
Die SPD hat nicht gut lachen. Zwar ist das Ergebnis der Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen nicht ganz so schlimm wie von manchen befürchtet: Dennoch sind 21,9 Prozent das schlechteste SPD-Ergebnis der Geschichte bei einer NRW-Kommunalwahl. Und für die Sozialdemokraten in ihrer alten Hochburg erst recht kein Grund für Jubel.
Es ist vor allem die AfD, an die die Sozialdemokraten ihre Wähler verlieren. In Gelsenkirchen, einst wie kaum eine andere Stadt SPD-Hochburg, liefern SPD und AfD sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Im historisch ebenso roten Duisburg wächst die rechte Partei um mehr als das Doppelte. In beiden Städten bahnt sich eine entsprechende Stichwahl an. Im Stadtratswahlergebnis von Gelsenkirchen trennt die SPD von der zweitplatzierten AfD gerade mal 0,5 Prozent.
Insgesamt zeigen die NRW-Kommunalwahlen das inzwischen altbekannte Muster: Die AfD und auch die Linke gewinnen, während die sogenannten „Parteien der Mitte“ allesamt verlieren. Insbesondere ein Menetekel für die Sozialdemokraten, die an vielen Stellen und insgesamt, trotz allem, gerade noch mal mit einem wortwörtlich blauen Auge davonkommen.
Nichts davon tangiert allerdings deren neue Vorsitzende Bärbel Bas. Die sitzt am Sonntagabend in ihrer Heimatstadt Duisburg und kann kein Problem erkennen. Mit dem Selbstvertrauen der Entrücktheit erklärt die SPD-Chefin dem WDR, dass eigentlich alles gut ist. Es ist wirklich ein bemerkenswerter Auftritt, der Sozialdemokraten noch mehr besorgen sollte als jedes NRW-Ergebnis.
Wir haben nichts falsch gemacht, aber wir müssen viel anders machen. Und mit dem Angriff Sondervermögen wird das alles in Ordnung kommen.
Die SPD ist tot. pic.twitter.com/OCBjujb0zT
— Max Roland (@maxroland20) September 14, 2025
„Das glaube ich nicht“, antwortet Bärbel Bas auf die Frage der WDR-Moderatorin, die feststellt, dass die AfD der SPD den Rang ablaufe. Das Erstarken der AfD müsse „uns als demokratische Parteien insgesamt große Sorgen machen“, floskelt sie erst daher, um dann zu sagen, dass die SPD „wieder Politik für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ machen müsse.
Gleichzeitig verneint die SPD-Chefin die Nachfrage, ob die SPD „die Probleme der Menschen zu lange nicht ernst genommen“ habe: „Nein, wir nehmen das sehr ernst“, meint sie. Es sei „deutlich spürbar“, dass die SPD die Probleme angepackt habe – „nur jetzt merken die Menschen das noch nicht.“ Zu so einem schönen Satz fällt einem auch keine Pointe mehr ein – er ist selbst Gipfel eines politischen Witzes.
Die deutlich spürbaren Maßnahmen, die die Menschen noch nicht bemerken – so können wirklich nur Politiker sprechen. Zum schlechtesten Kommunalwahlergebnis seit Bestehen des Landes NRW meint Bas lapidar: „Dass die SPD ein Desaster erlebt, das ist nicht so.“
Insgesamt also die Botschaft: Wir haben nichts falsch gemacht, müssen viel anders machen. Die spürbaren Maßnahmen, die noch keiner bemerkt hat, werden das alles richten, und ein Desaster gibt es nicht. Die Wähler, meint Bärbel Bas, könne die SPD sich mit dem Sondervermögen einfach zurückkaufen.
So denken Politiker schon seit Jahren: Schon Merkel, Nahles und Seehofer dachten so, auch die Ampel wollte Erfolg mit massenhaft Geld erkaufen, und jetzt glaubt die Bas-SPD, Wähler gewinnen zu können, indem sie einfach mehr von ihrem Geld ausgibt. Die Nachwahlbefragungen zeigen derweil ganz deutlich, was die Wähler in NRW am meisten bewegt hat: erstens Wirtschaft, zweitens Migration. Und ziemlich zuletzt die Finanzpolitik.
Der entrückte Auftritt der SPD-Chefin wird für die Sozialdemokratie das größere Problem sein als die Niederlage in NRW: Diese Partei mit dieser Führung kann und will nichts lernen und nichts verstehen. Wer so den Kontakt zur Realität verloren hat, wird eine Partei nicht retten können, sondern sie arrogant in den Abgrund führen. In diesen Abgrund hat die SPD bei den Kommunalwahlen schon geblickt. Sie steht an der Abbruchkante. Bärbel Bas meint: weiter geradeaus.