
Gewiss ist es Aufgabe des Auswärtigen Amtes, deutschen Staatsbürgern mit allen rechtsstaatlich gebotenen Mitteln, gelegentlich auch diplomatisch-trickreich zu helfen. Vor allem wenn Deutsche im Ausland in eine prekäre Lage geraten sind. Üblicherweise geschieht diese Hilfe diplomatisch unauffällig – ohne großes Trara. Denn öffentliches Aufsehen mindert die Chancen erheblich, für die Betroffenen etwas erwirken zu können, insbesondere wenn die Regierung des betreffenden Landes aus Berlin öffentlich belehrt wird.
Die vormalige Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte solche Belehrungen dreieinhalb Jahre lang nahezu wöchentlich parat. Nachfolger Johannes Wadephul (CDU) eifert ihr offenbar nach. Nun lässt er die deutsche Öffentlichkeit wissen: Er wolle bessere Haftbedingungen für Maja T., die in Budapest im Gefängnis sitzt. „Wir werden in dieser Sache kommende Woche erneut in Ungarn vorstellig werden“, sagte der CDU-Mann gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Zwischen dem 9. und 11. Februar 2023 hat die „nonbinäre“ Person Maja T. (23, deutsch, aus Jena) in Budapest zusammen mit weiteren Linksextremisten aus Deutschland, der „Gruppe „Antifa Ost“ alias „Hammerbande“, Teilnehmer einer rechtsextremen Demonstration angegriffen und zum Teil schwer verletzt. Die Demo trug den Namen „Marsch der Ehre“, in Erinnerung an einen Ausbruchsversuch der ungarischen Streitkräfte und der Waffen-SS aus dem von der Roten Armee belagerten Budapest im Februar 1945.
Maja T. und anderen aus der Gruppe „Antifa Ost“ wird vorgeworfen, damals in Budapest vor einem Café drei Opfer ausgespäht und die Umgebung abgesichert zu haben, während ihre Komplizen mit Teleskopstangen und Hämmern auf sie einschlugen. In einem anderen Fall soll Maja T. zwei Personen gemeinsam mit anderen aus der Vereinigung hinterrücks angegriffen, sie geschlagen und ihnen eine unbekannte Substanz ins Gesicht gesprüht haben. Einem am Boden liegenden Mann soll die Gruppe mit einem Schlagwerkzeug weitere Schläge versetzt haben. Beim ersten Angriff erlitt ein Mann schwere Kopfwunden, beim zweiten waren vor allem Prellungen und Platzwunden die Folge.
Im Dezember 2023 wurde T. in Berlin in der eigenen Wohnung festgenommen und saß seitdem in der Justizvollzugsanstalt Dresden in U-Haft. Die Bundesanwaltschaft hatte im März 2024 das Verfahren gegen T. wegen der besonderen Bedeutung des Falls übernommen und einen Haftbefehl des Bundesgerichtshofs erwirkt, der den Haftbefehl des Amtsgerichts Dresden vom Dezember 2023 ersetzte. Im Juni 2024 folgte die Auslieferung nach Ungarn, das nach wie vor sein Interesse an eigener Strafverfolgung bekundet. Die Auslieferung erfolgte nur wenige Stunden, bevor das Bundesverfassungsgericht sie – zu spät – für unzuverlässig erklärte. Seit Februar 2025 steht Maja T. nun in Budapest vor Gericht, es drohen bis zu 24 Jahre Haft. TE hat vor einem Jahr erstmals berichtet.
Seit rund vier Wochen nun befindet sich Maja im Hungerstreik und hat bereits rund 14 Kilogramm abgenommen. Folge: Die Herzfrequenz sei teilweise auf unter 30 Schläge pro Minute gefallen, heißt es aus dem Umfeld von T. Bei derart verminderter Leistung drohten Organ- und Hirnschäden, weil die Sauerstoffversorgung nachlasse. Ärzte wollen nun offenbar einen Herzschrittmacher einsetzen, teilt der Unterstützerkreis u.a. in einer Mitteilung auf Instagram mit: „Maja drohen aufgrund der rapiden Verschlechterung des Gesundheitszustandes Zwangsmaßnahmen“ – gegen Majas Patientenverfügung und Ablehnung von Zwangsbehandlung.
Unter den Beschuldigten von Budapest ist auch Hanna S. (30). Die Bundesanwaltschaft wirft ihr versuchten Mord, gefährliche Körperverletzung und die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vor. Seit 19. Februar 2025 muss sich Hanna S. vor dem OLG München (Staatsschutzsenat) verantworten. Rund 100 Unterstützer von Hanna S. sind zu Prozessbeginn am 19. Februar 2025 aus Nürnberg nach München-Stadelheim gekommen, um ihre Solidarität mit ihr zu zeigen; im Gerichtssaal gab es Standing Ovations für die Angeklagte.
