
Was passiert eigentlich an deutschen Universitäten abseits des Lehrbetriebs? Eine am Samstag in Göttingen abgehaltene Veranstaltung liefert einen bizarren Einblick.
Ein aus allen Nähten platzender Vorlesungssaal, laute Popmusik und eine in einen Talar gehüllte Dragqueen am Rednerpult. Was an eine Parodie erinnert, ist an der Georg-August-Universität in Göttingen Realität. Dort trat im Rahmen einer Vorlesung am Samstagnachmittag die Dragqueen „Renelopé Fauxwell“ auf. Brisant: Die als „Vorlesung der etwas anderen Art“ beworbene Universitätsveranstaltung wurde durch Pflichtbeiträge der Studenten bezahlt.
Die Georg-August-Universität Göttingen steht seit fast 300 Jahren für eine freie und aufgeklärte Wissenschaft und brachte historische Größen wie Carl Friedrich Gauß, Jacob Grimm oder Werner Heisenberg hervor. Am Samstag ging es weniger um wissenschaftliche Exzellenz, stattdessen wurde in der Universität eine Veranstaltung von der Dragqueen „Renelopé Fauxwell“ abgehalten. Diese machte schon zu Beginn ihres Vortrags deutlich: „Ich habe keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit.“
Die Drag Queen „Renelopé Fauxwell“ in einem Hörsaal der Georg-August-Universität in Göttingen.
Trotz des fehlenden wissenschaftlichen Anspruchs war die Universitätsvorlesung, in der es unter anderem um den Ursprung der Kunstform Drag und die persönlichen Erfahrungen der Dragqueen Renelopé Fauxwell ging, so gut besucht, dass einige Studenten sogar Platz auf den Treppenstufen des Hörsaals finden mussten.
Am Anfang der Veranstaltung erzählt die Dragqueen Renelopé Fauxwell Fakten zur Dragqueen-Geschichte und zu ihren eigenen diversen Erfahrungen im Milieu. Danach demonstriert sie den Studenten in mehreren Showeinlagen „wie Drag aussehen kann“, macht Scherze über den alkoholfreien Sekt in ihrem To-Go-Becher oder obszöne Witzeleien. Während der ganzen Veranstaltung lachen, klatschen und tanzen die Studenten und die Stimmung ist positiv und unbeschwert.
Im späteren Verlauf der Veranstaltung wird es jedoch zunehmend politisch und Renelopé Fauxwell erzählt nicht nur von ihrem linken Aktivismus zusammen mit „Omas gegen rechts“ oder ihrem Spaziergang mit der Göttinger SPD-Bürgermeisterin Petra Broistedt, sondern auch über das Phänomen der Wahrnehmung von Drag Queens als „große Gefahr“. Dieses sei laut der Künstlerin unbegründet und der Gegenwind würde „vor allem von der AfD“ kommen. Auch die Angst vor den sogenannten „Drag Queen Story Hours“, bei denen Drag Queens Kindergärten oder Schulen besuchen, um dort mit Minderjährigen zu agieren und ihnen vorzulesen, wird von der Aktivistin nicht kritisiert.
Eine „Drag Queen Story hour“ bei denen Drag Queens Kindern Bücher Vorlesungen in den USA.
Stattdessen findet sie klare Worte für die Kritiker dieser Praktik: „Frühsexualisierung von Kindern ist hier oft das Stichwort. Das kommt dann von Leuten, die jede Woche mit ihren Kindern in die katholische Kirche gehen. Ich sag's ja nur.“
Als die Dragqueen einen Zeigestab nimmt, um auf etwas in ihrer Präsentation hinzuweisen, lacht sie und sagt, dass der Stab „von euren Studienmitteln bezahlt“ sei. Tatsächlich ist nicht nur der Zeigestab von den Studienbeiträgen der Studenten der Georg-August-Universität bezahlt, sondern auch die universitäre Drag-Veranstaltung.
Schwer von Satire zu unterscheiden: Die Drag Queen „Renelopé Fauxwell“ im Talar bei ihrem Auftritt an der Georg-August-Universität in Göttingen.
Diese wurde vom Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Universität Göttingen organisiert, der dafür verantwortlich ist, die grundsätzlichen Interessen und Belange aller Studenten zu vertreten und sich für Verbesserungen der Studienbedingungen einzusetzen. Dazu erhält der AStA ein Budget, welches durch die Pflichtbeiträge von Studenten zustande kommt. Wofür das Budget genutzt wird, können die Studenten allerdings nicht entscheiden. Auf die Frage eines Studenten, „was man damit so verdienen kann“ antwortet Renelopé Fauxwell, dass sie für ihren heutigen ca. einstündigen Vortrag satte 300 € bekommen habe, und stellt gleichzeitig klar: „für Lau würde ich auch nicht kommen“.
Auf Instagram warb der vermeintlich „allgemeine“ Studentenausschuss im Vorfeld für die politische Veranstaltung – trotz des Neutralitätsgebots. Bereits in der Vergangenheit fiel der AStA mehrmals negativ durch stark politische Äußerungen und die undurchsichtige Verwendung von Semesterbeiträgen auf.
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