitae“ von 1995 sah, von dem „Krieg der Mächtigen gegen die Schwachen“, prophetischer als in diesem Moment. Noch als die bereits gescheiterte Ampel-Regierung im Dezember 2024 einen Versuch unternahm, Kindstötung im Mutterleib in den ersten drei Monaten straffrei zu stellen, echauffierte sich Merz, dass dies geeignet sei „einen völlig unnötigen gesellschaftspolitischen Großkonflikt“ zu provozieren.
Kaum allerdings hängt seine eigene politische Macht davon ab, gibt er auch den die Christlich Demokratische Union fundierenden Grundsatz des Lebensschutzes preis. Das zeigt: Friedrich „Links ist vorbei“ Merz ist nicht nur ein planvoll vorgehender Wahlbetrüger und systematischer Vertrauensvernichter, er ist ein gänzlich prinzipienloser Opportunist. Für sein Machtstreben schreitet er auch über die Rechte der Allerschwächsten, der Allerschutzlosesten, der Ungeborenen hinweg. Als Vorsitzender einer christlichen Partei. Allerdings wäre es verfehlt zu behaupten, dass Merz hier sein „wahres Gesicht“ gezeigt habe. Die Wahrheit ist wohl: Merz hat kein wahres Gesicht. Wenn die politischen Randbedingungen so gewesen wären, dass ihm die gegenteilige Aussage genutzt hätte, dann hätte er diese mit der Inbrunst der Überzeugung intoniert. Siehe Schuldenbremse.
Man muss den standhaften Abgeordneten von CDU und CSU dankbar sein, dass sie den Wahnsinn in letzter Minute verhindert haben. Die Rede ist von einigen Dutzend Abgeordneten, die diesen Weg nicht mitzugehen bereit waren – ihnen voran der Münchner CSU-Abgeordnete Dr. Stephan Pilsinger, der als Mediziner sehr genau wissen wird, was eine Kindstötung im Mutterleib bedeutet und sich als erster öffentlich positionierte.
Aber ist es nicht erstaunlich, dass wohl mehr als zwei Drittel der CDU/CSU-Fraktion für Brosius-Gersdorf gestimmt hätten? Die Mehrheit in der CDU/CSU-Fraktion kann also, ebenso wie Merz und seine Einpeitscher, nicht über eine christliche Einstellung verfügen. Eine antichristliche trifft es eher. In der SPD, die eine solche Kandidatin aufstellt, müssen wir von einer Menschenrechtsverachtung gegenüber den Allerschwächsten sprechen, die sich in der einstmals höchst respektablen Arbeiterpartei Bahn gebrochen hat. Es sind ausgewiesene Fanatiker, Spalter und Anheizer, die Deutschland derzeit mitregieren.
Noch in der Begründung, wieso man Brosius-Gersdorf nun doch nicht wählen können, ragt der Opportunismus der CDU-Spitze hervor: In letzter Minute will man entdeckt haben, dass die Habilitationsschrift von Brosius-Gersdorf Unregelmäßigkeiten enthalten könnte, die auf ein Plagiat hindeuten. Diese (ohnehin zum gegenwärtigen Zeitpunkt ungeklärte) Formalie soll als wichtiger gelten als für die CDU konstitutive politische Inhalte. So hält man sich jede Tür offen, im Herbst, oder möglicherweise auch schon früher, erneut einen von der SPD vorgeschlagenen links-progressiven Richter zu wählen.
Das Unheil ist also nicht beseitigt, es macht nur Pause. Aber immerhin ergibt sich die Zeit, diese dystopische Episode auf ihre tiefliegenden Ursachen zu befragen. Rückt man nämlich ausschließlich die Figur „Brosius-Gersdorf“ in den Fokus, so verliert man die komplexe weltanschauliche Gemengelage aus dem Blick, in der sich eine solche Richterwahl überhaupt erst vollziehen konnte.
