Vor der Wahl war es noch AfD-Sprech zu behaupten, die Energiepreise sollen steigen – nun bestätigt Friedrich Merz genau das

vor 14 Tagen

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Heizen, Auto fahren, fliegen, all das soll teurer werden – jedenfalls dann, wenn dadurch Kohlenstoffdioxid ausgestoßen wird. Das ist Sinn und Zweck des CO2-Preises, wie der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) gleich ein halbes Dutzend Mal im Gespräch mit Caren Miosga erklärte. „Es wird teurer“, sagte Merz wieder und wieder – und das sei auch so gewollt.

Brisant: Zu behaupten, dass die CO2-Preise durch den europäischen Zertifikatehandel ab 2027 deutlich ansteigen würden, ist von CDU-Klimapolitiker Andreas Jung vor der Wahl noch als „AfD-Behauptung“ diffamiert worden. Auch der CDU-Politiker Jens Spahn hatte die Sorgen vor massiven Preissteigerung beim Tanken und Heizen als falsch abgetan.

Merz war zu Gast bei Caren Miosga.

Es war der Morgen des 31. Januar – der Tag, an dem CDU, CSU und FDP gemeinsam mit der AfD für das sogenannte „Zustrombegrenzungsgesetz“ stimmten, jedoch wegen einiger Abweichler keine Mehrheit erreichten. Kurz vor der Migrations-Abstimmung, die wochenlange Debatten über die sogenannte „Brandmauer“ ausgelöst hatte, stimmte der Deutsche Bundestag mit der Mehrheit aus SPD, Grünen und Union für mehrere energiepolitische Gesetze, darunter auch die Novelle des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes. Dieses sorgt im Grunde dafür, dass ab 2027 der europäische, nicht mehr einem festen Pfad folgende CO2-Preis in Deutschland eingeführt werden kann.

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Die Sorge zahlreicher Kritiker, die auch von Verbänden wie dem ADAC geteilt wurde, wonach die Preise für Heizen und Tanken durch die Decke gehen könnten, tat der CDU-Klimapolitiker Andreas Jung als „Behauptung der AfD“ und „Unwahrheit“ ab. CDU-Politiker Jens Spahn sagte über Preissprünge beim Tanken und Heizen: „Das wird nicht kommen.“ Stattdessen würden die Einnahmen durch den CO2-Preis an die Bürger zurückgegeben, sagte Spahn und sprach von einer „Garantie“.

Das war vor der Wahl.

Mit diesem Video brachte CDU-Klimapolitiker Andreas Jung die Warnungen vor stark steigenden Preisen in AfD-Nähe.

Im Interview mit Caren Miosga drei Wochen nach der Wahl kam Friedrich Merz aus dem Betonen, dass der CO2-Preis steigen werde und das auch so gewollt ist, gar nicht mehr heraus:

„Es wird zunächst einmal für alle teurer und das ist ein Mechanismus, den wir gemeinsam verabredet haben, mit der CO2-Bepreisung. CO2 wird teurer. Wenn uns der Umweltschutz, der Klimaschutz etwas wert ist, dann wird es teurer. Es wird 2027 abgelöst durch ein europäisches, einheitliches System und dann wird es sukzessive teurer, weil wir einfach dafür sorgen wollen.“ Dann fuhr Merz fort, erklärte, dass es mit Mobilität und der Gebäudewärme zwei Sektoren gebe und ergänzte: „Und das wird teuer, ja, es wird teuer, damit die Menschen einen Anreiz haben, sparsam damit umzugehen, sparsame Heizungen einzubauen, CO2-neutrale Fahrzeuge zu fahren.“

Sechsmal „es wird teuer“ in nur vier Sätzen.

Fakt ist: Es wird auch teurer, und zwar in ungekanntem Ausmaß. Die EU-Kommission schätzt den Preis pro Tonne CO2 im Jahr 2030 auf 60 bis 80 Euro, was Benzin „nur“ um weitere 5,9 Cent, Diesel „nur“ um weitere 6,7 Cent verteuern würde. Diese EU-Prognose gilt jedoch nur unter der Annahme, dass zahlreiche Klimaschutzmaßnahmen bis dahin vollzogen worden sind und der Stabilisierungsmechanismus der EU funktioniert.

Zahlreiche Experten kommen jedoch mit Blick auf die Entwicklung des CO2-Preises in den Jahren nach 2027 auf ganz andere, zum Teil deutlich höhere Größenordnungen:

„Die Entwicklung des Preispfades ab 2027 ist sehr unsicher. Zum einen wird der Preis ab 2027 am Markt über eine Mengenbegrenzung (‚Cap‘) gebildet und hängt somit von der Nachfrage nach Zertifikaten ab. Zum anderen ist die Ausgestaltung des Übergangs zum EU-ETS 2 noch unklar“, heißt es in einem Sondergutachten des Expertenrats für Klimafragen aus dem Jahr 2024 wörtlich.

Dr. Michael Pahle, Leiter der Arbeitsgruppe „Klima- und Energiepolitik“ am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), beschreibt die Entwicklung des CO2-Preises durch den EU-Zertifikatehandel als „unsicher“. Es gebe zahlreiche Studien, die versuchten zu berechnen, wie sich der CO2-Preis entwickeln werde. Dabei kämen jedoch Preisspannen von 60 bis 380 Euro für das Jahr 2030 heraus – also gigantische Unterschiede und Unsicherheiten bei der Preis-Entwicklung.

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) in Karlsruhe rechnet derweil bereits 2027 mit einem CO2-Preis pro Tonne von 220 Euro, was sich mit der Warnung des ADAC von bis zu 39 Cent mehr pro Liter Sprit deckt. Stefan Gerwens, Leiter Verkehr beim ADAC, erklärt gegenüber Bild: „Der nationale CO2-Preis liegt 2025 bei 55 Euro pro Tonne, 2026 wird er maximal 65 Euro betragen. Ab 2027 fällt der Festpreis weg, dann bestimmt der europäische Markt, wie teuer es wird. Ab 2027 müssen wir davon ausgehen, dass sich der CO2-Preis im Kraftstoffpreis perspektivisch mindestens verdoppelt – das wären dann insgesamt 35 bis 38 Cent pro Liter.“

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