Unterdessen hat Hanna S. im April 2025 von der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg den Bundespreis für Kunststudierende erhalten. Die Auswahl der Studentin sei aus rein fachlich-künstlerischen Kriterien erfolgt, teilte die Akademie mit. Im Übrigen gelte die Unschuldsvermutung. Lange vor ihrer Verhaftung hatte ihre Professorin Suska Mackert Hanna S. für den Bundeskunstpreis vorgeschlagen. Extra für den Wettbewerb fertigte sie daraufhin fünf Objekte und Installationen an – und überzeugte damit die unabhängige Jury. Jurymitglied Stefanie Kleefeld erklärte, die Objekte und Installationen von Hanna S. seien gekennzeichnet von „Fragilität und Sensibilität“. „Fragilität und Sensibilität“– Persönlichkeitsmerkmale, die die Angeklagte im Februar 2023 in Budapest offenbar gut verbergen konnte.
Nun macht auch die SPD Druck auf ihren Koalitionspartner. „Die SPD-Bundestagsfraktion verfolgt die Situation von Maja T. in Ungarn mit großer Sorge“, sagte ihr queerpolitischer Sprecher Falko Droßmann der „taz“. „Wir erwarten vom Auswärtigen Amt, dass unsere Botschafterin in Ungarn endlich persönlich Kontakt zu Maja T. aufnimmt, und dass unser Außenminister alles dafür tut, den Forderungen des Bundesverfassungsgerichtes nachzukommen … Eine Vorverurteilung oder politische Instrumentalisierung lehnen wir ab.“
Dass Droßmann Maja T. für seine Queer-Ideologie instrumentalisiert und dass Droßmanns SPD gegenüber Ungarn in Sachen Gerichtsbarkeit mit der Nominierung der linksradikalen Professorin Brosius-Gersdorf für das Verfassungsgericht auch nicht gerade ein rühmliches Vorbild liefert, steht aber wohl auf einem anderen Blatt.
Die vereinte mediale, politische und kirchliche Linke machte aus der Causa „Maja“ indes bereits einen „Budapest-Komplex“ – quasi eine Art Staatsaffäre. Die „Tagesschau“ entblödet sich nicht, am 21. Februar 2025 von einem „deutsch-ungarischen Justizdrama“ zu schreiben. Die „taz“ ist stets „am Ball“. Das „Neue Deutschland“, in der DDR Monopolblatt der SED, sorgt sich. Ausführlich berichtet ND von Solidaritätsbekundungen für Maja T.
Majas Vater kommt zu Wort; er spricht von Folter in Budapest. ND berichtet auch, dass drei „Jenaer Pfarrer*innen“ meinen: „Majas Isolationshaft unter unwürdigsten Bedingungen und der aktuelle Hungerstreik sind Ausdruck eines Systems, das gezielt queere Menschen diskriminiert.“ Den jüngsten Versuch der Regierung, den Pride in Budapest zu verbieten, sehen die Geistlichen als Beleg für Ungarns staatlich geförderte Queerfeindlichkeit.
Zwischenzeitlich besuchte die grüne „Spitzenpolitikerin“ Katrin Göring-Eckardt, ehemalige Vizepräsidentin des Bundestages, qua Ausbildung Drittel-Theologin und sowohl Ex-Vorsitzende der Grünen als auch Ex-Präses der EKD, Maja Ende Juni in Ungarn. Maja stammt wie Göring-Eckardt aus Thüringen. Auch weitere Politiker reisten auf Kosten der Steuerzahler nach Ungarn: von den Grünen, Sozialdemokraten, Liberalen, Linken und Konservativen (!). „Die Bundesregierung darf nicht weiter wegschauen, wie Ungarn ein Exempel an der antifaschistischen Person statuiert“, erklärte etwa der Linken-Fraktionschef im Europaparlament, Martin Schirdewan.
Wenn man auf „Antifa“ macht, ist gegen “Nazis“ alles erlaubt, auch Selbstjustiz. Man wird geehrt, Inhaftierung bzw. Verurteilung wird zum Staatsskandal hochgejubelt, man bekommt „namhaften“ Besuch und Solidaritätsbekundungen. Umgekehrt stelle man sich vor, in Budapest hätten Neonazis bei der jüngsten Pride-Parade einige „Queere“ krankenhausreif geprügelt. Sie wären verhaftet und in Ungarn in Untersuchungshaft genommen worden. Es wäre in Budapest zu einem Prozess wegen Mordversuchs gekommen. Rhetorische und gleichermaßen sinnlose Frage: Hätte sich „Berlin“ dann auch um deren Auslieferung bemüht? Hätten die Täter dann auch Besuch von Göring-Eckardt bekommen? Hätten sich Pastoren dann auch für sie eingesetzt? Hätte die „Tagesschau“ dann auch von einem „deutsch-ungarischen Justizdrama“ geschrieben? Nein, natürlich hätte den Opfern die ganze Empathie gegolten, und man hätte die harte Bestrafung der Täter gefordert.
Es ist jedenfalls mehr als peinlich, dass der neue deutsche Außenminister sich in diese Riege einreiht, statt ohne großes Trara und ohne Schlagzeilen seinen Job der Diplomatie zu machen.