Konkreter Vorschlag, die Zahl der Bundeswehreinsätze zu vermindern

vor etwa 1 Monat

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Militäreinsätze haben eine Tendenz, den Interessen oder ideologischen Vorstellungen der Elite eines Landes zu dienen und der normalen Bevölkerung zu schaden. So wusste Erasmus von Rotterdam 1515 in seiner Schrift „Süß erscheint der Krieg nur den Unerfahrenen“: „Alle Kriege der letzten Zeit wurden ausschließlich um der Herrscher willen geführt.“ Der Volksmund reimt lapidar: „Die Waffen liefern die Reichen, die Armen liefern die Leichen.“ Der Aktienkurs von Rheinmetall hat sich seit 2022 verdreizehnfacht (!). Und selbst die Nazis gaben zu: „Natürlich, das einfache Volk will keinen Krieg. Aber schließlich sind es die Führer eines Landes, die die Politik bestimmen“ (Hermann Göring).

Hier klafft ein Missverhältnis: Die einen bestimmen, die anderen müssen den Kopf hinhalten. Politiker entscheiden in ihrem Elfenbeinturm, dass die Normalos auf den Schlachtfeldern eine der größten Zumutungen ausführen müssen, nämlich andere Menschen zu töten. Wer aber seinen Wählern das Töten zumutet, der sollte selber diese Zumutung aushalten müssen. Wer keine persönliche Verantwortung übernimmt, der steht in Gefahr, verantwortungslos zu entscheiden.

Darum schlage ich folgende gesetzliche Regelung vor: Für jeden beschlossenen Bundeswehreinsatz werden unter allen zustimmenden Abgeordneten fünf Personen öffentlich ausgelost, die mitgehen und an der Front mitkämpfen müssen. Fällt einer von ihnen oder wird einer verwundet oder hat einer lang genug an der Front gedient, so wird aus den zustimmenden Abgeordneten der nächste ausgelost. Dabei wird keine Rücksicht auf das Alter oder auf das Geschlecht des Abgeordneten genommen. Sollte der Einsatz für den Abgeordneten aus gesundheitlichen Gründen nur schwer möglich sein, kann eins seiner Kinder oder nächsten Verwandten ihn auslösen.

Diese Regelung knüpft an die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs „Herzog“ an. Gemeint war nicht der Inhaber eines herausgehobenen Adelstitels, der luxuriös und fern der Schlacht in seinem Schloss residiert. Der „Herzog“ hatte seinen Namen daher, dass er vor dem „Heer zog“ und dieses anführte. Er musste also für seine kriegerischen Entscheidungen seinen eigenen Kopf hinhalten – und gelegentlich auch verlieren.

Ich selber bin in der Nachfolge Jesu kein Pazifist. Jesus hat im Bereich des Glaubens das Schwert abgelehnt: „Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen“ (Matthäus 26,52). Aber Jesus hat nicht im Bereich der Politik das Schwert abgelehnt; so konnte er selbst dem imperialistischen Römern die Steuern, Gelder und Münzen zugestehen, die zum großen Teil ins Militär flossen: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist“ (Matthäus 22,21).

Und doch stehe ich in der Nachfolge Jesu und als vernünftiger Bürger den meisten Kriegen kritisch gegenüber. Wir brauchen gesetzliche Regelungen, die verhindern, dass Kriege allzu leichtfertig als Fortsetzung der Politik missbraucht werden. Gerade die Normalos, die die Suppe auszulöffeln haben, sollten in einer Demokratie mithilfe gesetzlicher Regelungen darauf bestehen, dass die von ihnen gewählten Politiker die schweren Belastungen mitschultern müssen, die mit den Beschlüssen des Bundestags verbunden sind.

Zudem sollte die Bevölkerung lernen, das simple Strickmuster aller Kriegspropaganda zu durchschauen, das Hermann Göring so auf den schrecklichen Punkt gebracht hat: „Es ist immer leicht, das Volk zum Mitmachen zu bringen, ob es sich nun um eine Demokratie, eine faschistische Diktatur oder eine kommunistische Diktatur handelt. Das ist ganz einfach. Man braucht nichts zu tun, als dem Volk zu sagen, es würde angegriffen, und den Pazifisten ihren Mangel an Patriotismus vorzuwerfen und zu behaupten, sie brächten das Land in Gefahr. Diese Methode funktioniert in jedem Land.“ Görings niederschmetternde Analyse der menschlichen Verführbarkeit hat bis heute leider nichts an Gültigkeit und Schärfe verloren. Man muss bei den gegenwärtigen Aufrüstern lediglich die schwammige Vokabel „Patriotismus“ ersetzen durch die schwammige Phrase „Einsatz für die westlichen Werte“.

Seit den Zeiten von Erasmus haben sich die Waffen in ihrer Zerstörungskraft bestialisch weiterentwickelt; aber die zugrundeliegenden Fragen in Bezug auf Krieg und Frieden sind im Grunde gleichgeblieben: „Offiziell behaupten die Herrscher natürlich immer, dass sie zum Krieg gegen ihren Willen gezwungen werden. Es ist beschämend, aus welch geringen, welch läppischen Gründen christliche Fürsten die Menschheit in den Krieg treiben“ (Erasmus von Rotterdam).

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