
Es war der wohl größte Shitstorm in Friedrich Merz’ bisheriger Amtszeit als CDU-Chef: seine Kritik an der Überlastung des Gesundheitssystems, auch durch die große Menge abgelehnter Asyl-Bewerber, die davon profitierten. Merz im September 2023 wörtlich: „Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine.“
Eineinhalb Jahre und eine Bundestagswahl später sieht die Welt ganz anders aus: Jetzt will Merz nicht mehr das Problem abgelehnter Asyl-Bewerber im Gesundheitssystem beheben, sondern die schwarz-rote Regierung plant, dass ALLE Menschen in Deutschland weniger zum Arzt gehen. Abgelehnte Asyl-Bewerber hingegen sollen ein Bleiberecht in Deutschland erhalten, wenn sie zumindest „überwiegend“ ihren Lebenserhalt selbst bestreiten.
Drei Monate Wartezeit für einen Termin beim Hautarzt oder für ein MRT sind in Deutschland keine Seltenheit, sondern vielmehr die Regel. Und das, obwohl die Beitragssätze für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) in den vergangenen Jahren immer wieder gestiegen sind. Allein zum Jahreswechsel 2025 ist der Zusatzbeitrag um 0,8 Punkte nach oben geschnellt. Für einen Normalverdiener bedeutete das: mehr als 200 Euro weniger Netto vom Brutto, ohne auch nur im Ansatz bessere Leistungen erwarten zu dürfen. Eher im Gegenteil.
Der Lösungs-Ansatz der Koalitionäre: ein „verbindliches Primärarztsystem“, wie es im Koalitionsvertrag genannt wird.
Bedeutet übersetzt: Jeder, der einen Termin beim Facharzt haben möchte, muss zuerst beim Hausarzt vorstellig werden, der „den medizinisch notwendigen Bedarf für einen Facharzttermin“ feststellt, wie es wörtlich heißt. Die Hausärzte, die aktuell nicht gerade über Unterforderung klagen und große Probleme haben, ihre Praxen nachzubesetzen, wenn sie in den Ruhestand gehen, sollen zum Filter des Gesundheitssystems werden.
„Wir müssen effizienter werden“, hatte der CDU-Generalsekretär und Merz-Vertraute Carsten Linnemann bei Berlin direkt in der ARD gesagt. Und weiter: „Im Gesundheitsbereich werden wir ein Primär-Arztsystem einführen, das heißt in Zukunft kann ich nicht mehr sechs oder sieben Fachärzte auf einmal besuchen, sondern muss erst zum Hausarzt und es gibt eine Überweisung.“ Zumutung wolle er das nicht nennen, sondern Veränderung.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann
Vor eineinhalb Jahren war in den Augen von Friedrich Merz noch die Asyl-Migration nach Deutschland und die große Zahl derer, die nicht ins System einzahlen, davon jedoch profitieren, einer der Auslöser für die zunehmende Überlastung des Systems bei gleichzeitigem Anstieg der Kosten – und zugleich ein Pull-Faktor, der die Asyl-Migration befeuere.
In der Diskussion mit SPD-Chef Lars Klingbeil und dem damaligen Grünen-Chef Omid Nouripour fuhr Merz damals im Studio von Welt regelrecht aus der Haut: „Auch die Bevölkerung, die werden doch wahnsinnig die Leute, wenn die sehen, dass 300.000 Asyl-Bewerber abgelehnt sind, nicht ausreisen, die vollen Leistungen bekommen, die volle Heilfürsorge bekommen – die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine. Was Sie hier machen, ist eine Katastrophe für dieses Land.“
Es folgte ein gigantischer Shitstorm gegen Merz, Rassismus-Vorwürfe und Distanzierungen zahlreicher Verbände – sogar von Politikern aus der Union. Mehrere Medienberichte, Reportagen und Aussagen einzelner Ärzte zeigten in den folgenden Monaten jedoch, dass Merz’ polemischer Darstellung ein durchaus wahrer Kern innewohnt.
Schwarz-Rot unter Merz will nun aber nicht mehr, dass abgelehnte Asyl-Bewerber weniger Möglichkeiten haben, zum Arzt zu gehen und so das System zusätzlich zu belasten, sondern dass ALLE Menschen in Deutschland weniger zum Arzt gehen und gegebenenfalls vom Hausarzt ausgefiltert werden, bevor sie beim Facharzt unnötige Kosten für die Kassen verursachen.
Mehr noch: Im Koalitionsvertrag ist sogar verankert, dass abgelehnte Asyl-Bewerber, die aus welchen Gründen auch immer nicht abgeschoben werden können („Geduldete“), nicht mehr Deutschland verlassen sollen, sondern einen Aufenthaltstitel erhalten, wenn sie seit einem Jahr „überwiegend“ ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können und keine schwere Straftat begangen haben.
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