Die Wahl der linksradikalen Staatsrechtlerin durch eine weltanschaulich entkernte CDU wäre nicht weniger gewesen als ein bedeutender Schritt hin zur rechtlichen Institutionalisierung der links-progressiven Weltanschauung. Was in den 1970ern die „roten Roben“ waren – Marxisten, die das bürgerliche Recht unterwanderten, um ihre kommunistische Vision zu realisieren –, sind heute die „grünen Roben“, deren Ausdruck Personen wie Brosius-Gersdorf sind.
Was mit dem Kapern nennenswerter Teile der Sozialwissenschaften und der Literaturwissenschaften durch Feminismus und postmoderne Philosophie in den 1970er und 1980er Jahren begann, diffundierte in den letzten 10 bis 15 Jahren, zunächst in den USA, schließlich auch in Europa, als Woke Culture in gesellschaftliche Sphären wie den Journalismus, zivilgesellschaftliche Organisationen und Kultureinrichtungen.
Woke Science und Woke Culture bauten auf dem Marsch der 68er durch die Institutionen auf, interpretierte den Impuls zur Schaffung von gleichen Freiheiten für jedermann jedoch nicht mehr auf der Basis individueller Rechte, sondern auf der Basis von Gruppenidentitäten. Woke Culture bedeutet: die Verwirklichung der liberal-demokratischen Werte von Gleichachtung und Gleichberechtigung unter der Prämisse des „Rufes der Horde“ (K. Popper).
Akademischen Strömungen wie Judith Butlers Queerfeminismus, der Critical Race Theory und der postkolonialen Theorie ist es mitzuverdanken, dass westliche Gesellschaften in immer kleinere Identitätsgruppen zerfallen, die allerdings von der überwölbenden Klammer des Freund-Feind-Denkens zusammengehalten werden: dem Kampf der „Unterdrückten“ gegen die „Unterdrücker“, die „Opfer“ gegen „die Mehrheitsgesellschaft“, die „Unprivilegierten“ gegen die „Privilegierten“.
Daher rührt die Fixierung dieses Milieus, dem auch Brosius-Gersdorf zuzurechnen sein wird, auf quotierte Listen, auf Non-Binarität, auf das Gendern, auf die Islamophilie, auf die „vielfältige“ und „bunte“ Gesellschaft als kaum mehr rational zu diskutierender Fetisch. Mit der schrittweisen Veränderung von Sprache – ein klassisches Mittel aller autoritären oder totalitären Regime – sowie der Repräsentation von „unterdrückten“ Identitätsgruppen wird auch die Bundesrepublik langsam aber sicher vom individuumszentrierten Universalismus, wie er dem aufklärerischen Liberalismus entstammt, zum identitätspolitischen Ständestaat geführt.
Die fixe Idee, dass das straflose Töten von Kindern im Mutterleib ein Ausweis sozialen Fortschritts darstelle, ist ein Erbe des Feminismus der 1970er Jahre, der mit dem holzschnittartigen Denken der postmodernen Woke Culture noch einmal an Schwung gewonnen hat: Da Frauen per se von Männern, ihren Institutionen, ihren Blicken, ihren Praktiken, unterdrückt werden sollen, kann nur eine radikale Selbstaneignung des Körpers der Frau zur Freiheit von Unterdrückung führen.
Die ethische Problemlage, die daraus resultiert, dass eine Frau während einer Schwangerschaft einen anderen Körper in sich trägt, wird – im Furor der Abweisung von angeblicher patriarchaler Unterdrückung – bei den radikalsten Vertretern dieser Lehre aus der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung gänzlich gestrichen: Befindet sich der Fötus noch im Mutterleib, ist er Teil des weiblichen Körpers – und die Frau kann damit verfahren, wie sie möchte. Bis zum neunten Schwangerschaftsmonat. Die Menschenwürde wird dem Kampf gegen das „Patriarchat“ geopfert.
Die Pflicht zur Corona-Impfung, die Brosius-Gersdorf, aus dem Grundgesetz abgeleitet wissen möchte, ist Ausdruck des kollektivistischen Mindsets, der den links-progressiven Denkmustern zu eigen ist. Der Einzelne hat sich vor dem Ganzen zu rechtfertigen, nicht umgekehrt. Man möchte sich nicht ausmalen, was passiert, wenn die Grundrechte höchstrichterlich nicht mehr als Abwehrrechte gegen den Staat, sondern als Ansprüche des Staates an den Bürger ausgelegt werden.
