
Es war kein „freiwilliger Rückzug“ des WEF-Gründers: Nach einer anonymen Whistleblower-Anzeige hat das World Economic Forum offiziell Ermittlungen gegen Klaus Schwab (87) eingeleitet. Die Beschwerde enthält schwere Vorwürfe gegen Schwab und seine Ehefrau Hilde – darunter finanzielles Fehlverhalten, Machtmissbrauch und persönliche Vorteilsnahme auf Kosten der Organisation.
Dem anonymen Schreiben zufolge soll Klaus Schwab jüngere Mitarbeiter dazu aufgefordert haben, hohe Bargeldbeträge von Geldautomaten für ihn abzuheben, berichtet das Wall Street Journal. Außerdem habe Schwab Massagen in Hotelzimmern auf Kosten des Forums in Rechnung gestellt, diese aber später zurückerstattet – so zumindest die Darstellung seines Sprechers. Hilde Schwab, ehemalige Mitarbeiterin des Forums, habe angeblich sogenannte „Alibi-Termine“ arrangiert, um luxuriöse Urlaubsreisen mit Forumsgeldern zu rechtfertigen – auch diesen Vorwurf weist das Ehepaar Schwab entschieden zurück.
Bei einer Krisensitzung des Vorstands am Ostersonntag wurde beschlossen, eine unabhängige Untersuchung einzuleiten. Schwab selbst trat daraufhin überraschend und mit sofortiger Wirkung als Vorsitzender des Verwaltungsrats zurück – entgegen früheren Plänen, die eine schrittweise Übergabe bis 2027 vorsahen.
Ein zentraler Kritikpunkt betrifft die Nutzung der „Villa Mundi“, einer vom Forum erworbenen Luxusimmobilie am Genfer See. Für 50 Millionen US-Dollar gekauft und renoviert, soll das Anwesen teilweise privat von der Familie Schwab genutzt worden sein. Auch diese Anschuldigung wird vom Paar bestritten: Man habe das Gebäude ausschließlich für Forum-Veranstaltungen verwendet. Hilde Schwab betonte in einem Statement, die Villa sei ein „Modell nachhaltiger Architektur“.
Neben den finanziellen Vorwürfen stehen auch ethische Fragen im Raum: So wirft das Schreiben Klaus Schwab vor, eine Unternehmenskultur zugelassen zu haben, in der sexuelle Belästigung und Diskriminierung über Jahre hinweg nicht ausreichend thematisiert oder geahndet wurden. Bereits in einem früheren Bericht des Wall Street Journal hatten sich ehemalige Mitarbeiter kritisch über interne Strukturen beim WEF geäußert – das Forum hatte diese Berichte zurückgewiesen.
Als Zeichen des guten Willens habe Schwab laut seinem Sprecher auf eine Pension von fünf Millionen Schweizer Franken verzichtet. Am Montag bestätigte das Forum offiziell seinen Rücktritt. Zum Interims-Vorsitzenden wurde der frühere Nestlé-Chef Peter Brabeck-Letmathe ernannt. Eine Kommission zur Findung eines dauerhaften Nachfolgers wurde eingesetzt.
Der Rücktritt von Schwab, der das Weltwirtschaftsforum 1971 ins Leben rief und über Jahrzehnte hinweg zu einem globalen Treffpunkt für Wirtschafts- und Politikelite formte, markiert einen tiefen Einschnitt. Die Vorwürfe werfen einen Schatten auf das bisherige Wirken eines Mannes, der stets auf globale Vernetzung und multinationale Kooperation setzte – nun steht er selbst im Zentrum eines der größten Reputationsskandale der Organisation.