
Im Sommer 2019 wurde Brüssel zur Bühne und zum Schauplatz eines politischen Taschenspielertricks. Manfred Weber, der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei, stand nach dem Wahltriumph seiner Partei bereit, die EU-Kommission zu führen. Doch in den undurchsichtigen Gängen des Europäischen Rates, in denen Macron und Merkel die Fäden zogen, wurde Weber kaltgestellt.
Stattdessen zauberte man Ursula von der Leyen, die damals umstrittene deutsche Verteidigungsministerin, als Kompromisskandidatin hervor – ohne Kandidatur, ohne demokratisches Mandat, aber mit viel Applaus der Mächtigen. Ihre Krönung setzte den Ton: Macht durch Intrige, nicht durch Volkswillen.
Am 14. Mai 2025 legte der EU-Gerichtshof (EuGH) mit einem Urteil den Finger in die Wunde: Von der Leyen und ihre Kommission verstoßen gegen Transparenzregeln, indem sie SMS zu milliardenschweren Pfizer-Verträgen nicht offenlegen wollten. Dieses Urteil ist kein Ausrutscher, sondern ein Fanal für einen Führungsstil, der Intransparenz, Übergriffigkeit und das Mantra der Dringlichkeit zur Staatskunst erhebt.
Das EuGH-Urteil zum sog. Pfizergate, bei dem von der Leyen per SMS Impfstoffdeals im Wert von 35 Milliarden Euro schmiedete, ist kein Einzelfall, sondern ein Mosaikstein ihrer Herrschaft. Die Pandemie nutzte sie als Alibi, um ohne parlamentarische Kontrolle oder öffentliche Einsicht zu agieren. Transparenz? Nein. Diese scheint lästiges Beiwerk zu sein.
Ähnlich bei der Wolfsjagd: Nachdem ein Wolf im September 2022 von der Leyens Pony „Dolly“ tötete, machte sie den Abschuss von Wölfen zur Chefsache. Sie begab sich auf Datensuche und ließ eine Analyse über den Status des Wolfes in der EU erstellen.
Mit Pressemitteilung vom 4.9.2023 bezeichnete von der Leyen – locker aus der Hüfte geschossen – Wolfsrudel in europäischen Regionen als „echte Gefahr für Vieh und potentiell auch für Menschen“.
Hierfür musste sich von der Leyen viel Kritik gefallen lassen. Zu Recht, denn die Gefahr für den Menschen war eine Dramatisierung, die nur der Aufmerksamkeit für ihr Projekt und der Verängstigung diente. Wie sich herausstellte, war diese Aussage nicht datenbasiert. Dies verdeutlicht auch die von der EU-Kommission in Auftrag gegebene und im Dezember 2023 veröffentlichte Analyse. Diese besagt, dass in Europa in den letzten 40 Jahren keine tödlichen Wolfsangriffe auf Menschen registriert wurden. Die Analyse kommt auch zu dem Ergebnis, dass die Auswirkungen der Wölfe auf die Viehbestände in der EU im Großen und Ganzen gering sind, auch wenn auf lokaler Ebene der Druck auf ländliche Gemeinden in bestimmten Gebieten hoch sein kann. Laut der Analyse ist in einigen der wolfsreichsten Bundesländer Deutschlands die Häufigkeit von Wolfsangriffen auf Nutztiere in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen, was auf den Einsatz geeigneter Präventivmaßnahmen zurückzuführen ist.
Dennoch: Der Wolf blieb im Visier der Kommissionspräsidentin und im März 2025 wurde durch das Europäische Parlament der Schutzstatus des Wolfes im Schnellverfahren von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herabgesetzt. Somit können Wölfe in der EU leichter abgeschossen werden. All dies erfolgte nicht auf Basis von Wissenschaft, sondern aufgrund persönlicher Betroffenheit der EU-Kommissionspräsidentin.
Ein weiteres Negativbeispiel von von der Leyens Vorstößen ist der ReArm Europe Plan – nun „Readiness 2030“. Er mobilisiert 800 Milliarden Euro für die Verteidigung, indem er fiskalische Regeln und das Europäische Parlament elegant umschifft – alles im Namen vorgeblicher geopolitischer Dringlichkeit. Von der Leyen hat die Notfallklausel zum Allzweckwerkzeug gemacht, das Checks and Balances in Luft auflöst. In Brüssel ist Eile nicht nur eine Tugend, sondern ein Machtinstrument – und Demokratie der Preis.
Das EuGH-Urteil enthüllt nun, was Kritiker seit Jahren monieren: Von der Leyens Kommission ist ein Hort der Geheimniskrämerei. Die Pfizer-SMS bleiben ein Phantom, trotz gerichtlicher Aufforderung. In der Wolfsaffäre wurden Umweltdebatten und wissenschaftliche Expertise zugunsten einer eiligen Entscheidung ausgeblendet. Beim ReArm-Plan bleibt die Finanzierung ein Rätsel, während das Parlament zur Statistenkulisse degradiert wird. Bürgerrechte auf Information? Ein Relikt vergangener Tage. Öffentliche Debatte? Ein Störfaktor, den man lieber meidet. Von der Leyen führt wie eine bürokratische Zauberkünstlerin: Alles verschwindet – außer ihrer Agenda. Das Urteil ist ein Weckruf, doch die Präsidentin bleibt ungerührt, gestählt durch ihre Wiederwahl 2024, trotz Pfizergate. Spitzfindig gefragt: Ist Transparenz in Brüssel nicht längst ein Märchen für naive Demokraten?
Von der Leyens Regentschaft ist ein Lehrstück der Übergriffigkeit. Ihre Ernennung 2019 war ein Affront gegen den Spitzenkandidatenprozess, der Weber favorisierte. In Pfizergate agierte sie als Solistin, das Parlament außen vor. Die Wolfsjagd, getrieben von einem persönlichen Verlust, wurde zur EU-weiten Politik, trotz Warnungen von Umweltschützern. Der ReArm-Plan setzt auf Notfallklauseln, um demokratische Prozesse zu umgehen. Von der Leyen regiert wie eine selbsternannte Kaiserin, die Krisen als Krönungszeremonien nutzt. Das Europäische Parlament, eigentlich als Kontrollinstanz der Hüter der Demokratie, wird zur reinen Kulisse, während sie persönliche Prioritäten in Regelwerke gießt. Ein Schelm, wer hier an Demokratie denkt – oder an Manfred Weber, der wohl noch immer seinen verlorenen Thron betrauert.
Das EuGH-Urteil vom 14. Mai 2025 ist mehr als ein juristischer Dämpfer; es ist ein Spiegel des Führungsstils von der Leyens, der Intransparenz und Übergriffigkeit zur Norm erhebt. Pfizergate, Wolfsjagd und ReArm Europe sind keine Ausrutscher, sondern Symptome einer Präsidentschaft, die Dringlichkeit über Demokratie stellt. Von der Leyen mag die EU durch Krisen lenken, doch sie riskiert, Vertrauen und Legitimität der Institutionen zu verspielen. Es täte ihr gut, wenn sie Wilhelm Buschs „Eile mit Weile“ beherzigen und Transparenz sowie demokratische Kontrolle als Verbündete, nicht als Feinde sehen würde. Denn eine EU, die ihre Prinzipien opfert, rettet weder Ponys noch Frieden – sie verliert ihre Seele.