Während all diese Deutungsmuster in den letzten Jahren von einer Woke Culture zu Woke Politics hochgestuft wurden, hätten sie nun mit Brosius-Gersdorf Kraft in Form von Woke Law entfaltet. Und zwar in Deutschlands höchstem Gericht. Wandern identitätspolitische Figuren in das Recht selbst ein, so wird dies von seinen universalistischen Voraussetzungen auf die links-progressive Logik einer hochspezifisch ausbuchstabierten Version der Vermeidung von „patriarchaler“, „strukturell-rassistischer“, „antifeministischer“ Unterdrückung umgestellt.
Die Logik von identitärem Denken gewönne hegemonialen, nur noch um den Preis der Verfassungsfeindschaft anzuzweifelnden Charakter.
Genau dies ist der zentrale Punkt, der noch gewichtiger ist, als die einzelnen inhaltlichen Forderungen von Brosius-Gersdorf: Mit der verfassungspolitischen Durchsetzung eines solchen Programms werden gleichsam partikulare Positionen zum neuen Allgemeinen erhoben. Es kann denn auch nicht verwundern, dass in dieser Logik der „Kampf gegen rechts“ zum Teil der Absicherung dieses Programms gehören muss.
Eine tiefgreifendere Zerstörung des Sinns eines Verfassungsgerichts, nämlich möglichst abwägend und unvoreingenommen über all dem zu stehen, was sich in einem Staatswesen an Debatten, Gesetzesinitiativen und Gesetzesimplementierungen vollzieht, ist schlechterdings nicht denkbar.
Blicken wir auf unsere Gegenwart, so hat sich dieser zeithistorische Wandel bereits in zahlreichen sozialen Bereichen manifestiert. Parteien links der „Mitte“ (was auch immer das derzeit überhaupt noch bedeutet) sind vom woken Denken bereits grundständig infiziert: Grüne, SPD, Linkspartei: Der Glaube an mehr als zwei Geschlechter, die realitätszerstörende Transagenda, „offene Grenzen für alle“, das „Patriarchat“ und den „strukturellen Rassismus“ gehören zum gemeinsam geteilten Markenkern dieser politischen Gruppierungen.
Eine nach wie vor in weiteren Teilen merkelianisch geprägte CDU vermag diesen links-progressiven Extrempositionen keine eigene Kontur mehr entgegenzusetzen: Sie nimmt zwar derzeit homöopathische Anpassungen in der Migrationspolitik vor, fördert aber weiter überwiegend woke NGOs über das Programm „Demokratie leben!“, hat kein Problem mit einer Antidiskriminierungsbeauftragten, die ethnische Deutsche als „Kartoffel“ diffamiert und ihr Amt für einen fiktiven Kampf gegen „strukturellen Rassismus“ im Sinne der Critical Race Theory missbraucht, und stellt mit Sophie Koch eine fanatische Queerbeauftragte ein, die vor nicht allzu langer Zeit die CDU für „unwählbar“ erklärt hatte.
Und nun also Brosius-Gersdorf. CDU heißt gegenwärtig: möglichst effektive inhaltliche Selbstabschaffung bei einem Weiterleben sachbefreiter Machtlogik, vertreten durch den „Pinocchio-Kanzler“ Friedrich Merz. Dieser Ausdruck stammt übrigens von der Grünen-Chefin Franziska Brantner, die wohl jeden AfD-Funktionär aufs Schärfste als Antidemokraten gegeißelt hätte, hätte er diesen Ausdruck benutzt.
Recht hat Brantner trotzdem. Nur in dem moralisch relevantesten Kern des christlichen Menschenbildes – dem Kampf für das Lebensrecht der Allerschwächsten – stellen sich noch einige wackere Abgeordnete dem kaputten links-progressiven Zeitgeist entgegen. Das straflose Töten von Kindern im Mutterleib soll ein Ausweis alternativlosen sozialen Fortschritts sein – anstatt werdenden Müttern in schwieriger Lage jede nur erdenkliche Unterstützung anzubieten. Auf diese Idee muss man, auch aus sozialdemokratischer Perspektive, erst einmal kommen.
