Von Gastronomie bis Bau: Kernbranchen stürzen in die Rezession

vor etwa 5 Stunden

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Der von der Bundesregierung angekündigte Aufschwung der deutschen Wirtschaft bleibt auch im Sommer Wunschdenken. Die im Juli erhobenen Daten im Rahmen der monatlich berechneten Mittelstandskonjunktur der Firma Datev beschreiben die Lage in der Wirtschaft als äußerst fragil – ein Aufschwung ist nicht in Sicht. Kleine und mittlere Unternehmen mussten demnach im Juli im Vergleich zum Vorjahr Umsatzeinbußen in Höhe von 1,7 Prozent hinnehmen. Der korrespondierende Konjunkturindex sank, saison- und kalenderbereinigt, auf 91,9 Punkte und pendelt damit tief im rezessiven Bereich.

Klassische mittelständisch geprägte Branchen wie die Gastronomie sind besonders von der Rezession betroffen. Hier ging es um 4 Prozent bergab, während das Bauhauptgewerbe erneut um 2 Prozent beim Umsatz schrumpfte. „Mit der ausbleibenden Sommerbelebung verschärft sich die wirtschaftliche Lage in der Gastronomie weiter”, sagt Robert Mayr, CEO der Datev. „Die Hoffnungen liegen jetzt auf einer positiveren Entwicklung im August.“ Es regiert das Prinzip Hoffnung – kein guter Ratgeber angesichts der problematischen Lage im Mittelstand.

Lediglich der Handel konnte mit einem leichten Umsatzgewinn von 0,1 Prozent ein wenig durchatmen. Grund hierfür dürften die mit 4 Prozent deutlich angezogenen Löhne und Gehälter gewesen sein. Die Betriebe befinden sich damit in einer schwierigen Lage: Zum einen verschlechtert sich das Geschäftsumfeld weiter, zum anderen steigen die Lohnkosten in einem gesamtwirtschaftlichen Umfeld, das von stagnierender oder leicht fallender Produktivität geprägt ist.

Deutschland ist unterinvestiert, verliert Direktinvestitionen ans Ausland, verzeichnet dabei aber steigende Lohnkosten. Die Folge ist Beschäftigungsabbau. Der Datev-Index bestätigt dies vor allem für die Personalpolitik der kleinen Betriebe. Sie reduzierten im Vorjahresvergleich ihre Belegschaften um 3,4 Prozent. Der Gesamtindex zeigt einen Beschäftigungsabbau von 0,3 Prozent und bestätigt damit den allgemeinen Trend am Arbeitsmarkt. Insgesamt gingen in den letzten zwölf Monaten rund 125.000 Stellen verloren – davon allein 70.000 in der Industrie, jener Schlüsselbranche, in der die Lebensadern der deutschen Wirtschaft zusammenlaufen.

Die Daten von Datev bieten einen fundierten und realistischen Einblick in den Maschinenraum der deutschen Wirtschaft. Die Grundlage des Index bilden anonymisierte, aggregierte Echtzeitdaten aus Umsatzsteuervoranmeldungen sowie Lohn- und Gehaltsabrechnungen. Erfasst werden sie in den Datev-Systemen von über einer Million Unternehmen und mehr als acht Millionen Beschäftigten.

Es handelt sich damit nicht um Schätzungen des Wirtschaftsministeriums oder grobe Analysen der Bundesbank. Die Zahlen bestätigen, dass die deutsche Wirtschaft nach einer Rezession in Höhe von 0,9 Prozent im Jahr 2023 und 0,5 Prozent im vergangenen Jahr in diesem Jahr aller Voraussicht nach noch tiefer abrutschen wird.

Zur Berechnung der tatsächlichen Veränderungsrate der deutschen Wirtschaft ist es wichtig, die Daten um die künstliche Staatsnachfrage zu bereinigen. Kalkuliert man mit einem Defizit von 3,5 Prozent in diesem Jahr und einer Staatsquote von 50 Prozent, so fällt die Rezession des privaten Sektors sichtbar dramatischer aus und dürfte sich irgendwo zwischen –4 und –5 Prozent einpendeln. Das Gastgewerbe beschreibt die Lage im Mittelstand in diesem Kontext am ehesten und liegt mit einem Minus von 4 Prozent ziemlich präzise in dieser Schätzung.

Auch bringt er die tiefe Verunsicherung der Verbraucher zum Ausdruck, die trotz steigender Löhne ihr Geld zusammenhalten. Jedermann scheint zu spüren, dass wir erst am Anfang einer Rezession stehen, an deren Ende eine Beschäftigungskrise droht.

Deutschlands Probleme sind vielfach diskutiert und sie sind von struktureller, inzwischen manifester Natur. Das deutsche Geschäftsmodell, basierend auf günstiger Energie, die auch aus Russland kam, und dem Exportsektor, der von der Weichwährung Euro profitierte, gehört der Vergangenheit an. Auch der von der Regierung medial inszenierte „Investitionsbooster“ wird das Land nicht aus seiner ökonomischen Schockstarre befreien können.

Die von der Bundesregierung geplante Entlastung für die Wirtschaft beläuft sich auf rund7 Milliarden Euro pro Jahr– verteilt auf verkürzte Abschreibungsfristen für Maschinen und Gebäude sowie überschaubare, homöopathische Steuersenkungen, die zudem erst ab 2028 umgesetzt werden.

Zum Vergleich: Deutsche Unternehmen zahlen jährlich über100 Milliarden Euro Körperschaft- und Gewerbesteuern, hinzu kommen Sozialabgaben und Bürokratiekosten in dreistelliger Milliardenhöhe. Die Wirkung des „Boosters“ bleibt daher marginal – ein Tropfen auf den heißen Stein.

Anstelle einer echten Senkung der Steuerlast oder struktureller Reformen erhalten die Betriebe ein zeitlich befristetes Gimmick. Die Politik verkauft eine kosmetische Korrektur als großen Wurf – doch in Wahrheit bleibt die Investitionsbremse bis zum Anschlag angezogen.

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