Es gibt also noch Abgeordnete in der CDU/CSU-Fraktion, die nicht alles mitmachen. Aber ob sie wirklich verstehen, dass sie gerade Zeugen einer umfassenden links-progressiven Unterwanderung der Gesellschaft und eine Entkernung der liberal-demokratischen Verfassungsordnung werden, darf man bezweifeln. Das würden sicherlich viele von ihnen in ihrer Gutgläubigkeit als „überzogen“ oder „verschwörungstheoretisch“ brandmarken.
Dabei muss den Blick nur wenig weiter schweifen lassen: Nicht nur in Parteien und ihren Programmatiken zeigt sich die linksidentitäre Infiltration des Staates. Die Regenbogenfahne ergänzt vor vielen Kommunen bereits die Deutschlandfahne. Sofern diese überhaupt weht, ein bisschen schämt man sich doch dafür. Sogenannte Meldestellen gegen alle möglichen, größtenteils von intellektuell korrumpierten Wissenschaftlern erfundenen Arten von Rassismus sowie „Queerfeindlichkeit“ und „Antifeminismus“ wirken daran mit, den Diskurskorridor im Sinne der identitätslinken Lehre einzuschränken. Alles natürlich „unterhalb der Strafbarkeitsgrenze“, wie dies die Grüne Lisa Paus am 13. Februar 2024 angekündigte hatte.
Unter Verweis auf den europäischen Digital Services Act wurden „Trusted Flagger“ installiert, die das Internet nicht nur von „illegalen“, sondern erklärtermaßen auch von „schädlichen“ Inhalten reinhalten sollen. Die Bundesnetzagentur, die für die Installierung dieser „trusted flagger“ zuständig ist, wird geleitet von dem Grünen Klaus Müller.
Unverhohlen politisch agierende „Forschungsinstitute“ wie das „Deutsche Institut für Integrations- und Migrationsforschung“ (DeZIM) oder das „Progressive Zentrum“ werden vom Staat finanziert, um die postmoderne Agenda der sakrosankten Vielfalt und der buchstäblich grenzenlosen Buntheit auch noch durch den Rekurs auf „die Wissenschaft“ vor Kritik zu immunisieren. In der Verbreitung dieser Narrative leistet dann ein systematisch in die links-progressive Richtung verschobener öffentlich-rechtlicher Rundfunk unschätzbare Dienste bei der Indoktrination der Bürger, die für ihre eigene Erziehung auch noch selbst bezahlen müssen.
Das also ist der größere Kontext, in dem die Wahl von Brosius-Gersdorf zu verorten ist. Es geht nicht darum, dass irgendeine x-beliebige Person steile politische Positionen vertritt. Woke Law bedeutet vielmehr: Den Staat als Staat durch das höchste Gericht auf die links-progressive Programmatik auszurichten; „unsere Demokratie“ nun auch höchstrichterlich ratifiziert auf das Parteiprogramm von SPD, Grünen und Linkspartei zu trimmen.
Nicht umsonst treten ausgerechnet die Grünen aufs Gaspedal, um Brosius-Gersdorf doch noch am Bundesverfassungsgericht zu installieren. Die zweite hoch problematische Kandidatin, Ann-Kathrin Kaufhold, Inhaberin einer Professur für Öffentliches Recht an der LMU München und eine ausgewiesene „Klimaschützerin“, erwog bereits, dass Gerichte oder Zentralbanken – auch wenn diese letztlich auf den Rückhalt in der Bevölkerung angewiesen seien – sich besser dazu eigneten, „unpopuläre Maßnahmen anzuordnen“.
Es ist also nicht weniger als eine formierte, möglicherweise in nicht allzu ferner Zukunft auch totalitäre Gesellschaft, die sich hier abzeichnet. Weltanschaulich gespielt vollzieht sich damit in Deutschland das, was sich in den USA, in Polen, in Ungarn abgespielt hat. Die Verfassungsgerichte werden für partikulare politische Zwecke instrumentalisiert.
Was die SPD betreibt ist: linker Trumpismus. Grüne, Linkspartei machen eifrig mit, und CDU/CSU fungieren als Kollaborateure des ohnehin schon weit fortgeschrittenen Unheils. Durch die Brandmauer zur AfD – die in Deutschland durch das permanente Aufwärmen „unserer Schuld“ besonders effektiv ist – können SPD, Linkspartei und Grüne ihre Vision von einer Demokratie, die identisch mit ihrem eigenen Parteiprogramm ist, gegen das in Teilen naive, in Teilen manifest opportunistische Verhalten der CDU einen Schritt weiter realisieren.
Brosius-Gersdorf wird, sollte sie nicht ohnehin bald wiederkehren, nicht die letzte Kandidatin für das höchste Richteramt gewesen sein, bei der sich die Fußnägel aufstellen werden.
Wenn sich die CDU/CSU diese strukturelle Gemengelage nicht umgehend klarmacht, wird das Bundesverfassungsgericht, bislang eine nahezu vorbildlich agierende Institution, in nicht allzu ferner Zukunft kein Verfassungsgericht mehr sein, sondern ein Gesinnungsgericht.
Mit dem Klimaschutzurteil vom März 2021 und dem Abnicken der teilweise völlig überzogenen Corona-Maßnahmen hat das Gericht selbst ein Einfallstor für seine weitere weltanschauliche Formierung gebaut. Häufen sich in Zukunft Urteile an, die weiterhin in diese weltanschauliche Richtung weisen, so wird dies eine enorme Ausstrahlungswirkung haben. Denn die unteren Rechtsinstanzen orientierten sich stets an der Rechtsprechung der höheren und höchsten Instanzen. Den links-progressiven Ideologen sind diese Zusammenhänge, anders als CDU und CSU, völlig klar.
Deshalb betreiben sie ihren Kampf so eifrig und flippen, wie die Fraktionsvorsitzende der Grünen Britta Haßelmann, völlig aus, wenn sie einmal ein retardierendes Moment erleben müssen. Sie haben sich von der Richterbesetzungspolitik Orbáns und Trumps inspirieren lassen, der sie nun einen links-grünen Spin verpassen. Es geht ihnen darum, das, was sie für einen alternativlosen Gesellschafts- und Mentalitätswandel halten, nun auch institutionell über das höchste Gericht abzusichern und Kritiker ihres Programms zu Verfassungsfeinden erklären zu können.
Der Effekt wird eine immer weiter sich steigernde Eskalationsdynamik zwischen rechts- und linksidentitären Politikentwürfen sein. Es ist ein wirklich gefährlicher Pfad, auf dem sich unser Land derzeit befindet.
Weite Teile von CDU und CSU schauen allerdings immer noch bedröppelt aus der Wäsche und werden sich eines Tages sagen lassen müssen, dass ihre Gefallsucht gegenüber links-progressiven NGO-Apparatschiks, einer weltanschaulich korrumpierten Expertenriege und berufsethisch lädierten Mainstream-Journalistenkarikaturen in den linksautoritären Gesinnungsstaat geführt haben.
Man kann den Abgeordneten um den aufrechten Dr. Pilsinger nur den Rücken dafür stärken, dass sie endlich einmal das getan haben, was sie seit Merkels die Legitimität des Staates bedrohenden Migrationspolitik jeden Tag hätten tun müssen, nämlich den Luther markieren: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders.“
Mit der geplanten Machtübernahme des Bundesverfassungsgerichts geht es um nicht weniger als um einen zentralen Baustein im linksidentitären Staatsumbau. Wegschauen, Naivität, Appeasement sind fehl am Platze. Es wird nämlich genauso schlimm werden, wie es zu befürchten steht: Die Menschenwürde wird antastbar sein. Nicht nur für Ungeborene, sondern für jeden, der nicht in den links-progressiven Chor einstimmt.